In der Serie Trying spielen Esther Smith und Rafe Spall ein Paar, das keine Kinder kriegen kann und sich deshalb auf das Abenteuer Adoption einlässt. Das bedeutet viel Spaß, wenn die zwei – oder ihr skurriles Umfeld – mal wieder irgendein Chaos anrichten. Gleichzeitig stellt die Serie auch viele Fragen dazu, was es bedeutet, Eltern zu sein. Zum Start der zweiten Staffel am 21. Mai 2021 auf Apple TV+ haben wir uns mit den beiden über ihre Figuren, den Wunsch des Kinderkriegens und die Anforderungen an Eltern unterhalten.
Warum wolltet ihr bei Trying mitspielen? Was hat euch daran gereizt?
Esther Smith: Als ich das Drehbuch gelesen habe, war ich schon bei der ersten Folge so gefesselt von der Geschichte und den Figuren, dass ich es einfach nicht mehr weglegen konnte. Ich habe dabei ständig lachen und weinen müssen. Und das ist sehr selten, dass dir das bei einem Drehbuch passiert und du sofort eine derart starke Verbindung aufbaust. Ich konnte mich sofort mit Nikki identifizieren und wusste: Ich will Teil dieser Geschichte sein und sehen, wie das mit den beiden weitergeht.
Rafe Spall: Außerdem wolltest du unbedingt mit mir spielen.
Esther Smith: Ich wusste nicht einmal, wer du bist. Ich weiß das eigentlich immer noch nicht genau. Das war deine erste Rolle?
Rafe Spall: Auf keinen Fall. Ich habe in sehr vielen großen Filmen mitgespielt! Und jetzt eben auch in Trying.
Und weshalb?
Rafe Spall: Ich wollte eine Komödie machen, die in der Realität verwurzelt ist und die auf eine Weise lustig ist, wie das Leben eben lustig sein kann. Und auch so bewegend wie das Leben. Außerdem wollte ich etwas machen, das meinem eigenen Geschmack entspricht und das ich selbst gerne sehen würde. Außerdem war es schön, wieder in meiner eigenen Sprache sprechen zu können. In dem Film Just Mercy habe ich einen Anwalt aus Alabama gespielt, in dem ich mit dem dort üblichen Akzent sprechen sollte vor all den Leuten aus den Südstaaten. Da war ich schon sehr nervös, als einziger Engländer am Set. Als ich dann das Drehbuch zu Trying bekommen habe, war ich begeistert, wieder mit meinem eigenen Akzent sprechen zu dürfen.
In der Serie spielt ihr ein Paar, das unbedingt ein Kind haben will, erst auf natürlichem Weg, danach per Adoption. Warum ist es für die beiden so wichtig, ein Kind zu haben?
Esther Smith: Das ist eine gute Frage. Die beiden sind jetzt Anfang, Mitte dreißig und an einem Punkt angekommen, an dem sie überlegen, wie es mit ihnen weitergehen soll und was sie von ihrer Zukunft erwarten. Sie hatten ihren Spaß in ihren Zwanzigern, fühlen sich aber irgendwie abgehängt. Ihre Freunde haben angefangen, sesshaft zu werden und Kinder zu kriegen, während sei selbst jahrelang nicht wussten, ob sie das wollten. Und als sie sich endlich dazu entschieden haben, stellen sie fest, dass sie es nicht können. Dabei wollen sie ein Kind, das sie lieben können, das sie aufziehen können. Das vielleicht auch ein Ausdruck ihrer gegenseitigen Liebe sein soll. Dass die Gesellschaft das von ihnen erwartet, ist glaube ich gar nicht so wichtig. Sonst würden sie nicht diesen Adoptionsprozess durchmachen, der ja wirklich lang und schwierig ist. Um das dann weiter durchzuziehen, brauchst du sehr viel Mut.
