Der Schock ist groß bei Dora Saint-Cast (Alice Taglioni) und Iradj Mozafari (Babak Hamidian), als sie unabhängig voneinander beim Altersheim vorbeischauen, um ihre jeweiligen Eltern zu besuchen. Denn dort müssen sie erfahren, dass sich Doras Mutter Alix (Hélène Vincent) in Iradjs Vater Farhad (Nasser Memarzia) verliebt hat. Das kommt nicht nur deshalb wie aus dem Nichts, weil die zwei an Alzheimer leiden und selbst beim Erkennen ihrer Kinder Probleme haben. Alix ist zudem eigentlich mit Octave (Bernard Verley) verheiratet, mit dem sie eben dieses Wochenende Goldene Hochzeit feiern wollten. Da sich die beiden Turteltauben nicht trennen lassen, heißt es, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Farhad, Iradj und dessen Tochter einfach mit zur Hochzeit zu nehmen. Und das ist nicht das einzige, das an dem Wochenende für Chaos sorgen wird …
Die Familie, das dankbare Chaos
Familienfeste können eine richtig schöne Erfahrung sein, wenn Leute, die sich oftmals über einen längeren Zeitraum nicht mehr gesehen haben, von überall her zusammenkommen und gemeinsam feiern. Sie können aber auch in einem heillosen Durcheinander enden, bei dem nichts so klappt, wie es sollte. Das haben sich Filmschaffende von jeher zunutze gemacht, um daraus Geschichten zu machen. Die können mal sehr düster sein wie in dem fordernden Drama Das Fest. Besonders aber Komödien sind dazu geeignet, um aus dem wilden Haufen Kapital zu schlagen. Titel wie Das Leben ist ein Fest oder Zuhause ist es am Schönsten brachten Figuren mit, die oft etwas schräg sind, irgendwie am Leben scheitern oder Geheimnisse mit sich herumschleppen, von denen niemand etwas wissen darf.
Das ist bei Goldene Hochzeit mit Handicap nicht anders. Wobei der französische Regisseur und Co-Autor Nader T. Homayoun nicht lange fackelt, bis er die ersten Stolpersteine vor die Füße wirft. Schon die Ausgangssituation, dass eine der beiden Hauptpersonen einer solchen Feier – immerhin die seit 50 Jahren verheiratete Braut – sich weder an die Feierlichkeit noch ihren Ehemann erinnern kann, das ist schon richtig fies. Dass sie mit einem anderen Mann an ihrer Seite auftaucht, ist ebenfalls keine besonders gute Voraussetzung für Harmonie. Dass sich Octave in dieser Situation verraten fühlt, ist da mehr als verständlich. Ebenso wenn er versucht seine entschwundene Frau wieder für sich zu gewinnen.
Thematisch alles und nichts
Alleine aus dieser verfahrenen Situation hätte sich schon einiges machen lassen. Homayoun reichte das aber nicht, weshalb er die Geschichte immer weiter überdreht. So handelt Goldene Hochzeit mit Handicap nicht allein vom Liebesdreieck, das sich nicht als solches wahrnimmt. Dora und Iradj müssen als eigentliche Hauptpersonen natürlich auch einiges durchmachen. Und dann sind da noch zahlreiche Nebenfiguren, welche unter anderem heimliche Liebhaber, Agenten und einen Präsidenten enthalten, der in eine brenzlige Situation gerät. Mit Romantik hat das dann natürlich nur noch wenig zu tun. Mit der Frage, wie sich eine kaputte Familie neu zusammensetzen kann, ebenso wenig.
Dass das Thema Alzheimer dabei derart unter die Räder gerät und letztendlich nur als Mittel zum Zweck Verwendung findet, ist dabei sicherlich nicht ganz geschmackvoll. Es wird bei Goldene Hochzeit mit Handicap letztendlich auch nie klar, was der Film eigentlich beabsichtigt, dafür wurde da zu wild irgendwas zusammengerührt. Wobei auch das nicht ganz ohne Reiz ist. Anders als so viele dieser Art Komödien weiß man bei diesem französischen Beitrag nie, was als nächstes geschehen wird. Zudem wird der Film nie so schrill, wie man es bei diesem gesteigerten Blödsinn erwarten könnte. Homayoun vermied es auch, auf billigen Culture Clash zurückzugreifen, wenn eine französische und eine iranische Familie notgedrungen gemeinsame Sache machen. Es gibt stattdessen ein paar schöne Szenen des Austauschs und der Annäherung, aber natürlich auch der Selbstzweifel und einer neuen Selbstsuche, wenn nach dem Wochenende alles ein bisschen anders geworden ist.
OT: „Noces d’Or“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Nader T. Homayoun
Drehbuch: Nader T. Homayoun, Negar Djavadi
Musik: Christophe Julien
Kamera: Stéphan Massis
Besetzung: Alice Taglioni, Babak Hamidian, Hélène Vincent, Bernard Verley, Nasser Memarzia, Christa Theret, Stanley Weber, Lior Chabbat, Timon Capps, Sara Soulié
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