Tatort Neugeboren
© Radio Bremen/Christine Schroeder

Tatort: Neugeboren

Inhalt / Kritik

Tatort Neugeboren
„Tatort: Neugeboren“ // Deutschland-Start: 24. Mai 2021 (Das Erste)

Als ein Baby aus einer Klinik entführt wird, hat die Bremer Polizei alle Hände voll zu tun. Tatsächlich sind so viele mit dem Fall beschäftigt, dass niemand mehr übrig ist, um die Geschichte des jungen Mannes zu untersuchen, der sich in den Tod gestürzt hat. Und so fällt die Wahl wohl oder übel auf Mads Andersen (Dar Salim), der eigentlich schon auf dem Weg nach Dänemark ist, und die neue Kollegin Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), sich die Sache mal anzuschauen. Ihnen zur Seite gestellt wird die BKA-Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram). Am Tatort stellen sie fest, dass der Tote mehrere Stichverletzungen aufweist, weshalb es sich um einen Mord gehandelt haben muss. An Verdächtigen mangelt es nicht, der Drogendealer war schließlich in mehrere zwielichtige Geschichten verwickelt. Dabei ist es vor allem der Ex-Fußballer Rudi Stiehler (André Szymanski), der Moormann mit seinem seltsamen Verhalten ins Auge fällt …

Aller Anfang ist hart

Wenn ein neues Team beim Tatort an den Staat geht, steht es naturgemäß unter ziemlicher Beobachtung. Bei den vielen verschiedenen Richtungen, welche die ARD-Krimireihe inzwischen so einschlägt, weiß man schließlich nie genau, was einen erwartet, von klassisch über humoristisch bis zu gesellschaftskritisch ist da alles dabei. Außerdem gilt es natürlich den hohen Quotendruck zu erfüllen, wenn der Dauerbrenner Woche für Woche ein Millionenpublikum anlockt. Das müssen Neulinge erst einmal schaffen. Bei Neugeboren, dem ersten Fall des Bremer Teams, leistete man jedoch ein wenig Vorarbeit, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. So gab es im letzten Jahr einerseits die Mockumentary How to Tatort, durch die wir die Figuren schon einmal kennenlernen durften.

Ein weiteres bekanntes Element ist Luise Wolfram (Kiss Me Kosher). Sie spielte von 2016 bis 2019 schon mehrere Male die Rolle der Ermittlerin Selb, damals noch an der Seite von Lürsen und Stedefreund. Während sie dort jedoch nur wenig zum Zug kam, darf sie dieses Mal stärker in den Vordergrund rücken. Tatsächlich gibt es an einer Stelle auch einen schön selbstironischen Kommentar, dass Selb in ihrer Karriere nicht wirklich vorankommt. Immer mal wieder gibt es in Tatort: Neugeboren derartige kleinere humorvolle Momente, die sich vor allem aus der Interaktion der drei Protagonist*innen ergeben. Ein Running Gag besagt etwa, wie Andersen seine Fahrt nach Dänemark wieder und wieder verschieben muss und ständig nach neuen Zugverbindungen schaut. An einer anderen Stelle wird die geringe körperliche Größe von Moormann kommentiert.

Zwischen Streit und Tragik

Das macht auch tatsächlich Spaß. Die wie immer mit Schnodderschnauze auftretende Jasna Fritzi Bauer (Abgeschnitten) als neue Kollegin, die sich beweisen muss, der unterkühlt spielende Dar Salim (Darkland) als alter Hase, der eigentlich nur weg will – das ist zusammen mit Wolfram schon eine reizvolle Konstellation. Wenn das zu Beginn noch recht holprig abläuft, man nicht unbedingt von einer Freundschaft aus dem Stand sprechen kann, dann ist das kein Fehler. Viele Krimireihen beginnen damit, dass sich die Leute erst noch finden müssen. Auch wenn wir über die Vorgeschichten der drei in Tatort: Neugeboren noch relativ wenig erfahren, da gibt sich Drehbuchautor Christian Jeltsch doch recht bedeckt, das Ensemble füllt die Vorlage gut aus, gibt ihnen genug Persönlichkeit, dass man ihnen noch weitere Male begegnen mag.

Der Krimipart selbst ist dabei relativ schlicht. Dass die beiden Fälle – das entführte Kind und der tote Mann – irgendwie zusammenhängen, das weiß man natürlich schon. Als erfahrene Schnüffelnase ahnt man auch vergleichsweise früh, was da vorgefallen ist. Aber es geht hierbei auch weniger um das Zusammensetzen der Puzzleteile, sondern die menschliche Komponente. Und die ist hier durchaus stark. Vor allem zum Ende hin gewinnt Tatort: Neugeboren eine tragische Note, wenn der Film mehr Drama als Krimi ist. Wie schon die Woche zuvor in Wo ist Mike? geht es hier um Verlust, um Schmerz und Trauer. Geht es um das Gefühl nicht mehr Teil einer Welt zu sein, in der es nicht für jeden einen Platz gibt.

Credits

OT: „Tatort: Neugeboren“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Barbara Kulcsar
Drehbuch: Christian Jeltsch
Musik: Jasmin Shakeri, Beathoavenz
Kamera: Filip Zumbrunn
Besetzung: Jasna Fritzi Bauer, Dar Salim, Luise Wolfram, Johanna Polley, André Szymanski, Gustav Schmidt, Leonie Wesselow, Nikolay Sidorenko, Bruno Alexander

Bilder



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In „Tatort: Neugeboren“ muss sich das neue Bremer Ermittlerteam zusammenraufen, um ein entführtes Baby und den Mörder eines jungen Mannes zu finden. Als reiner Krimi ist das eher wenig. Das starke Trio und die sehr tragische Komponente zum Schluss machen den Erstauftritt aber zu einem, der Lust auf mehr macht.
7
von 10