Oxygen Netflix
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Inhalt / Kritik

Oxygen Netflix
„Oxygen“ // Deutschland-Start: 14. Mai 2021 (Netflix)

Als die junge Frau (Mélanie Laurent) in einer engen Kapsel zu sich kommt, hat sie keine Ahnung, wo sie ist, was sie hier tut oder wie sie in die Kapsel gekommen ist. Sie weiß nicht einmal, wer sie ist. Erste Versuche, sich draußen bemerkbar zu machen, bleiben ohne Erfolg. Lediglich die künstliche Intelligenz MILO steht ihr Rede und Antwort. Doch auch die ist nicht wirklich hilfreich bei dem Versuch, den Ablauf zu rekonstruieren. Das einzige, was klar ist: Ihr bleibt nicht viel Zeit. Der Sauerstoffgehalt in der Kapsel ist gering und nimmt stetig ab. Sie muss schnell handeln, wenn sie lebend wieder hinaus will. Während sie verzweifelt nach einem Weg sucht, die Kapsel zu öffnen, kehren nach und nach ihre Erinnerungen zurück – und damit die Erkenntnis, dass alles ganz anders ist als gedacht …

Auf der Suche nach Antworten

Zu Beginn seiner Karriere stand der französische Regisseur Alexandre Aja für eine gemeinere Form des Horrors, als er mit Filmen wie High Tension und dem Remake The Hills Have Eyes auf sich aufmerksam machte. Richtig harter Stoff war zudem der von ihm produzierte Maniac, der seinem Publikum die Egoperspektive eines Serienmörders aufdrängte. Diese Schockertage scheint er inzwischen hinter sich gelassen zu haben. Wobei noch nicht wirklich klar ist, wohin die Reise geht. So drehte er zuletzt den prominent besetzten, aber zu sehr zwischen den Genres wechselnden Das 9. Leben des Louis Drax, im Anschluss stand der traditionelle Tierhorror Crawl auf dem Programm, in dem abwechselnd gegen Hurricanes und Alligatoren gekämpft wird.

Nun meldet er sich mit dem Netflix-Film Oxygen zurück, der erneut mehrere Genres miteinander verbindet. Doch der Mix ist insgesamt besser geglückt. Zunächst konzentriert sich die französisch-amerikanische Coproduktion vor allem auf den Mysteryaspekt. Wenn die Hauptfigur einer Geschichte zu Beginn zu sich kommt, sich aber an nichts erinnern kann, nicht einmal an sich selbst, dann ist das ein klassisches Mysterythriller-Szenario. Schließlich darf besagte Figur gemeinsam mit dem Publikum herausfinden, wie es zu all dem kam. Das Besondere ist hier jedoch, dass sie das tun muss, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Sie kann sich nicht auf Spurensuche begeben und Leute treffen. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt ist eine Computerstimme, die offensichtlich darauf programmiert wurde, andere in den Wahnsinn zu treiben.

Spannung auf mehreren Ebenen

Die Spannung, die eine solche Wahrheitssuche mit sich bringt, wird dabei mit dem eines Überlebenskampfes verknüpft: Kommt die Frau lebend heraus? Schließlich ist der Sauerstoffgehalt gering, quasi in Echtzeit werden die Minuten bis zu ihrem Tod heruntergezählt. Wer schon bei Escape Rooms an dem Zeitlimit verzweifelt, erlebt hier den absoluten Horror. Für klaustrophobisch veranlagte Zuschauer und Zuschauerinnen ist das ohnehin ein einziger Alptraum. Der Vergleich zu Buried drängt sich an dieser Stelle auf, in dem ein Mann lebendig begraben wurde und nach einem Weg nach draußen sucht. Ganz so intensiv wie dort wird das in Oxygen jedoch nicht, da Aja mehrere Möglichkeiten findet, zumindest im übertragenen Sinne die Kapsel zu verlassen – und sei es durch die Erinnerungsbrocken, die als Flashbacks auf die Bühne geworfen werden.

Überhaupt ist die Geschichte sehr viel weniger geradlinig, als es das begrenzte Setting vermuten ließe. So hat Drehbuchautorin Christie LeBlanc in ihren ersten Film mehr Wendungen gepackt, als andere es in ihrer gesamten Laufbahn tun. Ob man das nun gelungen findet, hängt letztendlich von der eigenen Freude an der Überraschung ab. Immer wieder meint man, endlich herausgefunden zu haben, was nun genau in Oxygen gespielt wird, nur damit es dann doch wieder anders kommt. In der Summe ist das schon ein bisschen viel, das wäre alles auch etwas zurückhaltender und sparsamer gegangen – von der mangelnden Glaubwürdigkeit ganz zu schweigen. Umgekehrt gab man sich beim Ende nicht so wirklich Mühe, zeigte sich etwas mutlos und wenig konsequent.

Der schicke Tod

Doch trotz dieser vereinzelten Schwächen: Sehenswert ist Oxygen. Das liegt zum einen an der interessanten Geschichte, die zum Schluss auch ethische Fragen aufwirft. Es liegt auch an der Umsetzung. Mélanie Laurent (6 Underground, Galveston – Die Hölle ist ein Paradies) überzeugt als Survivalkämpferin, die immer kurz vor dem hysterischen Anfall steht, dann aber doch einen rettenden Einfall hat. Hinzu kommt die schicke, von Blau und Weiß dominierte Optik, bei der selbst der nahende Tod irgendwie edel aussieht. Dann und wann schimmern noch die Horror-Wurzeln Ajas durch, sei es bei unangenehmen Schreckmomenten oder dem allgemeinen Gefühl ausgeliefert zu sein. Doch das bleibt eher die Ausnahme in diesem unterkühlten Thriller, der einen auf mehr als eine Weise frösteln lässt.

Credits

OT: „Oxygène“
Land: Frankreich, USA
Jahr. 2021
Regie: Alexandre Aja
Drehbuch: Christie LeBlanc
Musik: Robin Coudert
Kamera: Maxime Alexandre
Besetzung: Mélanie Laurent

Bilder

Trailer

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In „Oxygen“ wacht eine Frau in einer Kapsel auf, ohne sich an die Vorgeschichte zu erinnern – oder sich selbst. Der Film ist in mehrfacher Hinsicht spannend, zudem schick inszeniert und mit so vielen Wendungen versehen, dass einem trotz begrenzten Settings schwindlig werden kann. Leider fehlt zum Schluss die notwendige Konsequenz, was das Vergnügen aber nur etwas schmälert.
7
von 10