
Nach einem schweren Unfall ist für Isaac (Jonathan French) nichts mehr so, wie es war. Weder gelingt es ihm, einen Job für längere Zeit zu halten oder sich ein normales Leben aufzubauen, noch schafft er es überhaupt, sich an die Umstände zu erinnern, die zu dem Unfall geführt haben. Nur in seinen Träumen sieht er Bruchstücke, die vielleicht eine Antwort geben könnten. Doch bisher hat er es nicht geschafft, diese zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzufügen, weshalb er an Depressionen leidet. Sein bester Freund Barret (Ben Caplan) will Isaac eine Chance auf einen Neuanfang geben und bietet ihm an, in seiner Abwesenheit auf seine Nichts Olga (Leila Sykes) aufzupassen). Seit vielen Jahren hat sich die junge Frau immer mehr zurückgezogen, verlässt kaum noch ihr Zimmer und spricht, außer mit ihrem Onkel, mit niemandem mehr als ein paar Worte. Isaac findet jedoch heraus, dass noch viel mehr ungewöhnlich ist an seinem neuen Job, denn Olgas Haus ist auf einer isolierten, kleinen Insel in einem größtenteils baufälligen Haus. Zudem muss er eine Kette tragen, die ihm zwar erlaubt, sich im Haus zu bewegen, aber nicht Olgas Zimmer zu betreten, geschweige denn das Grundstück zu verlassen.
Trotz der mehr als seltsamen Begleitumstände nimmt Isaac schließlich den Job an. Da sich Olga, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in ihrem Zimmer aufhält und scheinbar Angst vor ihrem neuen Aufpasser zu haben scheint, ist Isaacs Aufgabe recht einfach. Jedoch beschleicht ihn immer mehr das Gefühl, dass er und Olga nicht die einzigen Bewohner des Hauses sind, fühlt er sich doch immer wieder beobachtet oder meint, jemand würde an der Kette, die bis in den Keller hineinreicht, ziehen.
Ein geheimnisvolles Kammerspiel
Mit Caveat, der im Rahmen den Fantasy Filmfest Nights XL 2021 gezeigt wird, legt der Ire Damian McCarthy sein Spielfilmdebüt vor. Ein Stilmittel, welches den besonderen Reiz seines bisherigen Schaffens ausmacht, ist die Kombination von Genreelementen mit ironischen oder bisweilen gar absurden Situationen, in denen sich die Figuren wiederfinden. In Caveat legt McCarthy von Beginn an eine solche Situation fest, die nicht nur immer bizarrer und unheimlicher wird, sondern sich mit der Zeit zu einem Strudel von Gewalt und Schrecken entwickelt.
Da die Handlung von Caveat sich größtenteils in dem bereits erwähnten Haus abspielt, ist McCarthys Film vor allem als Kammerspiel zu verstehen. Die baufällige Substanz des Hauses und die vielen dunklen Ecken, eingefangen von Keiran Fitzgeralds Kamera, etablieren gleich zu Anfang eine gewisse Anspannung sowie eine Ahnung, dass hier nichts so ist, wie es scheint. Darüber hinaus scheint McCarthy diese Situation wie auch den Handlungsort als eine Metapher für die Vergangenheit der beiden Hauptfiguren zu sehen, bei der vieles im Verborgenen liegt, wobei er offen lässt, ob dies aufgrund einer Amnesie ist oder als Folge eines psychologischen Unterdrückungsmechanismus. McCarthy lässt sich viel Zeit, um eben diese Atmosphäre zu definieren, die Situation seiner Figuren zu erforschen und seinem Zuschauer die absurde Situation Isaacs näherzubringen, was Caveat zu einem sehr stimmungsvollen Mix aus Horror und Thriller macht.
Das poröse Fundament der Erinnerung
Generell dürfte es sinnvoll sein, alles in Caveat als eine Art symbolischen Akt zu begreifen. Neben der Architektur des Hauses als Repräsentation der Vergangenheit oder Erinnerung der Figuren, ist es dann auch der Gang in den Keller, der Antworten liefern kann, aber auch den eigentlichen Horror zum Vorschein bringt. Die Kette, welche vormals als lästiges Anhängsel gesehen wurde, bekommt immer mehr die Funktion eines Schutzes, eben jenes Mechanismus, der die Sicht auf die Vergangenheit versperren soll. Dies sind nur einige Beispiele für die psychologische Tiefe, welche McCarthy seiner Handlung wie auch seinen Figuren gibt, auch wenn die Wahl dieser Momente bisweilen etwas umständlich wirkt.
Abgesehen von den inszenatorischen Aspekten stechen besonders die Darsteller in Caveat hervor, allen voran Jonathan French. Nicht nur aufgrund des Erscheinungsbildes seiner Figur, sondern auch aufgrund seiner Darstellung zeigt er den Kampf eines Mannes um seinen Verstand, den er immer mehr zu verlieren scheint. Speziell in einem Film, der viele Absurditäten aneinanderreiht, gibt unter anderem seine Darstellung der Handlung eine gewisse Erdung.
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