Westfront 1918
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Westfront 1918

Inhalt / Kritik

Westfront 1918
„Westfront 1918“ // Deutschland-Start: 23. Mai 1930 (Kino) // 13. April 2018 (DVD/Blu-ray)

Während der letzten Monate des Ersten Weltkrieges sind vier deutsche Soldaten an der Front und warten auf einen Angriff der französischen Armee. Unter ihnen ist ein Bayer (Fritz Kampers), ein Student (Hans-Joachim Möbis), ein Leutnant (Claus Clausen) sowie ein Mann namens Karl (Gustav Diesel). Während eines kurzen Urlaubs von der Front verliebt sich der Student in eine junge Französin (Jackie Monnier), die ihn davon abhalten will, ins Gefecht zurückzukehren, da sie um sein Leben fürchtet, hat jedoch keinen Erfolg. Im Schützengraben erwartet die vier Männer der grausame Alltag des Krieges, doch vor allem der Student kann sich immer wieder beweisen, als er zwei seiner Kameraden rettet und sich freiwillig als Bote einer Nachricht an die Artillerie anbietet, als diese aufgrund einer Fehleinschätzung das Feuer auf ihre Stellung eröffnet. Durch den Mut ihres Kameraden wächst die Freundschaft der vier Männer, die gegenseitig aufeinander acht geben, einander aufmuntern und sich bisweilen mit derben Witzen oder anderen Dingen die Zeit vertreiben.

Eines Tages wird Karl ein längerer Fronturlaub genehmigt, doch als er in die Heimat zurückkommt, sieht er, dass der Krieg vor niemandem Halt gemacht hat. Seine Mutter muss teilweise stundenlang um Lebensmittel anstehen, teilweise völlig umsonst, und seine Frau (Hanna Hoessrich) erwischt er mit einem jungen Soldaten im Bett. Zunächst außer sich vor Wut besinnt sich Karl nach einer Weile wieder, doch die Anspannung im Haus ist spürbar und wird durch Karls wachsenden Pessimismus nur gesteigert. Als er wieder zurück muss an die Front, will er noch nicht einmal Abschied nehmen von seiner Frau und sehnt sich nach seinen Kameraden, mit denen er in ein letztes Gefecht zieht, aus dem nicht alle von ihnen lebendig wiederkehren werden.

Das Märchen vom Heldentod

Während seine Zeitgenossen wie Fritz Lang oder Friedrich Wilhelm Murnau sich in futuristischen Zukunftsvisionen oder expressionistischen Schauermärchen versuchten, gilt G. W. Pabst als einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit innerhalb der Filmkunst und zeigte das Leben, „so wie es ist“. Mit Werken wie Tagebuch einer Verlorenen und Die Büchse der Pandora konnte Pabst nicht nur kommerzielle wie kritische Erfolge feiern, sondern zudem den Blick des Betrachters auf soziale Probleme wie Ungleichheit und die Rolle der Frau richten, was ihm im Falle von Die Büchse der Pandora gar Ärger mit der Zensur einbrachte. Basierend auf dem Roman Vier von der Infanterie des Autors Ernst Johannsen griff Pabst in Westfront 1918 das Trauma des Ersten Weltkriegs auf und konzentrierte sich, wie auch im Folgefilm Kameradschaft, auf Aspekte wie Zusammenhalt und Freundschaft.

Es ist die größte Tragödie in Pabsts Leben und Schaffen, dass er nach 1933 von den Nationalsozialisten eingespannt wurde, um propagandistische Werke zu drehen, was so gar nicht zu jener Überzeugung passt, die man in Westfront 1918 oder Kameradschaft vorfindet. Gerade diese Titel wurden von den Faschisten entweder verboten oder zensiert, passten sie doch so gar nicht in die Konzepte vom Heldentod oder der Feindschaft mit Frankreich. Wie schon der sehr ähnliche Im Westen nichts Neues von Lewis Milestone konzentriert sich Pabst auf vier Charaktere, die, aufgrund ihres Ranges und Alters eine Art Querschnitt der Männer darstellen, die für Deutschland im Ersten Weltkrieg an die Front zogen. Es sind Kameraden im besten Sinne, mal recht derb im Umgang und dann wieder sehr vertraut, wenn sie über ihre Sehnsüchte sprechen oder über die Heimat, die sie gerne wiedersehen wollen. Doch sie haben auch Angst und überlegen zu fliehen, was vielleicht nicht in das Bild des Helden passt, sie aber für den Zuschauer bis heute sehr viel menschlicher und vertrauter erscheinen lässt.

„Wir sind alle im Unglück.“

Oft wird Pabsts Ansatz als realistisch betrachtet, wobei er sich formal wie auch erzählerisch durchaus von dieser Herangehensweise entfernt. Insbesondere bezogen auf den von Gustav Diesel gespielten Karl geht es nicht nur darum, den Krieg wirklichkeitsgetreu abzubilden, sondern vielmehr zu zeigen, wie dieser Menschen prägen und in den Wahnsinn treiben kann. Im Falle von Karl gibt es, wie man bei seinem Heimaturlaub feststellt, nicht nur die eine Front, sondern eine ebensolche daheim. „Wir sind alle im Unglück“ heißt es von seiner Mutter an einer bezeichnenden Stelle, was Karl zunächst nicht begreift, doch dessen Tragweite sich ihm mit der Zeit erschließt.

Jedoch ahnt der Zuschauer von Westfront 1918 bereits früh, wie dieser Satz gemeint ist, denn die Kriegserfahrung ist allumfassend. In diesem ersten Tonfilm des Regisseurs ist das Artilleriefeuer ohrenbetäubend laut, hört man die Rufe der Verwundeten, sieht man den ewigen Dreck des Schützengrabens und nicht zuletzt die Enge, die zu betonen scheint, dass es von hier kein Entkommen für diese Männer gibt. Trotz des heiteren Beginns wird Westfront 1918 zunehmend bedrohlich und hoffnungslos im Ton, wenn er das Chaos des Krieges beschreibt und darstellt.

Credits

OT: „Westfront 1918“
Land: Deutschland
Jahr: 1930
Regie: Georg Wilhelm Pabst
Drehbuch: Ladislaus Vajda, Peter Martin Lampel
Vorlage: Ernst Johannsen
Musik: Alexander Laszio
Kamera: Fritz Arno Wagner, Charles Métain
Besetzung: Fritz Kampers, Gustav Diesel, Hans-Joachim Möbis, Claus Clausen, Jackie Monnier, Hanna Hoessrich, Else Heller

Trailer

Filmfeste

Locarno 1966
Berlinale 1997

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„Westfront 1918“ ist ein sehr bedrückender Kriegsfilm, der das Trauma des Gefechts und dessen Wahnsinn seinem Zuschauer nahebringen will. G. W. Pabst beweist erneut sein Gespür für Charaktere, Orte und Stimmungen, zieht seinen Zuschauer mit hinein in den dunklen Sog des Konflikts und was dieser mit den Figuren anstellt.
8
von 10