Als eines Tages Johanna Schrödinger (Ilse Neubauer) bei der Polizei auftaucht, um ihre verschwundene Katze zu melden, soll die zunächst fortgeschickt werden. Doch Oberkommissarin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) hat Mitleid mit der betagten, etwas verwirrten Dame. Und so beschließt sie, ihr zur Seite zu stehen, ihr zuzuhören, fährt sie zudem nach Hause, nachdem sie ihre Tasche daheim hat liegen lassen. Karin (Lilly Forgach) und Michael Meyer (Ferdinand Dörfler) sind angesichts von so viel Eigeninitiative weniger erfreut. Schließlich plant das Ehepaar, die Seniorin finanziell richtig schön auszunehmen. Da stört die Polizei nur. Und auch Vicky Neumann (Luna Jordan) hat vor, Schrödinger zu schröpfen und die Situation der entlaufenen Katze für sich zu nutzen – wofür sie selbst aber bald einen hohen Preis zahlen muss …
Die Suche nach dem Konzept
Die letzten Male zeigte der ursprünglich in der DDR konzipierte Polizeiruf 110, dass er dem westdeutschen Vorzeigekrimi Tatort nicht nur ebenbürtig ist, sondern diesen teilweise eindeutig übertrifft. Sabine war der furios gespielte Amoklauf einer Unterdrückten, die sich gegen eine kapitalistisch-patriarchische Gesellschaft auflehnt. An der Saale hellem Strand wurde zu einem melancholischen Kaleidoskop der Abgehängten und Vergessenen, die ein Schattendasein fristen. Da durfte man natürlich gespannt sein, ob Frau Schrödingers Katze dieses hohe Niveau halten würde, der letzte große Sonntagabendkrimi, bevor es in die zweimonatige Sommerpause 2021 geht.
Antwort: Nein, tut er nicht. Dabei ist es nicht so, dass der 392. Teil der ARD-Krimireihe keine Ambitionen hätte. Die hat er durchaus. Aber viel wollen heißt nicht automatisch viel können. Dass es hier keinen wirklichen Kriminalfall zu lösen gibt, ist dabei das geringere Problem. So etwas lässt sich ausgleichen, wenn die Geschichte entweder viel über Gesellschaft und Figuren zu erzählen hat. Alternativ reicht es, wenn der Film einfach Spaß macht. Bei Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze ist aber weder das eine, noch das andere der Fall. Vielmehr darf man sich 90 Minuten später fragen, was genau eigentlich das Konzept des Films hätte sein sollen – und ob es ein solches Konzept überhaupt gab.
Mehr gewollt als gekonnt
Der Titel selbst spielt natürlich auf das berühmte Gedankenexperiment zur Quantenmechanik an, laut dem eine Katze gleichzeitig tot und lebendig ist, bis jemand nachschaut. Dieses Experiment wird in Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze dann auch pflichtbewusst erwähnt, nur für den Fall, dass Teile des Publikums dieses nicht kennen sollten. Tatsächlich relevant ist da Paradoxon aber nicht. Vielmehr wird umständlich eine Kausalitätskette aufgebaut, wenn die Absicht von Eyckhoff, der alten Dame zu helfen, unvorhergesehene Folgen hat. Daraus hätte man, konsequent angewendet, sicherlich etwas machen können. Das meiste von dem, was in dem Film geschieht, wäre aber so oder so geschehen, auch ohne die Polizistin. Da hat das Drehbuch aus der Überlegung einfach zu wenig gemacht.
Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze fällt deshalb auch primär dadurch auf, dass hier vieles willkürlich und umständlich angeordnet ist. Vor allem die Dialoge zwischen Eyckhoff und dem von Camill Jammal gespielten Love Interest Adam Millner sind so fernab normalen menschlichen Handelns, dass man sich fragen darf: War das jetzt witzig gemeint? Da zudem nie wirklich Spannung aufkommt, kann man sich hier allenfalls daran erfreuen, dass der Film offensichtlich großen Wert darauf legt, möglichst widerwärtige Figuren vorzuführen. Die besten Momente sind dann noch die, wenn die sich einen Wettbewerb liefern, wer denn beim moralischen Limbo am weitesten nach unten kommt. Im Rahmen einer schwarzen Komödie hätte das sogar unterhaltsam sein können. So aber bleibt ein Krimi, der irgendwie nichts wirklich auf die Reihe bekommt.
OT: „Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Oliver Haffner
Drehbuch: Clemens Maria Schönborn
Musik: Arash Safaian
Kamera: Kaspar Kaven
Besetzung: Verena Altenberger, Ilse Neubauer, Lilly Forgách, Ferdinand Dörfler, Stephan Zinner, Heinz-Josef Braun, Camill Jammal, Luna Jordan
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