Als der Schuss fällt, ist der eigentlich nach einer durchzechten Nacht völlig verkaterte Ortspolizist Frank Koops (Aljoscha Stadelmann) sofort zur Stelle und trifft dabei mitten im Wald auf den Rockerboss Andy Blome (Nicki von Tempelhoff), den er noch von früher kennt. Warum der aus Hannover zurück aufs Land ist, weiß er zwar nicht. Seinem Instinkt folgend beschließt er aber, gemeinsam mit seiner Kollegin Mette (Anna Fischer) und dem Postboten Heiner (Moritz Führmann) den Fremden etwas im Auge zu behalten. Nur für alle Fälle. Und tatsächlich: Bald mehren sich die Hinweise, dass Koops, seine Geliebte Jessie (Kim Riedle) und sein Bruder Chris (Merlin Leonhardt) irgendetwas im Schilde führen. Und irgendwie hängt da auch der Unterweltboss Victor Koslow (Kasem Hoxha) mit drin …
Komische Typen
Im Kreis der unzähligen Ermittler und Ermittlerinnen, die jede Woche im deutschen Fernsehen gegen das Verbrechen kämpfen, stellen die aus der ARD-Reihe Harter Brocken schon etwas ganz Eigenes dar. Ein stoischer, bärtiger Lokalsheriff, der mehr nach Hell’s Angels aussieht als nach Polizei, dessen noch eher unerfahrene Kollegen, die ständig mit ihrem Postboten-Freund diskutiert, der irgendwie immer in die Fälle hineingezogen wird: Das ist doch mal was anderes als die vielen Großstadt-Respektpersonen, wie man sie in hiesigen TV-Krimis dauernd sieht. Da wird noch Wert auf Persönlichkeiten gelegt, mit Ecken und Kanten und diversen Macken.
Das fällt auch bei Der Waffendeal wieder positiv auf, der mittlerweile sechste Teil der Reihe. Wie oft sieht man schon einen versoffenen Polizisten durch den Wald torkeln, nachdem er auf einem Hochsitz eingeschlafen war? Und auch die beiden anderen Hauptfiguren haben ihre Momente. Wenn beispielsweise die schwangere Mette und Heiner immer wieder darüber diskutieren, wie sie sich angesichts ihres Zustandes zu verhalten hat, dann wirkt das im Angesicht der aufkommenden Gefahr zwar immer deplatziert. Aber es ist eben auch unterhaltsam. Überhaupt setzt Regisseur Markus Sehr (Eine Insel Namens Udo) regelmäßig auf Humor, der auf Kontrasten beruht. Der im Titel angesprochene Waffeldeal ist nicht nur für die beteiligten Verbrecher eine Nummer zu groß, sondern auch für die Harzer Ortschaft.
Aufstand der Provinz
Das geht schon mit ein wenig Lokalkolorit einher, ohne das aber vergleichbar zu etwa Erzgebirgskrimi: Der Tote im Burggraben extra betonen zu wollen. Es geht vielmehr um das Vermitteln eines allgemeinen Provinzgefühls. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Leute rückständig und naiv wären. Vor allem Koops zeigt sich mehrfach als deutlich gewiefter, als es sein Erscheinungswesen vermuten ließe. Auch darin besteht ein Teil des Unterhaltungsfaktors von Harter Brocken: Der Waffendeal: Wenn unterschätzte Menschen es anderen mal so richtig zeigen, vor allem solchen, die arroganter auftreten, dann sieht man das immer wieder gern. Das Drehbuchduo Anke Winschewski und Niels Holle kennt solche Crowdpleaser-Mechanismen natürlich und weiß sie zu nutzen, selbst wenn das auf eine nicht ganz glaubwürdige Weise geschieht.
Vom Fall selbst sollte man in der Hinsicht ohnehin nichts erwarten. Er ist auch nicht übermäßig interessant. Am spannendsten ist noch die Frage, wer da eigentlich alles wen hintergeht und wer welche Motive mitbringt. Ansonsten ist das Ganze eher dünn. Wer die Bösen sind, weiß man schließlich von vornherein. Größere Überraschungen bei den Versuchen, diese dingfest zu machen, bleiben aus. Aufgrund der Figuren und des damit verbundenen Humors reicht das, um sich einen vergnüglichen Abend zu machen und für anderthalb Stunden die Welt da draußen zu vergessen. Mehr als solides Mittelmaß bietet Harter Brocken: Der Waffendeal jedoch kaum.
OT: „Harter Brocken: Der Waffendeal“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Markus Sehr
Drehbuch: Anke Winschewski, Niels Holle
Musik: Tobias Wagner, Justin Michael La Vallee
Kamera: Paul Pieck
Besetzung: Aljoscha Stadelmann, Moritz Führmann, Anna Fischer, Nicki von Tempelhoff, Aurel Manthei, Kim Riedle, Merlin Leonhardt, Julian Schmieder, Hanna Plaß
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