Wonderful Paradise

Wonderful Paradise

Inhalt / Kritik

Wonderful Paradise
„Wonderful Paradise“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Von dem einstigen Vermögen der Sasayas ist heute nur noch eine vage Erinnerung geblieben sowie das viel zu große Haus mit seinen protzigen Imitationen antiker Staturen in der Einfahrt. Doch jetzt steht das Haus zum Verkauf und während Familienoberhaupt Shuji (Seiko Ito) damit beschäftigt ist, die noch verbleibenden Sachen in Umzugskartons zu packen, streiten sich seine Tochter Akane (Mayu Oawa) und sein Sohn Yuta (Soran Tamoto) lieber, anstatt zu helfen. Aus Trotz darüber, dass sie nun umziehen müssen, beschließt Akane noch ein letztes Mal eine richtig große Party im Haus zu feiern, doch leider achtet sie nicht darauf, dass ihr Tweet aus Versehen öffentlich ist und schon bald jede Menge Fremder vor ihrer Türe stehen. Neben einem schwulen Paar, das in ihrem Haus die richtige Örtlichkeit sieht, sich endlich das Jawort zu geben, steht zu allem Überfluss auch noch Shujis Ex Akiko (Kaho Minami) vor der Tür, der er in erster Linie die Schuld an der wirtschaftlichen Misere der Familie gibt. Viel Zeit sich zu streiten, haben die beiden nicht, denn die Gäste, zu denen sich bald schon ein Radprofi, Shujis ewig meckernde Schwester sowie einige von Akanes Freunden gesellen, werden so zahlreich, dass keiner der Sasayas den Überblick behalten kann.

Doch es sind nicht nur einfach Gäste, auch eine ganze Reihe von Händlern und Foodtrucks sind auf dem Garten des Anwesens anzutreffen, sodass die Party zu einem wahren Volksfest wird. Während sich Shuji mit seinen Gläubigern, einer Horde Yakuza, eine letzte Wette zur Begleichung seiner Schulden leistet, findet Yuta seine Bestimmung in einem Café, welches wie durch Magie seine Tore auf dem Anwesen geöffnet hat und eine seltsame, außerirdische Kaffeebohne beherbergt. Auch Akane mischt sich unter die Feiernden, legt eine Musicalnummer hin und begleitet eine Trauerzeremonie für einen scheinbar verstorbenen Mönch. Doch damit hat der Wahnsinn der Feier erst so richtig begonnen.

Das Chaos der Familie Sasaya

Der Wahnsinn hat Methode ist nicht nur eine an William Shakespeares Hamlet angelehnte Textzeile, sondern ein Satz, der als Motto stehen könnte für das filmische Werk des japanischen Regisseurs Masashi Yamamoto. Schon in seinem zweiten Film, dem Semi-Dokumentarfilm Yami no kanibaru setzte er sich mit der Punk-Szene seiner Heimat auseinander, deren Ideale und Ästhetik sich in vielen seiner Dokumentarfilme und Spielfilme wiederfinden lassen. Auch der 2020 entstandene Wonderful Paradise, der im Rahmen der diesjährigen Nippon Connection gezeigt wird, mag gewisse Verweise beinhalten auf diverse Konzepte aus dieser Richtung, erzählt aber gleichzeitig die Geschichte einer Familie, die sich während einer immer chaotischer werdenden Feier zu sich selbst findet.

Nichts ist so wie es scheint bei den Sasayas und die Fassade des Hauses, die man mit Stabilität und Zusammenhalt assoziiert, nur noch eine hohle Phrase, wie so vieles, was sich die einzelnen Familienmitglieder an den Kopf werfen. Yamamotos Inszenierung und das Drehbuch, welches er zusammen mit Suzuyuki Kaneko geschrieben hat, lassen wenig Zweifel an der desolaten emotionalen Lage dieser Familie, die eher wie eine Zusammenstellung von Einzelgängern anmutet, die eigentlich nur noch wenig miteinander gemein haben und versuchen so viel Distanz wie nur möglich zwischen sich und den anderen zu haben. Das Chaos, so will uns Yamamoto zeigen, hat hier schon längst Einzug erhalten und das tatsächliche, was im Verlauf der Party dann folgt, ist nur die Bestätigung eines Zustandes, in dem die Eltern wie auch ihre Kinder nur noch an sich denken, nicht aber an die Familie.

Die Drogen des Paradieses

Sobald die Party auf dem Anwesen so richtig im Gange ist, hebelt Yamamoto das bis dahin recht gediegene, vielleicht etwas träge Familiendrama aus zu einem bunten Mix verschiedener Einflüsse. Der von Seiko Ito gespielte Vater durchlebt eine Art Rachefantasie oder eher eine zweite Chance, die ihm nochmals deutlich macht, was ihn letztlich in die Misere gebracht hat, in der er und seine Familie sind, wohingegen der schüchterne Yuta eine Möglichkeit erhält, sich selbst und seinem Leben einen Sinn zu geben. Die überbordenden, von der Ästhetik an diverse Bollywood-Musicals erinnernden Fantasien Akanes wirken wie eine Art Nabelschau, eine Feier des eigenen Aufstandes gegen die Erwachsenen.

Die Filmmusik Otos sowie die abenteuerlichen Kameramanöver Shintaro Teramotos komplettieren den Eindruck einer Geschichte, die immer wieder zwischen Drama, Science-Fiction, Musical und sogar Horror changiert, und am Ende, dank einer gehörigen Dosis Marihuana, die aus Versehen verbrannt wird, sogar psychedelischen Züge erhält. Stellenweise ist die recht unterhaltsam und abwechslungsreich, aber auch sehr anstrengend anzuschauen.

Credits

OT: „Noten paradeisu“
Land: Japan
Jahr: 2020
Regie: Masashi Yamamoto
Drehbuch: Masashi Yamamoto, Suzuyuki Kaneko
Musik: Oto
Kamera: Shintaro Teramoto
Besetzung: Kaho Minami, Seiko Ito, Soran Tamoto, Miyu Ogawa, Akira Emoto

Bilder

Trailer

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„Wonderful Paradise“ ist eine wilde Mischung verschiedener Genres, wobei das Familiendrama wohl überwiegt. Masashi Yamamoto erzählt von einer desolaten Familie, deren Mitglieder sich immer weiter voneinander entfernen, und einer ausgelassenen, chaotischen, bunten Feier.
6
von 10