Eigentlich hatte Alicia (Paula Silva) sich darauf gefreut, mit ihrem neuen Freund Bruno (Augusto Gordillo) in die Heimat zu fahren, um dort gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen. Doch als die beiden Tincho (Rafael Beltrán) und Tola (Luis Pazos) treffen, zwei alte Freunde von Alicia, nimmt das Unglück seinen Lauf. Von Anfang an hat der chronisch eifersüchtige Bruno wenig Lust darauf, dass die zwei anderen dabei sind, sieht er in ihnen doch potenzielle Konkurrenten. Der gemeinsame Ausflug an den See ist deshalb auch bald von Spannungen und gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Als Bruno kurze Zeit später Alicia dazu nötigt, vorzeitig wegzufahren und die beiden allein zurückzulassen, eskaliert die Situation endgültig …
Wenig Raum, große Anspannung
Um in einem Film richtig viel Spannung zu erzeugen, braucht es nicht zwangsläufig viel. Immer wieder stellen Kammerspielthriller unter Beweis, dass man sich hierfür nicht einmal von der Stelle bewegen muss. Meistens reicht es aus, ein paar wenige Figuren auf engem Raum zusammenzupferchen, um für Reibungen zu sorgen. Die dürfen sich dann steigern, bis sie irgendwann so richtig schön eskalieren. Welchen Schauplatz man konkret wählt, spielt dabei keine nennenswerte Rolle, das kann von einem Keller bis zu einer abgelegenen Hütte alles Mögliche sein. Hauptsache, man hat das Gefühl, von dort nicht wirklich weg zu können und den anderen ausgeliefert zu sein. Der Ärger kommt dann schon von allein.
Unsichtbare Bedrohung – In the Quarry nimmt dieses Prinzip, sorgt mit der Wahl des Schauplatzes aber für eine reizvolle Alternative. Denn wo die Kollegen dieses Gefühl des Eingesperrtseins gern durch enge Räume verstärken, da gibt es bei dem uruguayischen Genrebeitrag nicht einmal Wände: Nahezu der gesamte Film spielt an dem See eines Steinbruchs. Der wirkt eigentlich ziemlich einladend, zumal auch das Wetter mitspielt. Ein bisschen im Wasser plantschen bei einem strahlend blauen Himmel? Das nimmt man dann doch gerne mit. Aber schon der erste Sprung ins Wasser zeigt, dass das alles nicht so toll ist, wie es scheint. Eisenstangen, die direkt unter der Oberfläche auf ahnungslose Wagemutige warten, das kann schon sehr gefährlich werden.
Das Grauen unter der Oberfläche
Die Stangen sind dabei ein passendes, wenn auch nicht sonderlich subtiles Symbol für die vielen anderen Sachen, die in dem Film unter der Oberfläche lauern. Eigentlich spielt Unsichtbare Bedrohung – In the Quarry fast durchgängig mit bösen Vorahnungen. Der Ort scheint zu schön, um wahr zu sein – und ist es auch. Dabei geht die Gefahr gar nicht mal von den Stangen aus, ebenso wenig von den Schildkröten, die in dem See leben sollen. Vielmehr erinnern uns die Brüder Bernardo und Rafael Antonaccio, die gemeinsam Regie führten und das Drehbuch schrieben, daran, dass der Mensch keine fremden Monster braucht. Er bekommt das auch ohne Hilfe von außen ganz gut hin, sich und anderen das Leben zur Hölle zu machen.
Allerdings lassen sich die Antonaccios bei dem Vorhaben schon recht viel Zeit. Bis die ewig angeteaserten Eskalationen auch eintreten, ist der Film zu einem Großteil bereits vorbei. Natürlich darf ein Thriller auch schon mal etwas langsamer starten und mehr Wert auf die Atmosphäre und die Figuren legen, bevor die Handlung einsetzt. So richtig gelingt es bei Unsichtbare Bedrohung – In the Quarry aber nicht, diese Wartezeit wirklich sinnvoll zu nutzen. Da ist schon viel Leerlauf, der weder die Charakterisierung noch die Gruppendynamik nennenswert vorantreibt. Dass Bruno die beiden anderen Männer nicht ausstehen kann, weil sie eben Männer sind und seiner Freundin viel zu nahe stehen, das wird ziemlich schnell klar gemacht. Danach dreht sich das Ganze erst einmal ewig im Kreis, bis es in irgendeiner Form weitergeht.
Eine Begegnung zum Abgewöhnen
Schwierig ist in dem Zusammenhang auch, dass die Figuren durch die Bank weg so unsympathisch sind. Bei Bruno ist das natürlich Teil des Konzepts. Wobei der schon wieder so überzogen ist, dass nie klar wird, warum Alicia mit ihm zusammen sein will. Und auch wenn diese zwischen den Fronten steht und Opfer männlicher Unterdrückung ist: Eine Sympathieträgerin ist sie ebenfalls nicht. Sicher, das braucht es nicht zwangsläufig in einem solchen Film. Harpoon machte auch deshalb Spaß, weil sich da drei Leute, von denen einer nerviger ist als der andere, sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Bei Unsichtbare Bedrohung – In the Quarry hält sich das Interesse an dem Ausgang der Konflikte jedoch eher in Grenzen. Obwohl der Thriller viel mitbringt, was es für einen unterhaltsamen Abend braucht, am Ende wurde da nicht genug draus gemacht.
OT: „En el pozo“
Land: Uruguay
Jahr: 2019
Regie: Bernardo Antonaccio, Rafael Antonaccio
Drehbuch: Bernardo Antonaccio, Rafael Antonaccio
Musik: Hernán González
Kamera: Rafael Antonaccio
Besetzung: Paula Silva, Augusto Gordillo, Rafael Beltrán, Luis Pazos, Natalia Tarmezzano
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