Mein Freund Poly
© capelight pictures

Mein Freund Poly

Inhalt / Kritik

Mein Freund Poly
„Mein Freund Poly“ // Deutschland-Start: 17. Juni 2021 (Kino) // 29. Oktober 2021 (DVD/Blu-ray)

Als die zehnjährige Cécile (Elisa de Lambert) mit ihrer Mutter Louise (Julie Gayet) ins südfranzösische Beaucastel bei den Cevennen zieht, hat sie es nicht ganz leicht. Sie kennt niemanden, findet zunächst auch nur schwer Anschluss. Umso größer ist die Begeisterung, als der Zirkus in die Stadt kommt. Doch diese Begeisterung weicht schnell Entsetzen, als sie mitansehen muss, wie der Zirkusdirektor Brancalou (Patrick Timsit) das Pony Poly quält. Für die tierliebende Cécile steht fest, dass sie dem nicht tatenlos zusehen kann. Und so beschließt sie, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Poly zu befreien. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Schließlich setzt Brancalou alles daran, sein Zugpferd wieder zurückzubekommen und drängt die Polizei dazu, das Tier zu finden und den Schuldigen zu bestrafen. Cécile hingegen freut sich, endlich einen Freund gefunden zu haben, und findet hierbei bald Unterstützung in der Dorfjugend …

Ein bewährtes Erfolgsrezept

Die Spezialität von Nicolas Vanier sind eindeutig Kinder und Tiere. Zumindest legt ein Blick auf die Filmografie des französischen Regisseurs nahe, dass er da für sich eine Nische entdeckt hat, in der er sich wohlfühlt. Sein bekanntester Film dürfte dabei sicherlich Belle & Sebastian sein, der 2013 von der Freundschaft zwischen einem Jungen und einer wild lebenden Hündin erzählte und zwei Fortsetzungen nach sich zog. Der Junge und die Wildgänse zeigte in fiktionalisierter Form, wie jungen Gänsen ein sicherer Luftweg durch Europa vorgeflogen wird. In Mein Freund Poly ist es nun ein Pony, das der jungen Protagonistin einen Weg durch das nicht immer leichte Leben eines Kindes weist.

Neu ist die Geschichte nicht. Cécile Aubry, auf die auch schon die Vorlage zu Belle & Sebastian stammte, hatte bereits 1961 eine Fernsehserie rund um Poly konzipiert und inszeniert. Später folgten eine ganze Reihe von Romanen. Mein Freund Poly hat dann auch eine doch recht betont nostalgische Note. Wenn wir hier durch eine nahezu unberührte Natur laufen, die geradezu unwirklich grün ist, Technologien der Gegenwart fremde Zukunftsmusik sind und am Ende (fast) alle irgendwie zusammenfinden, dann ist das schon eine recht deutliche Sehnsucht nach verlorenen Zeiten. Hier darf man noch von einer idealen Welt träumen, in der Mensch und Natur in Einklang leben.

Für einen respektvollen Umgang mit der Natur

Das ist bei Vanier natürlich nichts Neues. Auch außerhalb seiner Filme setzt sich der Regisseur und Co-Autor seit Jahren für einen respektvollen Umgang mit der Natur und Nachhaltigkeit ein. Bei Der Junge und die Wildgänse gelang ihm dies aber noch auf eine natürlichere Weise, wenn er ein Stadtkind nach und nach den Zauber der Tiere entdecken lässt. Cécile hingegen ist von Anfang an Feuer und Flamme, zeigt dabei auch früh deutlich missionarische Züge. Wenn sie sich wiederholt gegen jede Form von Fleischkonsum ausspricht, dann ist das schon recht aufdringlich und zudem nicht so wirklich harmonisch ins Geschehen eingefügt. Da war der Wille zur Botschaft beim Franzosen dann doch etwas zu groß. Er findet kein Mittel, diese mit dem Abenteuer zu verbinden.

Auch an anderen Stellen zeigt sich Mein Freund Poly ein wenig holprig. Die Annäherung von Céciles Mutter Louise und Victor scheint auch nur deshalb im Film zu sein, damit man mit dessen Schauspieler François Cluzet (Ziemlich beste Freunde) groß werben kann. Denn auch wenn seine Nennung an erster Stelle auf dem Poster das suggeriert: Die Rolle ist recht klein und nicht übermäßig wichtig. Dafür gibt es andere gute Gründe, sich das hier anschauen zu wollen. Da wären zum einen die Bilder, die trotz ihrer verklärenden Anmutung wirklich sehr schön geworden sind. Selbst wer sich nicht zu den großen Umwelt- und Tierschützern zählt, wird sich kaum dem Zauber der Landschaftsaufnahmen entziehen können, die den Wunsch wachkitzeln, selbst in die Gegend zu fahren.

Rührendes Abenteuer für Kinder

Außerdem ist es natürlich rührend, wie sich Cécile mit der Zeit immer wohler fühlt, aus der Außenseiterin eine Anführerin wird. Schade ist in der Hinsicht etwas, dass die anderen Kinder, die sich ihr anschließen, kaum Raum zur Entfaltung bekommen. Das Wir-Gefühl, welches Vanier anstrebt, bleibt auf diese Weise zu sehr Behauptung. Dafür bringt Elisa de Lambert, die hier ihr Filmdebüt gibt, die notwendige Ausstrahlung mit, um in dem Abenteuer bestehen zu können. Tatsächlich spannend wird Letzteres dabei nicht. Mein Freund Poly vermittelt der jungen Zielgruppe weniger Nervenkitzel, sondern will diese dazu ermuntern rauszugehen, die Welt zu entdecken, die Schönheit des Lebens zu erfahren. Und zumindest in der Hinsicht ist der Film auch ein Erfolg: Er zeigt den Zauber der Kindheit, des gemeinsamen Erlebens einer Welt, die groß und aufregend ist. Die einem selbst gehört und doch mit allen geteilt werden sollte.

Credits

OT: „Poly“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Nicolas Vanier
Drehbuch: Jérôme Tonnerre, Maxime Giffard, Nicolas Vanier
Vorlage: Cécile Aubry
Musik: Éric Neveux
Kamera: Christophe Graillot
Besetzung: Elisa de Lambert, Julie Gayet, Patrick Timsit, François Cluzet, Orian Castano, Yohann Drouin

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Mein Freund Poly“ befreit ein Mädchen ein misshandeltes Zirkuspony und schließt mit diesem Freundschaft. Die Neuauflage der Kindergeschichte ist stark nostalgisch geprägt und an manchen Stellen ein wenig holprig. Doch die natürlich auftretende Hauptdarstellerin und die schönen Bilder, verbunden mit einem Abenteuergefühl, machen den Film für die junge Zielgruppe sehenswert.
6
von 10