Ferry Netflix
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Inhalt / Kritik

Ferry Netflix
„Ferry“ // Deutschland-Start: 14. Mai 2021 (Netflix)

Als Drogenboss verfügt Ralph Brink (Huub Stapel) über viel Geld und Einfluss, hat aber auch jede Menge Feinde. Als bei einem brutalen Überfall sein Sohn schwer verletzt wird, schickt er deshalb Ferry Bouman (Frank Lammers) los, um die Täter ausfindig zu machen und zu bestrafen. Die Spur führt ihn dabei in seine alte Heimat in Brabant, wo eine Gruppe Camper ihr Lager aufgeschlagen haben soll, die im Verdacht stehen, die Tat ausgeführt zu haben. Für Ferry ist die Rückkehr dorthin heikel, muss er sich doch dabei mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen – darunter seine entfremdete Schwester Claudia (Monic Hendrickx). Gleichzeitig lernt er dabei Daniëlle (Elise Schaap) kennen, für die er schnell Gefühle entwickelt. Doch kann eine solche Beziehung eine Zukunft haben?

Stoff für düstere Wochenenden

Diese Woche haute Netflix wirklich jede Menge Stoff für Fans düsterer Genreunterhaltung heraus. Da gab es den Science-Fiction-Überlebenskampf Oxygen, das Gruselabenteuer Das schaurige Haus, den starbesetzten Thriller The Woman in the Window und das südafrikanische Ich bin Alle über zwei Frauen, die Jagd auf Mädchenhändler machen. Das war dann zwar mal wieder mehr Quantität als Qualität. Die meisten Werke erfüllten aber zumindest ihren Zweck und sind dabei so verschieden voneinander, dass es zu bemerkenswert wenigen Überschneidungen kam. Das gilt dann auch für Ferry, der zwar deutlich ruhiger ist als die meisten Titel oben, jedoch einiges zu bieten hat.

Dabei handelt es sich bei dem Film eigentlich „nur“ um ein Spin-off. Genauer beleuchtet Ferry die Vorgeschichte von Ferry Bouman, den manche als Gangsterboss in der Serie Undercover kennen. Hier ist davon noch nicht so wahnsinnig viel zu merken. Als Untergebener von Ralph Brink ist er zwar schon ein fester Bestandteil krimineller Kreise, darf aber nicht mehr als Befehle ausführen. Dass sich das noch ändern wird, erschließt sich aus der Serie. Allerdings ist es nicht zwingend notwendig, Letztere zu kennen. Ein paar Anknüpfungspunkte gibt es hier zwar schon. Aber die halten sich in Grenzen, die Geschichte ist größtenteils völlig unabhängig.

Von der Vergangenheit eingeholt

Wobei man sich auch darüber streiten kann, ob hier überhaupt so etwas wie eine Geschichte erzählt wird. Zumindest die Handlung ist eher sparsam. Ferry ist das Porträt eines Mannes, der seine Heimat hinter sich gelassen hat, um woanders neu anzufangen, sich auf einmal aber doch mit seiner Vergangenheit beschäftigen muss. Nach und nach erfahren wir auf diese Weise mehr über ihn, über seine Herkunft. Gerade das schwierige Verhältnis zu seiner Schwester macht einen größeren Anteil aus. An diesen und weiteren Stellen bewegt sich der Film dann auch recht weit weg vom Genreumfeld, ist vielmehr ein Drama um Verdrängung, alte Wunden und den Versuch einer Aussöhnung. Einfach ist das jedoch nicht, nicht bei diesen beiden Geschwistern, bei denen schnell klar wird, dass da noch viel unausgesprochen ist.

Den Kontrast dazu bildet die zweite größere Beziehung zu einer Frau: zu Claudia. Die ist freundlich, etwas naiv und simpel, passt so gar nicht in die Welt der Titelfigur. Und trägt genau dadurch auch zu der Tragik bei. Wir sehen, wie sich Ferry irgendwie doch nach einem gewöhnlichen Leben sehnt, das er teilen kann, wissen dabei aber, dass daraus nichts wird. Wo man unter normalen Umständen zumindest noch Daumen drücken kann, dass da jemand den Absprung schafft, da ist das hier von vornherein vergebene Lebensmühe, zumindest mit dem Wissen im Hinterkopf, wie es in Undercover weitergeht.

Der Ort gescheiterter Träume

Für Fans der Serie ist das auf jeden Fall sehenswert, da diese zumindest ein paar Hintergrundinformationen zu ihrer Figur erhalten. Anders als etwa Der junge Wallander, der ebenfalls eine Vorgeschichte erzählen wollte, fügen sich hier Film und Serie besser ineinander. Am Ende bleiben immer noch Fragen offen, weshalb das mit dem Prequel nur teilweise erfolgreich ist. Gelungen ist Ferry aber schon. Die Mischung aus Drama und Milieuporträt, verbunden mit gelegentlichen Gewalttaten ist stimmig, manchmal spannend, an anderen Stellen tieftraurig. Auch das Camper-Setting rund um Träumer, Verbrecher und gescheiterte Existenzen unterscheidet sich wohltuend von dem, was wir sonst so in Krimis zu sehen bekommen. Hier tauchen wir gleich in zweifacher Hinsicht ein in eine Parallelwelt, aus der es kein wirkliches Entkommen zu geben scheint.

Credits

OT: „Ferry“
Land: Belgien, Niederlande
Jahr: 2021
Regie: Cecilia Verheyden
Drehbuch: Nico Moolenaar, Bart Uytdenhouwen
Kamera: Menno Mans
Besetzung: Frank Lammers, Elise Schaap, Huub Stapel, Raymond Thiry, Monic Hendrickx

Bilder

Trailer

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„Ferry“ erzählt eine Quasi-Vorgeschichte der Krimiserie „Undercover“, funktioniert aber auch ohne diese. Der Film ist dabei einerseits das Porträt eines Verbrechers, der sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen muss, dabei auch von einem normalen Leben träumt. Das bleibt letztendlich Antworten schuldig, ist aber mal spannend, mal tragisch.
7
von 10