Bei Erich Kessel (Fritz Karl) läuft schon länger nichts mehr nach Plan. So lebt er seit einer Weile bereits getrennt von Claire (Jessica Schwarz), ohne dabei die Hoffnung aufgegeben zu haben, sie wieder zurückzugewinnen. In anderer Hinsicht versucht er hingegen ausdrücklich neue Wege zu beschreiten, ist seit Monaten clean und unbestechlich. Nur will ihm das niemand glauben, nicht einmal sein bester Freund und Kollege Mario Diller (Nicolas Ofczarek). Als er dann auch noch bei einem Einsatz einen Mann erschießt und schwer von dem Gangster Mohammed (Sahin Eryilmaz) belastet wird, scheint in seinem Leben endgültig alles den Bach runterzugehen …
Aus einem Fall werden viele
Wenn im deutschen Fernsehen ein Mörder oder sonstiger Verbrecher geschnappt werden muss, dann hat das meistens Folgen. Viele Folgen sogar: Kein anderes Genre ist bei uns derart auf serielles Erzählen ausgelegt wie der TV-Krimi. So vergeht keine Woche, in der nicht mehrere Krimireihen mit ihren neuesten Teilen ums Publikum buhlen. Und selbst wenn ein solcher Film mal nicht darauf ausgelegt ist, Teil einer Reihe zu sein, so wird er schnell zu einem solchen gemacht, wenn der Erfolg stimmt. Das berühmteste Beispiel hierfür ist sicherlich Taxi nach Leipzig, welches nachträglich zum Auftakt von Tatort ernannt wurde. Friesland wiederum war ursprünglich als einzelner Fernsehfilm konzipiert, bringt es inzwischen aber schon auf ein Dutzend Teile.
Ganz so weit ist man bei Unter Feinden noch nicht. Aber auch da war es so, dass es eigentlich keine weiteren Filme hätte geben sollen. Schließlich handelte es sich dabei um die Adaption eines Romans von Georg M. Oswald, der selbst keine Nachfolger hatte. Nachdem die TV-Produktion aber so gut ankam, wurde dann – eben ohne literarische Vorlage – Jahre später mit Zum Sterben zu früh ein Prequel hinterher geschoben. Mit Reich oder tot folgte 2018 noch eine wirkliche Fortsetzung. Auch da gab es kein Buch, das man verwerten konnte. Dafür aber etablierte Figuren, deren Geschichten man weiterspinnen und richtig schön eskalieren lassen konnte.
Ungewöhnliche Figuren ohne rechtes Ziel
Diese Aufgabe wurde dem genreerfahrenen Regisseur und Drehbuchautor Lars Becker (Nachtschicht: Blut und Eisen, Der gute Bulle: Nur Tote reden nicht) zuteil, der auch schon die ersten beiden Filme zu verantworten hatte. Wer deshalb aber eine reine Routinearbeit erwartet, der wird überrascht – die einen positiv, die anderen negativ. Um einen Krimi im eigentlichen Sinn handelt es sich bei Reich oder tot weniger. Anstatt sich wirklich mit einem Fall auseinanderzusetzen, stehen hier in erster Linie die Figuren im Mittelpunkt. Die sind auch schon etwas ungewöhnlicher. Vor allem das eigenartige Verhältnis sticht hervor, wenn man bei den beiden nie so wirklich sagen kann, ob das nun Freunde sind oder nicht. Nicht dass die übrigen Charaktere ganz alltäglich wären. Offensichtlich legte Becker größeren Wert darauf, hier keinen üblichen TV-Krimi vorzulegen.
Das ist grundsätzlich sympathisch. Interessant ist Reich oder tot jedoch weniger. So wird zwar versucht, etwas über die Welt da draußen zu sagen und die Geschichte mit gesellschaftlichen Aspekten aufzuwerten – darunter etwa das Thema Diskriminierung. Gleichzeitig ist das hier aber so konstruiert, dass man nur selten das Gefühl hat, noch Teil der Realität zu sein. Vor allem dieses Liebesdreieck um die beiden Polizisten und Claire ist ein ziemlicher Fremdkörper, der weder der Geschichte noch der Figurenzeichnung wirklich dient. Am Ende ist zwar viel passiert, es wurde viel gestritten, mal offen, mal eher passiv-aggressiv. Und doch war das alles irgendwie umsonst. Es geht hier zu selten um etwas. Stattdessen ist man so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sich die Motivation für weitere Begegnungen doch in Grenzen hält.
OT: „Reich oder tot“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Lars Becker
Drehbuch: Lars Becker
Musik: Hinrich Dageför, Stefan Wulff
Kamera: Andreas Zickgraf
Besetzung: Jessica Schwarz, Fritz Karl, Nicolas Ofczarek, Anna Loos, Sahin Eryilmaz, Melika Foroutan
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