Acht Jahre sind Mark (Lee Pace) und Elizabeth (Carrie Coon) schon ein Paar, als sie sich endlich das Jawort geben. Voller Optimismus und Liebe blicken sie in die gemeinsame Zukunft. Doch die nimmt ein jähes Ende, als ihr Sohn Jacob (Sander Thomas) bei einem Autounfall ums Leben kommt. Seither sind viele Jahre vergangen, die Ehe ist an dem Schicksalsschlag zerbrochen. Mark hat seither Karriere als Anwalt gemacht, Elizabeth ist eine erfolgreiche Autorin. Die Vergangenheit haben beide tief vergraben. Bis zu dem Tag, an dem Mark in das alte Haus der drei fährt, um sich das Chaos anzusehen, das seine letzten Mieter hinterlassen haben. Von denen fehlt natürlich jede Spur. Zu seinem Entsetzen sieht er dafür aber Jacob, der von den Toten zurückgekehrt scheint …
Ein verkannter Horror
In den letzten 15 Jahren hat sich Blumhouse Productions als eine Art Synonym des modernen Horrorfilms etabliert. Unentwegt erscheinen neue Filme aus dem Genre. Dabei ist die inhaltliche und qualitative Bandbreite enorm: Da können starke Titel dabei sein wie Get Out oder Sinister. Man findet aber auch ziemlich viel Müll darunter, etwa Wahrheit oder Pflicht oder Fantasy Island. Gemeinsam ist den Werken nur, dass sie für wenig Geld produziert wurden und dadurch sehr profitabel sind. Entsprechend misstrauisch darf man sein, wenn mit The Keeping Hours ein Film der Produktionsfirma nicht in die Kinos kommt, er bei uns nicht einmal auf DVD erscheint, sondern nur als No Name Video on Demand. Das verheißt eigentlich nichts Gutes. Und wie schlecht muss dieser Film erst sein, der auch noch auf Tele 5 seine TV-Premiere feiert?
Antwort: überhaupt nicht schlecht. Die Entscheidung, hier mal nicht die üblichen Kanäle zu verwenden, um den Film unters Volk zu bringen, dürfte weniger mit der Qualität zusammenhängen. Das eigentliche „Problem“ ist, dass The Keeping Hours nicht wirklich ein Horrorfilm ist. Elemente daraus verwendet er natürlich schon. Da gibt es sich von der Stelle bewegende Gegenstände, die nicht da sein dürften. Unheimliche Erscheinungen tauchen vereinzelt auf und jagen den Leuten einen enormen Schrecken auf. Und wenn Geister Verstorbener umhergehen, dann ist das in den meisten Fällen kein gutes Zeichen. Denn die führen entweder etwas im Schilde oder hängen anderweitig mit einem großen Unglück zusammen.
Zwischen Bildsprache und Rätsel
Bei The Keeping Hours, so wird aber früh klar, liegt das Unglück in der Vergangenheit. Regisseurin Karen Moncrieff lässt sich dabei zwar Zeit, bevor sie offen ausspricht, was genau vorgefallen ist. Aber das passt zum einen zu einer Geschichte, die viel von Verdrängung handelt. Davon, wie Schmerzen und Vorwürfe nicht offen angesprochen werden, sondern unterhalb der Oberfläche wuchern. Sie muss aber auch nicht viel sagen: Mit wenigen Bildern zeigt sie, wie viel sich nach dem hoffnungsvollen Einstieg verändert hat und wie aus dem einst sich so innig liebenden Paar zwei völlig verschiedene Menschen geworden sind. Dafür arbeitet das von Rebecca Sonnenshine geschriebene Drehbuch anderweitig mit Rätseln, allen voran dem, weshalb Jacob Jahre nach seinem Tod zurückgekehrt ist.
Wer sich von dem Film Schockmomente erhofft, der ist daher an einer völlig falschen Adresse. Er ist nicht einmal wirklich spannend, zumindest im traditionellen Sinn. Im Mittelpunkt stehen vielmehr Mark und Elizabeth, die den Tod ihres Sohnes nicht verarbeitet haben. The Keeping Hours ist also mehr ein klassisches Trauerdrama, nur eben mit einer fantastischen Note, wenn der verstorbene Junge die Verarbeitung forciert. Dass dessen Auftauchen die Sache nicht wirklich einfacher macht, ist dabei klar. Tatsächlich ist ein wiederkehrendes Thema die Notwendigkeit der beiden, ihn wirklich gehen zu lassen und das Kapitel abzuschließen.
Etwas oberflächlich, aber schön
Das ist alles sicherlich nicht so tiefgründig, wie es der Film vielleicht gern wäre. Die Entwicklung der beiden Hauptfiguren, die sowohl beim Tod von Jacob wie auch bei dessen Rückkehr unterschiedlich reagieren, verläuft beispielsweise holprig. Die Nebenhandlung um Marks demenzkranken Vater Renn (Ray Baker) wird nie konsequent verfolgt. Nicht alles ist zudem immer wirklich nachzuvollziehen. Dafür kann einem The Keeping Hours sehr zur Herzen gehen, sofern man für das Thema empfänglich ist. Auch ohne die große Kitschkeule zu schwingen, landet Moncrieff eine Reihe von Treffern. Dazu gibt es gute Leistungen des Duos sowie einige bestechend schöne Aufnahmen. Das erreicht dann zwar nie die unwirkliche Poesie von A Ghost Story, das ebenfalls von dem Leben nach bzw. mit dem Tod handelte. Aber es ist doch genug, um aus dem Fantasydrama einen kleinen Geheimtipp zu machen, der mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
OT: „The Keeping Hours“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Karen Moncrieff
Drehbuch: Rebecca Sonnenshine
Musik: Adam Gorgoni
Kamera: Anastas Michos
Besetzung: Lee Pace, Carrie Coon, Sander Thomas, Ray Baker, Amy Smart
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