Da angesehene Graf Hervé de Kerloguen (Pierre Brasseur) seit mehreren Tagen verschwunden ist, geht seine Verwandtschaft von der Nachricht seines Todes aus, als sie von seinem Notar in das Schloss berufen werden, das seit Jahrhunderten im Familienbesitz der de Kerloguens ist. Auch Jean-Marie (Jean-Louis Trintignant), der das erhoffte Erbe gut gebrauchen könnte, macht sich auf den Weg von Paris aufs Land, zusammen mit seiner Freundin Micheline (Dany Saval), die er auf der Fahrt aufklärt über die schwierige Familiengeschichte. Seine Hoffnungen werden jedoch gedämpft, da zwar medizinisch gesehen das Ableben seines Vaters unbestritten ist, aber aus juristischer Sicht der leblose Körper des Grafen erst gefunden werden muss, bevor man überhaupt darüber nachdenken kann, das Testament zu öffnen. Bis dahin obliegt es den ohnehin schon finanziell angeschlagenen Nachkommen, das Schloss wie auch das umliegende Anwesen zu verwalten, ohne dies zu verändern oder zu veräußern, zumindest nicht für fünf Jahre, bis dann auch aus juristischer Sicht der Graf für tot erklärt werden kann.
Die Nachricht erfreut naturgemäß niemanden. Doch während sich einige von ihnen auf eigene Faust auf die Suche nach dem Leichnam machen, schmieden die anderen, darunter auch Jean-Marie einen Plan, wie man aus der Situation das Beste machen kann. Die Idee kommt dann ausgerechnet von Micheline, die ihrem Freund sagt, man könne doch, basierend auf der tragischen Familiengeschichte eine Art Lichtshow auf dem Schloss veranstalten und somit Besucher einlassen, von denen man wiederum Eintritt verlangen kann. Nicht jeder ist von der Idee begeistert, allen voran die alteingesessenen Bediensteten des Grafen, die das Vorhaben als Leichenschändung empfinden. Doch schon bald macht man sich an die Arbeit das Anwesen herzurichten. Während der Arbeiten kommt es zu mysteriösen Unfällen und sogar Todesfällen unter den Nachkommen sowie zu seltsamen Ereignissen im Schloss, die den Verdacht bestätigen, dass ihr Vater entweder doch nicht tot ist oder sich unter den Geschwistern ein Mörder befindet.
Eine außergewöhnliche Darbietung
Nach Schreckenshaus des Dr. Rasanoff (Le yeux sans visage) übernahm Georges Franju mit Mitternachtsmörder abermals die Regie bei einem Projekt, welches Mystery-Elemente mit denen des Krimis vermischte. Die Rezeption, sowohl bei Kritik wie auch dem Publikum, war eher zurückhaltend, was Franju auf die zahlreichen Konflikte mit den Produzenten schob, die ihn zwangen, bestimmte Zugeständnisse bei der Produktion zu machen. So bleibt Mitternachtsmörder oft im Schatten der anderen Werke Franjus, was eigentlich sehr bedauerlich ist, denn gerade die Vermischung einer klassischen Krimi-Struktur mit Geheimnisvollen und Außergewöhnlichen, wie es Franju in vielen seiner anderen Filme verwob, macht den Reiz der Geschichte aus.
In vielen Interviews beschrieb Franju das Prinzip des Außergewöhnlichen als etwas, dass eben aus der Wahrnehmung des Alltäglichen oder Vertrauten hervortritt und dann eben die Welt in einem ganz neuen Licht zeigt. Die Fassade des Schlosses, eingehüllt in die prächtige Natur um es herum, erhält für eine Außenstehende wie Micheline einen ganz anderen Charakter, als sie Jean-Maries grausame Geschichte hört, wie einer seiner Vorfahren einst, seine Frau in den Selbstmord trieb und vorher ihren Geliebten brutal ermordete. Immer wieder weist uns Franjus Inszenierung auf diese Fassade, auch die von Personen hin, die weit mehr zu verbergen mag, als das bloße Auge zunächst wahrnimmt.
Interessant und im Kontext des Drehbuchs sehr clever ist die Idee der Lichtschau (son et lumière), die fast schon als eine Art „Film-im-Film“ erscheint. Ausgehend von der Idee, das Außergewöhnliche und Brutale der Familiengeschichte in den Vordergrund zu rücken, ist gerade der Auslöser für eine neue Reihe von Tragödien, welche die Familie heimsucht, doch zugleich eine Art Ablenkung von dem, was aktuell hinter den Fassaden des Schlosses sich abspielt. Wie Autor Chris Fujiwara in seinem Essay Cinema Insolite erklärt, vermischen sich an dieser Stelle Realität und Fiktion und es kommt innerhalb der Handlung zu einem Akt der Übertragung.
Ein Akt der Übertragung
Innerhalb des Werkes von Georges Franju, der vielen Geschichten, die seine Filme erzählen, hat die Vergangenheit, vor allem die dunklen Seiten einer Biografie, einen langen Arm. In Schreckenshaus des Dr. Rasanoff sind es die Morde des Vaters, die diesen letztlich einholen und das Verhältnis zu seiner Tochter zerstören. Im Falle von Mitternachtsmörder ist es eine Episode der Eifersucht und des Blutdurstes, die einen langen Schatten wirft, bis in die Gegenwart des Filmes und zugleich als Auslöser von Emotionen wie Eifersucht oder Missgunst dient. Vor allem das außergewöhnliche Setting wissen Franju und Kameramann Marcel Fradetal im Sinne dieses Konzepts immer wieder in Szene zu setzen, erscheint die Vergangenheit doch weniger als eine abstrakte Größe, sondern im Gegenteil als sehr präsent.
OT: „Pleins feux sur l’assassin“
Land: Frankreich
Jahr: 1961
Regie: Georges Franju
Drehbuch: Pierre Boileau, Thomas Narcejac, Georges Franju, Robert Thomas
Musik: Maurice Jarre
Kamera: Marcel Fradetal
Besetzung: Pierre Brasseur, Jean-Louis Trintignant, Pascale Audret, Marianne Koch, Dany Saval, Jean Babilée, Georges Rollin
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