Fatma Netflix
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Fatma – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Fatma Netflix
„Fatma – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 27. April 2021 (Netflix)

Einfach hatte Fatma (Burcu Biricik) es in ihrem Leben nie. Nicht in ihrer Kindheit, nicht als Erwachsene. Nur mit Mühe und Not kann sich die 35-Jährige als Putzfrau über Wasser halten. Zudem muss sie sich allein um ihren Sohn Oğuz (Mustafa Tonak) kümmern, weil ihr Ehemann Zafer im Knast sitzt. Und das ist nicht einfach, schließlich ist der Junge Autist und wird von allen anderen verstoßen, selbst der eigenen Schulleitung. Als Zafer wieder in Freiheit ist, soll sich das alles endlich wieder ändern. Doch der ist kurze Zeit später spurlos verschwunden. Als dann auch noch Oğuz ums Leben kommt, verliert Fatma endgültig die Kontrolle über ihr Leben und tötet in der Hitze des Gefechts einen Mann. Es wird nicht der letzte Tote bleiben …

Rache geht immer

Das Szenario erfreut sich ungebrochener Beliebtheit: Einem Menschen wird großes Unrecht angetan, der daraufhin einen Rachefeldzug gegen die Schuldigen startet. Gerade im B-Movie-Bereich wimmelt es nur so von den sogenannten Rachethrillern. Meistens geht es dabei um Männer, die aus irgendeinem Grund über Kampferfahrung verfügen – beispielsweise ein Ex-Soldat – und es entsprechend mit ganzen Horden böser Buben aufnimmt. Steht hingegen eine Frau im Mittelpunkt, dann wird das gern mit Vergewaltigungen oder einer anderen Form von Missbrauch verbunden. Der typische Rape-and-Revenge-Thriller also, bei denen attraktive junge Damen meist blutverschmiert und in sehr knapper Kleidung durch die Gegend rennen, damit das männliche Publikum auch was davon hat.

Frauen, die auch ohne eine solche Misshandlung zu Racheengeln werden, gab es in den letzten Jahren schon, siehe etwa Peppermint – Angel of Vengeance oder Sentinelle. Das sind dann aber auch mehr oder weniger direkte Kopien der Männervarianten. Dass ein solcher Racheengel auch ganz anders aussehen kann, das beweist die Netflix-Serie Fatma. Hier haben wir es nicht mit einer Superkämpferin zu tun, die ohne jegliche Schwierigkeiten ganze Heerscharen abknallt. Stattdessen ist die Protagonistin eine einfache, unscheinbare Putzfrau Mitte dreißig, aus ärmlichen Verhältnissen und ohne jeglichen Kampfgeist. Vor allem zu Beginn der Serie lässt sie sich von allen herumschubsen. Kaum einer, der sich wirklich für sie interessiert oder sie gar zu unterstützen versucht.

Der Abstieg zur Mörderin

Eine solche Figur ist in diesem Bereich natürlich eine spannende Alternative zu den üblichen Badass-Heldinnen. Fatma weiß eigentlich gar nicht, was sie da tut, hat keinen klaren Plan, den sie verfolgt. Ihren ersten Mord begeht sie eher aus Versehen. Aber was einmal geht, das geht auch mehrfach. Das geschieht teils aus eigenem Antrieb, teils weil die äußeren Bedingungen es von ihr verlangen. So oder so: Mit jedem Mal wird sie abgebrühter und erfahrener, entwickelt sich zu einer Massenmörderin. Dabei kommt ihr zugute, dass sie so unscheinbar ist. Die türkische Serie hat da einen deutlich feministischen Unterton, wenn die Protagonistin von den ganzen harten Männern nicht ernstgenommen wird, nur um ihr am Ende doch zu unterliegen, weil sie die Gefahr nicht kommen sahen.

Das klingt nach einem ziemlichen Guilty Pleasure. Wer würde nicht die einfache Frau im Putzoverall anfeuern, die arrogante Kerle im Anzug abknallt oder anderweitig das Leben nimmt? Und doch ist Fatma keiner dieser Fun-Thriller, bei dem das Publikum grölend vor den Bildschirmen sitzt. Dafür ist das Entsetzen in Fatima selbst viel zu groß, die das eigentlich alles gar nicht wollte und nur immer weiter hineinrutscht. Obwohl das manchmal das Gefühl von Genugtuung hinterlässt, das der Tragik überwiegt. Denn was Fatma auch tut, wie viele Männer sie tötet, all das ändert nicht, was geschehen ist. Sie ist eine Gefangene des Leids, das ihr angetan wurde, das ihr immer noch angetan wird. Ein verzweifeltes Tier, das in die Ecke gedrängt wurde.

Zwischen Spannung und Tragik

Das ist auch deshalb sehenswert, weil die bei uns bislang völlig unbekannte Schauspielerin Burcu Biricik einen fantastischen Job macht. Es gelingt ihr, die verschiedenen Facetten der Figur herauszuarbeiten, den Schmerz und die Wut, die Verzweiflung und die Skrupellosigkeit. Das ist über weite Strecken zudem spannend, da erst einmal nicht klar ist, welche Ausmaße die Eskalation noch nehmen wird. Hinzu kommt, dass Fatma einige Informationen zunächst zurückhält und erst nach und nach freigibt – zum Beispiel die, was mit dem Ehemann geschehen ist. Gegen Ende hin wird etwas unnötig dick aufgetragen, wenn begleitet von ganz dramatischer Musik noch alte Traumata aufgearbeitet werden. Das funktionierte in The Flight Attendant, bei dem ebenfalls Kindheitswunden verdrängt wurden, deutlich besser. Doch trotz dieser Endspurtschwäche ist die Serie eine Bereicherung für das Netflix-Sortiment.

Credits

OT: „Fatma“
Land: Türkei
Jahr: 2021
Regie: Ozer Feyzioglu, Ozgur Onurme
Drehbuch: Ozgur Onurme
Musik: Tufan Aydin
Kamera: Tolga Kutlar
Besetzung: Burcu Biricik, Uğur Yücel, Mehmet Yılmaz Ak, Hazal Türesan, Olgun Toker, Gülçin Kültür Şahin, Deniz Hamzaoğlu, Çağdaş Onur Öztürk, Mustafa Tonak

Bilder

Trailer

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In „Fatma“ wird eine einfache Putzfrau Mitte 30 zur Mörderin und startet einen Rachefeldzug an den Männern, die ihrer Familie Leid zugefügt haben. Das ist über weite Strecken spannend und bewegend, zumal die Protagonistin so gar nicht dafür gemacht ist. Trotz eines etwas zu dramatischen Endspurts ist die türkische Serie sehenswert, vor allem für die Hauptdarstellerin, die zwischen Trauer und Wut auftritt.
7
von 10