Im August 1943 wird der jungen Soldatin Maude Garrett (Chloë Grace Moretz) der Befehl erteilt, geheime Dokumente von Auckland, Neuseeland nach Samoa zu bringen. Die Crew des B-17 Bombers, der sie dorthin bringen soll, ist alles andere als begeistert über den neuen Passagier an Bord. Trotz ihrer Papiere und ihres Ranges wird ihr kein Platz in der Kabine angeboten, sodass sie in der Geschützkabine unterhalb des Bombers Platz nehmen und ihren Koffer mit den Dokumenten abgeben muss. Einzig und allein Walter (Taylor John Smith), ein junger Kadett an Bord, nimmt sich ihrer an, behandelt Maude anders und sagt zu, sich während des Fluges um die das Gepäckstück zu kümmern. Jedoch hält dies den Rest der Besatzung nicht davon ab, weiter über Maude herzuziehen, was diese über das Funkgerät in der Geschützkabine die ganze Zeit über mitbekommt.
Doch sind die sexistischen und frauenfeindlichen Bemerkungen bald schon das geringste Problem, denn nicht nur, dass feindliche Flieger in der Nähe sind und den Bomber umkreisen, es befindet sich auch noch ein blinder Passagier ein Bord. Da Maude scheinbar wehrlos ist in der engen Kabine, greift sie die Kreatur als Erstes an und es gelingt der Soldatin nur mit Mühe, sich zu befreien und das Monster in die Flucht zu schlagen. Natürlich glaubt ihr niemand von der Besatzung, weder ihre Warnung vor den feindlichen Bombern, noch die über die Kreatur, welche sich nach wie vor an Bord befindet. Stattdessen sind die Piloten misstrauisch geworden, was Maudes Geschichte angeht und stellen über Funk Nachforschungen an, allerdings stehen sie schon bald unter feindlichem Beschuss und das Monster setzt zu einem erneuten Angriff an.
Das Monster in der Maschine
Eigentlich könnte man sich für eine Geschichte, in der Feminismus und starke Frauenfiguren eine nicht unwesentliche Rolle spielen, eine bessere PR denken als die Tatsache, dass einer der Drehbuchautoren von vielen Schauspielerinnen beschuldigt wird, dieses physisch wie auch psychologisch missbraucht zu haben. Von daher ist es verständlich, dass sich Regisseurin Roseanne Liang in Interviews zu ihrem zweiten Spielfilm Shadow in the Cloud von Max Landis, dem Sohn von Filmemacher John Landis, eher distanziert und betont, dass sie verstünde, wenn vor allem weibliche Zuschauer sich von dem Film fernhielten. Wenn man sich auf Shadow in the Cloud trotz dieses Hintergrundes einlässt, erhält man nämlich einen sehr unterhaltsamen B-Film, der bereits das Publikum des Toronto International Film Festival 2020 begeisterte und dort mit dem People‘s Choice Award for Midnight Madness ausgezeichnet wurde.
Die Idee, das kleine Monster für das Aussetzen von Maschinen, insbesondere von Kriegsgerät, für technische Fehler oder Pannen, verantwortlich sind, dürfte bei Genrefans bestimmt eine gewisse Nostalgie auslösen. Denn bereits in Joe Dantes Klassiker Gremlins – Kleine Monster nahm die Geschichte der gruseligen Kreaturen, denen man sie Schuld an jeglichen technischen Problemen gab, einen gewissen Stellenwert ein und wird gleich zu Anfang von Shadow in the Cloud in Form eines lehrreichen Zeichentrickfilms aufgegriffen. Jedoch sind es nicht die Monster, denen man sie Schuld geben sollte, ist es doch vor allem menschliches Versagen oder Unachtsamkeit, was zu Problemen führt, die teils fatale Konsequenzen haben können. Für Roseanne Liangs Film ist dies bereits eine zentrale Idee, erscheint das eigentliche Monster im Film zwar durchaus bedrohlich, jedoch sind die Verursacher vieler der wirklich fatalen Fehler in erster Linie Menschen, vor allem jene, die sich nicht von ihrem engen Welt- und Frauenbild verabschieden können.
Während die Kreatur also ein Teil einer Situation ist, die immer gefährlicher wird, ist das eigentliche Monster ganz anderer Natur. Bereits nach wenigen Minuten sieht sich Maude, trotz ihres Ranges und ihrer Papiere, einer Flut von Beschimpfungen und sexistischer Bemerkungen ausgeliefert, die selbst dem unsensibelsten Zuschauer schon bald ein gewisses Unwohlsein verursachen dürften. Das Unterschätzen der Frau, kombiniert mit einer Art von Übersexualisierung, was man bereits an der Karikatur an der Flugzeugnase sehen kann, wird zu einer Konstanten im Drehbuch. Auf die Dauer wirkt es aber auch reichlich dick aufgetragen.
Ausgeliefert
Wie Liang in Interviews zu ihrem Film sagte, waren vor allem Werke wie Aliens – Die Rückkehr oder No Turning Back die Inspirationen für die Geschichte. Nicht nur anhand der Frauen- und Männerbilder, sondern vor allem an der Spannungsdramaturgie sieht man dies, spielt sich doch ein Großteil des Filmes in der engen Geschützkabine des Bombers ab. Immer wieder hört man verdächtige Geräusche, die auf die marode und reparaturbedürftige Substanz des Fliegers hinweisen, sodass die Sicht nach unten immer bedrohlicher erscheint. Die von Chloë Grace Moretz gespielte Heldin muss sich all dieser Umstände wehren, scheint dem Sexismus der Crew sowie den Angriffen von außen, vom Monster wie auch der feindlichen Flieger, ausgeliefert zu sein.
Mag es auch etwas übertrieben sein, wenn man Maude mit einer Ellen Ripley vergleicht, wie es die Regisseurin bisweilen macht, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich die Wahrnehmung des Zuschauers bezüglich ihrer Figur verändert. In sehr dramatischen Szenen befreit sie sich, wird zur Kämpferin und ist nun nicht mehr in einer Situation, in der sie sich nicht wehren kann. Dies ist eine durchaus interessante Entwicklung, wenn auch begleitet von allerlei unfreiwillig komischen und albernen Szenen.
OT: „Shadow in the Cloud“
Land: USA, Neuseeland
Jahr: 2020
Regie: Roseanne Liang
Drehbuch: Roseanne Liang, Max Landis
Musik: Mahula Bridgman-Cooper
Kamera: Kit Fraser
Besetzung: Chloë Grace Moretz, Taylor John Smith, Beulah Koale, Nick Robinson, Callan Mulvey
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