Die 317 Sektion arte
© Studiocanal/Benito Perojo

Die 317. Sektion

Inhalt / Kritik

Die 317 Sektion arte
„Die 317. Sektion“ // Deutschland-Start: 10. Mai 2021 (Arte)

Laos, 1954: Acht Jahre währt bereits der Indochina-Krieg zwischen der Kolonialmacht Frankreich und den kommunistischen Viet Minh. Und auch wenn die Tage der Europäer bereits gezählt sind, noch ist es zu früh aufzugeben. Um sich noch ein letztes Mal mit den kommunistischen Gegnern im Norden des Landes zu messen, lautet daher der Befehl, alle Truppen im Landesinneren bei Dien Bien Phu zu versammeln. Das betrifft auch die 317. Sektion, zu der neben dem jungen Unterleutnant Torrens (Jacques Perrin) der Adjutant Willsdorf (Bruno Cremerde), Sergeant Roudier (Pierre Fabre), Korporal Perrin (Manuel Zarzo), der laotische Hilfssergeant Ba Kut (Boramy Tioulong) sowie 40 laotische Soldaten zählen. Nur ist das Ziel 150 Kilometer entfernt. 150 Kilometer, die durch einen undurchdringlichen Dschungel und mitten durchs Feindesland führen …

Der vergessene Krieg

Während des Vietnamkriegs immer wieder in Filmen erinnert wird – schließlich handelt es sich um einer der großen Traumata der USA –, ist der Indochinakrieg ziemlich in Vergessenheit geraten. Dabei war dieser der unmittelbare Vorgänger, war ebenfalls von Kämpfen zwischen einer westlichen Großmacht und kommunistischen Truppen geprägt. Und er war ähnlich fatal, mit riesigen Verlusten auf beiden Seiten. Zu Beginn von Die 317. Sektion wütet der Krieg schon seit vielen Jahren. Die Franzosen haben eigentlich längst verloren gegen die Guerrilla-Truppen, welche die Kolonialisten aus dem Land werfen wollen. Doch diese wollen es sich noch nicht eingestehen, weshalb in ganz Laos weiter Blut vergossen wird.

Regisseur und Drehbuchautor  Pierre Schoendoerffer, der hier seinen eigenen Roman adaptierte und eigene Erfahrungen im Krieg verarbeitete, schafft in Die 317. Sektion deshalb auch von Anfang an eine Stimmung zwischen Resignation und Sehnsucht. Die Männer sind ausgemergelt, die Kräfte reichen kaum noch, um irgendwie durch den Tag zu kommen. Ein Tag, der immer auch der letzte sein kann, wenn die Việt Minh im undurchsichtigen Dschungel lauern. Immer wieder kommt es im Verlauf des Films zu kämpferischen Auseinandersetzungen, vor denen auch die französische Führung der Sektion nicht gefeit ist. Der Krieg fordert seine Opfer, auf beiden Seiten.

Der Verlust der Menschlichkeit

Dabei ist Die 317. Sektion keiner dieser Kriegsfilme, die sich über Actionszenen definieren. Vorhanden sind diese natürlich, allein schon um das Publikum daran zu erinnern, in welchem Kontext die Männer unterwegs sind. Sehr viel mehr interessiert sich Schoendoerffer aber dafür, was dieser Krieg mit den besagten Männern macht. Sie sind weder die Helden und abgebrühten Kämpfer, die in solchen Filmen gerne mal glorifiziert werden. Noch sind sie eindeutig böse. Unabhängig von der eigenen Einstellung zu dem Krieg und dem blutigen Erbe der europäischen Kolonisierung handelt es sich bei den vier Protagonisten um Leute, die in ein Ereignis hineingezogen wurden, auf das sie keinen Einfluss haben. Sind weder eindeutige Opfer noch Täter.

Mindestens befremdlich ist dabei natürlich die Stelle, in der davon fantasiert wird, sich hier niederzulassen und eine der heimischen Frauen zu heiraten – mit dem Hinweis, sie würden so kindlich aussehen. Ansonsten drehen sich Fantasien aber eher darum, einfach mal wieder ein kühles Bier zu trinken und ein normales Leben zu führen. Ob dieses nach den gesammelten Erfahrungen überhaupt noch möglich wäre, lässt Die 317. Sektion dabei offen. Die ständige Begegnung mit dem Tod, auf beiden Seiten, hat auch in der Hinsicht ihren Tribut gefordert. Wer andere Menschen jeden Tag tötet oder zumindest dazu bereit sein muss, der tötet letztendlich auch immer ein wenig die eigene Menschlichkeit. Verdeutlicht wird das durch die Diskussionen, ob ein schwer verwundeter Kamerad überhaupt noch mitgenommen werden soll oder ob dies nicht nur Ballast wäre.

Fantastisch anzusehende Hölle

Über den Indochina-Krieg als solchen erfährt man dabei wenig. Dann und wann baut Schoendoerffer zwar schon Informationen hierzu ein. Wer sich von dem Film aber historische Aufklärungsarbeit erhofft, der ist an der falschen Adresse. Vielmehr ist der realistisch gehaltene Die 317. Sektion eine sehr bittere Auseinandersetzung mit dem Wesen des Krieges und damit ein typischer Antikriegsfilm. Eingehüllt ist dies in fantastische Schwarzweiß-Bilder, welche die Balance aus Idylle und Bedrohung halten. So wie die Männer davon träumen, alles hinter sich zu lassen und wieder Menschen werden zu dürfen, verwandelt sich das naturbelassene Paradies immer wieder in eine Hölle, die man nur im Tod wirklich wieder verlassen kann.

Credits

OT: „La 317ème section“
Land: Frankreich, Spanien
Jahr: 1965
Regie: Pierre Schoendoerffer
Drehbuch: Pierre Schoendoerffer
Vorlage: Pierre Schoendoerffer
Musik: Pierre Jansen
Kamera: Raoul Coutard
Besetzung: Jacques Perrin, Bruno Cremer, Pierre Fabre, Manuel Zarzo, Boramy Tioulong

Bilder

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„Die 317. Sektion“ nimmt uns mit ins Jahr 1954, als sich der Indochina-Krieg seinem Ende zuneigt. Der Film behandelt dabei weniger die historische Komponente als vielmehr die psychologische, wenn vier Franzosen im Mittelpunkt stehen, die inmitten der Unmenschlichkeit um ihr Leben und die eigene Menschlichkeit kämpfen. Das Ergebnis ist ein schön anzusehender Alptraum, gleichzeitig realistisch umgesetzt und doch auch traumartig.
8
von 10