A Black Jesus
© Luca Lucchesi, Road Movies

A Black Jesus

Inhalt / Kritik

A Black Jesus
„A Black Jesus“ // Deutschland-Start: 20. Mai 2021 (Video on Demand)

Sie ist eine der bekanntesten Geschichten der Bibel und eine, deren Botschaft noch bis heute in unterschiedlichen Kontexten nachhallt. Auf der Suche nach einem Unterschlupf für die Nacht suchen Maria und Joseph verschiedene Menschen, Bauern wie auch Bürger auf, mit der Bitte für ein Obdach und etwas zu essen. Die Not ist bekanntlich groß, da Maria schwanger ist, jedoch können sie nicht auf die Gastfreundschaft ihres Gegenübers zählen, ganz im Gegenteil, denn vielfach werden sie fortgejagt und gar beschimpft, bevor sie zu jener Krippe kommen, in der ihr Sohn geboren wird. Auch wenn man nicht Anhänger des Christentums ist, gibt es in jeder Religion ähnliche Texte, in denen es um universelle Wahrheiten wie Nächstenliebe, Würde und Anstand geht, was viele Zuhörer verstehen und sich zu denen zählen würden, die ein Herz für die Familie gehabt hätten und sie zu sich nach Hause geholt hätten. Die Realität jedoch sieht anders aus und zeigte ihr Gesucht besonders deutlich in der Flüchtlingskrise 2015, als politische Diskussionen sowie das Neuerwachen des Populismus, was schon seit langer Zeit in vielen Ländern der Welt im Gange war, den Blick auf den Menschen vernebelte, sodass viele nur einen Eindringling sahen.

Auch in Italien erlebte man viele solcher Phänomene. Während an den Ufern Siziliens und Lampedusa die Flüchtlingsboote ankamen, formierte sich schnell politischer Widerstand, beispielsweise unter dem damaligen Innenminister Matteo Salvini, der bekannt war für seine härtere Gangart gegenüber Einwanderern. Selbst in dem kleinen sizilianischen Siculiana, gelegen an der Küste, waren diese Entwicklung zu spüren, als dort eines der vielen Auffanglager für Flüchtlinge aufmachte und eigentlich von Beginn an auf heftigen Widerstand seitens der Bevölkerung stieß. In seiner Dokumentation A Black Jesus erzählt der italienische Regisseur Luca Lucchesi, dessen Familie aus Siculiana stammt, von einer besonderen Begegnung der Einwanderer mit dem Bürgern der Stadt, als erstere an einer rituellen Prozession zum 3. Mai teilnehmen wollen, in dessen Zentrum die schwarze Christusdarstellung der Kirche durch die Stadt getragen wird.

„Was denkt ihr von uns?“

Der Zuschauer wie auch die afrikanischen Einwanderer, die Lucchesis Kamera begleitet, sind immer wieder fasziniert von dem schwarzen Jesus, nicht nur wegen der Schönheit der Darstellung, sondern vor allem wegen der offensichtlichen Diskrepanz. Wird der schwarze Christus verehrt und auf Händen getragen, begegnet man den Afrikanern mit einer Mischung aus Distanz, Angst und Misstrauen, was sich, wie ein paar Archivaufnahmen zeigen, in Demonstrationen mündet, die Salvinis harte Positionen gegenüber Einwanderern befürworten. Das immer wiederkehrende Bild des schwarzen Jesus ist aber keinesfalls ein Verweis auf eine bittere Ironie, sondern auch als Chance zu sehen zu einem Dialog, bei dem beiden Seiten einen Schritt aufeinander zu machen.

Die Dokumentation, welche unter anderem auf der letztjährigen DOK Leipzig gezeigt wurde und in diesen Tagen seinen digitalen Kinostart erfährt, nimmt sich Zeit, fängt die Routinen wie auch das Zusammenleben der Menschen ein. Stets zeigen sich Dialoge, wie in den Szenen, als die Einwanderer mit ihrem Italienischlehrer zusammen sind, doch auch die Grenzen und die Angst, wenn man beispielsweise sieht, wie die Einwanderer und die Einheimischen auf unterschiedlich ausgestatteten Spielfeldern Fußball spielen, getrennt von einem Zaun, der wir zur Unterstreichung dieser Trennung einen Blick auf die andere Seite zulässt. Nicht nur über seine Gesprächspartner oder die Momente, die er einfängt, erzählt Lucchesi seine Geschichte, sondern auch durch sein genaues Auge für soziale Kontraste und Chance für ein Miteinander.

Credits

OT: „A Black Jesus“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Luca Lucchesi
Drehbuch: Luca Lucchesi, Hella Wenders
Musik: Roy Paci
Kamera: Luca Lucchesi

Bilder

Trailer

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„A Black Jesus“ ist eine sehr nachdenkliche Dokumentation über Einwanderung, über Nächstenliebe und die Chance auf einen Dialog. Insbesondere über seine eindrucksvolle Bildsprache erzählt Luca Lucchesi von Distanz und Annäherung, von Vorbehalten und Neugier gegenüber dem Anderen, der mal sehr weit weg zu sein scheint und dann wieder ganz nah.