Rafe Spall: Ich stimme dir in allem zu. Aber ich glaube auch, dass es letztendlich eine biologische Sache ist. Es hat schon seinen Grund, warum wir Milliarden von Menschen auf der Erde haben: Da ist einfach dieser biologische Drang Kinder zu bekommen. Manche haben den auch nicht, natürlich, was absolut legitim ist. Aber bei vielen entsteht eben dieses Gefühl und dieser Wunsch und eines der großen Unglücke ist, wenn dieser Wunsch da ist, du aber keine Kinder bekommen kannst. Ich glaube, dass das eine der schwierigsten Situationen ist, die du als Mensch durchmachen kannst, weil dieser Instinkt so stark ist und größer als du selbst.
In Trying geht es nicht nur um die Möglichkeit, Kinder zu haben, sondern auch die Frage des richtigen Moments. Gerade zum Schluss der ersten Staffel wird viel darüber diskutiert, ob Jason und Nikki bereit sind. Kann man je wirklich bereit dafür sein?
Esther Smith: Ich selbst habe keine Kinder. Aber klar: Ich bin jetzt Mitte dreißig und frage mich schon, wann ich bereit sein werde für Kinder. Vielleicht hast du recht und man ist nie wirklich bereit für eine solche Aufgabe. Was ich auch interessant an der Serie finde, ist dass die beiden für die Adoption beweisen müssen, dass sie gute Eltern wären, ohne je ein Kind bekommen zu haben. Und wie kannst du das beweisen, wenn du kein Kind hast? Wie willst du überhaupt wissen, was für Eltern ihr sein werdet, ohne je Erfahrungen gesammelt zu haben? Wenn du auf natürliche Weise ein Kind bekommst, hast du die Chance, das nach und nach alles zu lernen. Jason und Nikki können das nicht.
Rafe Spall: Eine der großen Ironien des menschlichen Daseins ist, dass du als junger Mensch körperlich bereit wärst für Kinder. Körperlich bereit für die Arbeit, die mit dem Aufziehen von Kindern einhergeht. Kindern im Haus hinterherrennen, jeden Morgen früh aufstehen, der ständige Schlafmangel, das geht alles viel besser, wenn man jung ist. Emotional bist du jedoch sehr viel besser vorbereitet, wenn du älter bist. Nur macht dann dein Körper nicht mehr so mit. Körperlich gesehen solltest du deine Kinder also früh bekommen, emotional gesehen sollte man warten. Vielleicht gibt es irgendwo dazwischen den perfekten Moment, wo beides passt. Aber das weiß ich nicht.
Was braucht es allgemein, um gute Eltern zu sein?
Esther Smith: Wie gesagt, ich habe keine Kinder. Aber ich denke, dass es Geduld und Freundlichkeit braucht. Du musst offen sein und dich wirklich auf sie einlassen können. Und du brauchst Ausdauer. Vor Kurzem musste ich mehrere Tage auf das Baby einer Freundin aufpassen. Ich war so müde und erschöpft danach.
Rafe Spall: Ich selbst habe drei Kinder. Ich denke, dass es in Ordnung ist, wenn du mal etwas falsch machst oder etwas nicht so hinbekommst, wie du es gerne hättest. Denn wenn deine Kinder sehen, dass du nicht unfehlbar ist, erlaubt das ihnen, genauso zu sein. Es erlaubt ihnen, Fehler zu machen und etwas nicht hinzubekommen. Denn dadurch lernen sie etwas. Nur wenn du Sachen falsch machst und falsch machen darfst, kannst du daraus etwas lernen. Niemand ist perfekt und es ist einfach nicht realistisch, immer perfekt sein zu wollen. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, einfach da zu sein. Bei ihnen zu sein, für sie da zu sein, sie zu sehen und ihnen auch das Gefühl zu geben, gesehen zu werden. Den wenn Kinder mit dem Gefühl aufwachsen, nicht gesehen zu werden, dann glauben sie, dass sie es nicht verdient haben. Dass sie nichts wert sind. Die Aufgabe von Eltern ist daher, für die Kinder da zu sein, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie wertvoll sind. Und ihnen manchmal den Hintern abzuwischen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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