Einst war Shinji Furuya (Itsuji Itao) ein gefeierter Regisseur, dessen Filme zwar kommerziell nicht viel eingespielt haben, aber sich auf internationalen Festivals wie auch der Kritik großer Beliebtheit erfreuten. Seit einem Unfall, in dessen Folge seine Frau schwer verletzt wurde und ins Koma fiel, ist Furuyas Leben aber aus den Fugen geraten, emotional wie finanziell, und er muss sich mit billigen Produktionen, meistens Pornofilme, über Wasser halten. Als der Dreh seines neuesten Projekts in Wasser fällt, muss sich Furuya, ob er will oder nicht, um die weitere Finanzierung kümmern und Asato (Izumi Okamura), die Hauptdarstellerin, besänftigen, alleine schon, da mit den Krankenhausrechnungen für seine Frau im Rückstand ist. Nach einem Techtelmechtel mit den Maskenbildnerin driftet der Filmemacher und Professor durch die japanische Hauptstadt, immer auf der Suche nach Geldgebern, was jedoch meistens in schnellem Sex endet. So auch seine Begegnung mit der jungen Studentin Yuka (Sumire Asihna), die ihn wegen seiner früheren Filme bewundert, und ihn zu sich nach Hause einlädt. Jedoch wird ihre Liebesnacht unterbrochen, als Yukas eifersüchtiger Freund in die Wohnung stürmt und Furuya die Flucht antreten muss.
Eine weitere Begegnung mit Arato wie auch eine Vorführung eines seiner früheren Werke in einem kleinen Kino münden in einer Katastrophe für Furuya, dem die Zeit davonläuft. Das Umherirren durch die Straßen Tokios wird für ihn nicht nur eine Suche nach Geld, sondern eine nach sich selbst und wie sehr er sich von seinem früheren Ich entfernt hat. Ein Treffen mit einem früheren Crewmitglied, das er ebenfalls um Geld bittet, wird zu einem Akt der Selbsterkenntnis.
Hoher künstlerischer Anspruch
Als die japanische Produktionsfirma Nikkatsu anlässlich des Jubiläums ihrer „Roman Porno“-Reihe in den 2010er Jahren einen Neustart der Reihe planten, gelang es viele Filmschaffende Japans, darunter Sion Sono (Antiporno) oder Hideo Nakata (Ring), für das Projekt zu gewinnen. Auch der japanische Independent-Regisseur Isao Yukisada (Am Flussufer) konnte sich für das Vorhaben begeistern und legte mit Klang der Verführung einen der besseren Einträge innerhalb der „New Roman Porno“-Reihe hin, der sich nicht nur als Drama eines Künstlers versteht, sondern auch als ein Film über das Filmemachen an sich.
Eine Geschichte über die Figur eines Filmemachers an sich, ist gerade in der Independent-Szene Japans durchaus sehr populär. Bereits Eiji Uchidas Lowlife Love zeigte jenen Prototyp eines Regisseurs, der sich in dem verblassenden Stern seiner Popularität sonnt und hinter einer Fassade von Blasiertheit und Anspruch vor allem den eigenen Selbstekel verstecken will. Itsuji Itao als Fuyuta spielt einen ähnlichen Künstlertyp, auch wenn bei ihm eine Mischung aus jenem Ekel und der Trauer überwiegt, darüber, dass er so weit sinken konnte oder sich dies überhaupt erlaubt hat. Bereits in einer frühen Szene antwortet er auf die neugierige Frage eines Crewmitglieds nach seiner Philosophie als Künstler, dass für ihn vor allem der „hohe künstlerische Anspruch“ im Vordergrund steht bei jedem Projekt, was man ihm wegen seines resignierten Tonfalls nicht abnimmt. Es sind nichts als Phrasen und Fassaden, hinter denen sich ein emotionaler Abgrund versteckt, in dessen schwarzes Loch Fuyuta sich nicht einmal traut hinabzublicken.
Die Farbe von Blumen
In ihrem Drehbuch lassen Isao Yukisada und Anne Horiizumi ihre Hauptfigur durch die Straßen Tokios irren, auf der Suche nach Geld, aber letztlich auch nach sich selbst. Die kunstvoll gefilmten Liebesszenen täuschen nicht darüber hinweg, dass sich Fuyuta auf dem Weg hin zu jenem Abgrund befindet und jene Suche eigentlich mehr eine Flucht darstellt. Bei jedem Liebesakt ertönen die ersten Klänge eines Klavierstücks, gespielt von seiner Frau, sodass ihn die Erinnerung an diese Momente nach wie vor verfolgt und er sie nicht verdrängen kann, egal, was er auch tut. In Kombination mit Itsuji Itao gelingt das Porträt eines zutiefst verletzten Menschen, dessen teils fragwürdigen und verabscheuungswürdigen Taten nicht darüber hinwegtäuschen, dass er vor seiner eigenen Schuld und Trauer flüchtet.
Innerhalb des Dramas finden sich in Klang der Verführung immer wieder interessante, wenn auch teils etwas platte Anspielungen auf das Klischee des Künstlers. So versteckt sich Fuyuta gegenüber einem weiblichen Fan und dessen Frage nach seiner Definition von wahrer Liebe hinter einem Bild von Blumen, denen es letztlich egal sei, woher das Wasser käme, welches ihnen Leben spende. Wie auch die Filme, die er in letzter Zeit gemacht hat, sind es leere, nichtssagende Metaphern, die nicht mehr verdecken können, dass hier jemand den Bezug zu sich selbst verloren hat.
OT: „Gymnopedies ni Midareru“
Land: Japan
Jahr: 2016
Regie: Isao Yukisada
Drehbuch: Isao Yukisada, Anne Horiizumi
Musik: Meyna Company
Kamera: Takahiro Imai
Besetzung: Itsuji Itao, Sumire Ashina, Izumi Okamura, Yuki Tayama, Mayumi Tajima, Noriko Kijima, Shou Nishino
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