Als die Deutschen 1939 in Polen einfallen und dieses innerhalb weniger Wochen komplett besetzen, löst dies eine Kettenreaktion aus. In kürzester Zeit befindet sich ganz Europa im Krieg, mit schwerwiegenden Folgen für die unterschiedlichsten Kreise. Während der in Warschau stationierte britische Übersetzer Harry (Jonah Hauer-King) versucht, seine polnische Geliebte Kasia (Zofia Wichlacz) aus dem Land zu schmuggeln, wartet seine Freundin Lois Bennett (Julia Brown) auf seine Rückkehr. Deren älterer Bruder Tom (Ewan Mitchell) wiederum schließt sich der Armee an, obwohl sein Vater Douglas (Sean Bean) überzeugter Pazifist ist. Die US-Kriegsreporterin Nancy (Helen Hunt) versucht unterdessen von Berlin aus von den Ereignissen zu berichten, wird dabei aber regelmäßig von Schmidt (Max Riemelt) in die Schranken verwiesen. Ihr homosexueller Neffe Webster O’Connor (Brian J. Smith) arbeitet zeitgleich in Paris, beginnt sich aber zunehmend Sorgen zu machen, dass ihm oder seinem Partner, Jazz-Saxophonist Albert Fallou (Parker Sawyers), etwas zustoßen könnte …
Der Krieg fernab von Helden
An Geschichten rund um den Zweiten Weltkrieg mangelt es bekanntlich nicht gerade. Auch mehr als 75 Jahre nach dessen Ende werden immer noch zahlreiche Filme produziert, weltweit sogar, die an diese sechs Jahre erinnern, die einen so starken Einschnitt in der Historie der Menschheit markierten. Entsprechend darf man sich bei jedem neuen Film, jeder neuen Serie fragen: Braucht es das jetzt? Ist da wirklich noch etwas zu erzählen, was nicht schon in den Hunderten, Tausenden vorangegangener Werke thematisiert wurde? Vor allem bei den vielen nationalistisch gefärbten Heldengeschichten darf das zumindest in Zweifel gezogen werden. Deren Zweck besteht dann doch eher darin, vom eigenen Pathos ergriffen zu sein.
Helden gibt es in World on Fire kaum. Auch mit Pathos hatte es der Brite Peter Bowker nicht so, als er die Drehbücher für die sieben Folgen schrieb. Stattdessen schwebte ihm vor, eine Art Panorama des Krieges zu erschaffen, ohne sich dabei auf den Krieg als solchen zu konzentrieren. Zwar gibt es auch hier Soldaten und kommt es zwischendurch mal zu Kämpfen. Doch das ist ebenso wie der Holocaust nur ein Aspekt unter vielen. Die vielen Figuren, die in der Serie auftauchen, kämpfen in dem Krieg, sind Opfer hiervon, berichten darüber oder sind anderweitig davon betroffen. Selbst Ärzte und Musiker sind Teil des Geschehens, obwohl sie eigentlich nichts damit zu tun haben.
Einzelgeschichten in ganz Europa
Das ist eben der Verdienst von World on Fire: Die Serie zeigt eine Welt auf, die vielleicht nicht komplett in Flammen steht, zumindest noch nicht, auf die sich das Feuer aber aus verschiedenen Richtungen zubewegt. Die einzelnen Handlungsstränge haben deshalb auch nicht direkt miteinander zu tun. Überschneidungen gibt es jedoch durchaus, sei es durch Verwandtschaftsverhältnisse oder zufällige Begegnungen. Das ist im Einzelnen sicher nicht ganz glaubwürdig. Es führt zudem dazu, dass dieses Gefühl, in ganz Europa unterwegs zu sein, nicht ganz die Kraft entwickelt, wie möglich gewesen wäre. Dafür sind sich die Einzelgeschichten am Ende zu nah. Man kommt irgendwie nicht sehr weit.
Vielleicht hatten die Verantwortlichen Angst davor, das Publikum eventuell vollends zu überfordern, wenn es keine Querverbindungen gibt. Tatsächlich ist es auch so eine kleine Herausforderung, erst einmal den Überblick zu bekommen, was hier los ist, wer mit wem zusammenhängt und warum wer wo ist. Engländer, Franzosen, Amerikaner, Polen und Deutsche laufen umher, viele davon in fremden Ländern. Allein die Liste der Hauptdarsteller und Hauptdarstellerinnen umfasst zwanzig Namen. Und auch wenn manche davon schon prominenter platziert sind, Harry ist eine der wichtigere Figuren: World on Fire ist ein Ensemblewerk, das bewusst auf einen Mittelpunkt verzichtet und stattdessen lieber in die Breite geht.
In Kombination spannend
Dass das dann nicht in die Tiefe geht, wohl gar nicht in die Tiefe gehen kann, liegt damit auf der Hand. Es ist nicht einmal so, dass die einzelnen Geschichten so wahnsinnig spannend wären. Da wurde zum Teil schon mit Klischees und Gemeinplätzen gearbeitet. In Kombination funktioniert das hingegen gut. World on Fire gelingt es durch das zunächst so willkürlich angelegte Mosaik eine Welt im Chaos zu zeigen, in der an allen Ecken und Enden etwas passiert. Das steigert die Neugierde, wie es weiter geht und wer von den diversen bedrohten Figuren übersteht, die wir nach und nach näher kennenlernen. Da die Besetzung zudem talentiert, teils auch prominent ist, lohnt sich die Serie trotz der Vorbehalte durchaus. Selten gelang es Werken zum Zweiten Weltkrieg derart gut aufzuzeigen, wie das Leben der einfachen Bevölkerung in ganz Europa in den Abgrund hineingezogen wurde, zum Teil ohne genau zu verstehen, was da gerade geschieht.
OT: „World on Fire“
Land: UK
Jahr: 2019
Regie: Adam Smith, Thomas Napper, Andy Wilson, Chanya Button
Drehbuch: Peter Bowker
Musik: Dan Jones
Kamera: Søren Bay
Besetzung: Sean Bean, Julia Brown, Yrsa Daley-Ward, Arthur Darvill, Blake Harrison, Jonah Hauer-King, Helen Hunt, Patrick Kennedy, Lesley Manville, Ewan Mitchell, Parker Sawyers, Brian J. Smith, Zofia Wichłacz, Charlie Creed-Miles, Tomasz Kot, Agata Kulesza, Victoria Mayer, Max Riemelt, Mateusz Więcławek, Johannes Zeiler
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