Für viele gehört es fest zur eigenen Lebensplanung dazu: das eigene Kind. Der Wunsch, selbst Nachwuchs zu haben und etwas zu der Welt beizutragen, ist so ausgeprägt, dass ohne diesen etwas Entscheidendes fehlen würde. Nun bedeutet Wunsch aber nicht zwangsläufig auch, dass das am Ende Realität wird. Manchen fehlt vielleicht der passende Partner. Andere können aufgrund medizinischer Gründe keine Kinder haben. Und dann gibt es noch Leute wie Eva-Maria, bei denen Außenstehende schnell zu dem Schluss kommen könnten: Warum will die denn ein Kind? Und ist das wirklich schlau, wenn man selbst in vielerlei Hinsicht auf die Hilfe anderer angewiesen ist?
Mit Rollstuhl und starkem Willen durchs Leben
Genauer ist Eva-Maria als Folge einer spastischen Zerebralparese seit ihrer Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen. Vieles kann sie nur mit der Unterstützung von Familie oder Freunden bewerkstelligen. Ein Sozialfall ist sie hingegen nicht: Als Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Tirol verfügt sie über die nötigen Mittel, um unabhängig zu sein. Einen Mann hat sie hingegen nicht, weswegen sie auf eine künstliche Befruchtung zurückgreift. Aber auch dazu ist sie bereit. Wir lernen hier eine willensstarke Frau kennen, die sich von klein auf hat durchkämpfen müssen und das eben auch bei diesem für sie so wichtigen Thema tut.
Regisseur Lukas Ladner hat sie für Eva-Maria begleitet, über einen langen Zeitraum. Zu Beginn des Dokumentarfilms ist der Kinderwunsch noch ein ferner Traum, bei dem nicht sicher ist, ob er sich erfüllen wird. Am Ende hat sie es tatsächlich geschafft, ist stolze Mutter, die sich liebevoll um das Kind kümmert. Während ihrer langen Reise zum Glück erhält das Publikum einen Einblick in ihr Leben, lernt zum Beispiel zwischendurch die Familie kennen. Wir erfahren aber auch, wie sie mit Diskriminierung zu kämpfen hat und der Angst, man könne ihr später einmal das Kind wieder wegnehmen, mit der Begründung, sie sei nicht in der Lage, sich darum zu kümmern.
Intime Einblicke
Diese gelegentlichen Ausflüge ins Allgemeine und Gesellschaftliche weiten den Blick und zeigen auf, was es heute bedeutet, mit einer körperlichen Behinderung zu leben. Die meiste Zeit über ist Eva-Maria, das auf dem DOK.fest München 2021 Weltpremiere feierte, aber eine sehr persönliche Geschichte. Ladner gewährt uns intime Einblicke, etwa beim Arztbesuch. Vor allem aber durch die Dialoge lernen wir die Protagonistin näher kennen und können an ihrem Innenleben teilhaben. Das wird dann zwar nie wirklich voyeuristisch unangenehm. Man sollte aber schon eine Vorliebe für derart intime Bekenntnisse haben, wenn da jemand sein Leben vor einem ausbreitet.
Außerdem sollte man sich für ganz ruhig erzählte Dokumentationen erwärmen können. Obwohl das Thema durchaus für große Gefühle und breit angelegtes Drama in Frage gekommen wäre, mag es Ladner lieber etwas leiser. Der österreichische Regisseur zieht das Alltägliche vor, zeigt auch auf den ersten Blick belanglose Szenen, in denen nur etwas herumgealbert wird. Diese machen Eva-Maria dabei erst rund: Der Film ist das schöne Porträt einer Frau, die sich nach einem Stück Normalität sehnt, ohne dabei bitter oder wehleidig zu sein. Der von ihr demonstrierte Optimismus und ihre Ausdauer sind vielmehr selbst Inspiration, sich nicht von seinem eigenen Weg abhalten zu lassen, so schwierig dieser mitunter auch sein mag.
OT: „Eva-Maria“
Land: Österreich
Jahr: 2021
Regie: Lukas Ladner
Drehbuch: Lukas Ladner
Musik: Isobel Cope
Kamera: Lukas Ladner, Gregor Perle
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