Einfach nur mal eine Nacht durchschlafen, mehr verlangt Sarah (Julia Sarah Stone) ja gar nicht. Doch dieser Wunsch will einfach nicht in Erfüllung gehen, immer wieder leidet sie unter fürchterlichen Alpträumen. Da kommt ihr das Angebot, an einer Schlafstudie teilzunehmen, mehr als recht. Vielleicht gelingt es ihr ja unter Aufsicht, endlich wieder ganz normal zu schlafen. Dieser anfänglichen Begeisterung folgen aber bald Zweifel, was genau sie bei dieser Studie da eigentlich treiben. Und es folgt auch Angst: Immer wieder hat sie eigenartige Visionen, die sie nicht ganz zuordnen kann. Außerdem wäre da noch Jeremy (Landon Liboiron), der ihr zu folgen scheint und mehr über die ganze Geschichte weiß, als er zugeben will …
Der Horror aus dem Schlaflabor
Nachdem er schon in mehreren Kurzfilmen sein Faible für düstere Geschichten aufgezeigt hatte, lieferte Anthony Scott Burns 2018 mit Our House seinen ersten größeren Film ab. Es war ein ordentliches Werk, das auf mehreren Festivals lief und Familiendrama mit übernatürlichem Horror verband. Ein bisschen haperte das an der Geschichte. Atmosphärisch war das Debüt aber schon gelungen, weshalb man ein bisschen neugierig sein durfte, was der Kanadier wohl als nächstes anstellen würde. 2020 war es dann endlich so weit, Strange Dreams schickte sich an, erneut dem Publikum diverse Alpträume zu bereiten. Nur dieses Mal nahm Burns das ziemlich wörtlich, wenn er seine schlafende Protagonistin durch furchteinflößende Szenerien schickt.
Dass der Schlaf nicht immer seiner Funktion als Erholung nachkommt, sondern mit Gefahren einhergehen kann, das hat uns das Horrorgenre im Laufe der Geschichte viele Male vor Augen geführt. Nicht nur, dass wir in diesem Zustand möglichen Monstern wehrlos ausgeliefert sind. Selbst in unseren Träumen sind wir nie ganz sicher. Das bekannteste Beispiel hierfür ist mit Sicherheit A Nightmare on Elm Street, neben Freitag der 13. und Halloween eines der Aushängeschilder des Slasher-Subgenres. In neun Filmen schlitzte sich bislang Freddy Krüger durch die Träume nichtsahnender Teenager. Eine aktuellere Variante ist der russische Genrebeitrag Quiet Comes the Dawn, in dem ebenfalls eine von Alpträumen geplagte junge Frau an einer Schlafstudie teilnimmt.
Gefangen in einer unheimlichen Atmosphäre
Eine tatsächlich neue Geschichte hat Strange Dreams deshalb nicht zu erzählen. Genauer hat Burns, der zusammen mit Daniel Weissenberger auch das Drehbuch geschrieben hat, gar kein Interesse an einer nennenswerten Geschichte. Vielmehr ist der Horrorfilm, der hierzulande im Rahmen der Fantasy Filmfest Nights XL 2021 seine Premiere feiert, ein Musterbeispiel dafür, dass es manchmal nur die passende Atmosphäre braucht. Denn diese ist hier ohne Zweifel gelungen, wenn wir mit Sarah immer wieder in alptraumhafte Szenerien hinabsteigen. Dabei ist nicht immer ganz klar, was davon denn nun real ist, was ein Hirngespinst. Viele Horrorgeschichten arbeiten natürlich mit dieser Ungewissheit, wenn die Grenze zwischen Realität und Fantasie verschwimmt. Selten wurde das aber so konsequent wie hier umgesetzt.
Teilweise erinnert die surreale Stimmung dabei an die Videospieladaption Silent Hill. Während Letztere aber mit actionreicheren Momenten um die Gunst des Publikums warb, da bleibt die Gefahr hier meistens undeutlich. Ist mehr eine Ahnung, dass da draußen etwas Unheimliches vor sich geht – oder in einem drinnen. Dass sich Burns da so wenig in die Karten schauen lässt, wird sicher nicht allen gefallen. Gerade ungeduldigere Naturen droht bald Frust, wenn der Film so wenig konkret ist. Am Ende werden sich ohnehin die Geister scheiden. Da hat es sich der Regisseur schon ein wenig einfach gemacht, um sich aus der Affäre zu ziehen. Er liefert eine Erklärung, die nur zum Teil eine ist, noch dazu keine besonders originelle.
Hypnotisch und düster
Doch dafür ist diese eben sehr kunstvoll umgesetzt. Unterlegt mit einem hypnotischen Synthiesound und düster-diffusen Bildern lässt uns Strange Dreams selbst Teil dieser Traumwelt werden. Die Geschichte entwickelt sich weniger durch die Handlung fort, sondern als assoziative Alptraumkette, in der man sich umso mehr verheddert, je mehr man sich aus ihr befreien will. Da lösen Fotos Beklemmung aus, auf denen nichts zu erkennen ist, Tunnel und Straßen lassen uns immer weiter laufen, ohne dabei jemals irgendwo anzukommen. Wer sich damit abfinden kann, dass uns Burns mehr aus Prinzip als zielgerichtet durch die Schatten irren lässt, der sollte diesen kleinen Geheimtipp nicht aus den Augen verlieren. Denn wer weiß schon, was er dann wieder für ein Unheil anrichtet.
OT: „Come True“
Land: Kanada
Jahr: 2020
Regie: Anthony Scott Burns
Drehbuch: Anthony Scott Burns, Daniel Weissenberger
Musik: Electric Youth, Pilotpriest
Kamera: Anthony Scott Burns
Besetzung: Julia Sarah Stone, Landon Liboiron, Tedra Rogers, Chantal Perron, Carlee Ryski
Fantasia Film Festival 2020
SLASH Filmfestival 2020
Sitges 202
Fantasy Filmfest Nights XL 2021
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