Der Wilde The Wild One
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Der Wilde

Inhalt / Kritik

Der Wilde The Wild One
„The Wild One“ // Deutschland-Start: 14. Januar 1955 (Kino) // 12. August 1999 (DVD)

Die Gemeinde Carbonville im US-Staat Kalifornien ist ein an sich verschlafenes Nest, in dem jeder jeden kennt und nicht viel passiert. Eines Tages jedoch fährt gleich eine ganze Horde Biker in die Stadt, nimmt sogleich die Hauptstraße sowie die angrenzende Bar in Beschlag und löst einen Unfall mit einem Anwohner aus, der erfolglos versucht, dem Ansturm der Motorräder auszuweichen. Der Black Rebel Motorcycle Club (B. R. M. C.), angeführt von Johnny Strabler (Marlon Brando), tourt schon seit einiger Zeit von Ort zu Ort, wo sie durch ihre Art mit den Bewohner anecken, wobei Carbonvile eine Ausnahme zu sein scheint. Nicht nur freut sich der Betreiber der Bar über den Umsatz, auch der Polizist, Harry Bleeker (Robert Keith), steht den Neuankömmlingen anders gegenüber und versucht bei dem Unfall eher zu schlichten, als die Biker gegen sich aufzubringen. Auch die Teenager der Gemeinde suchen die Gesellschaft von Johnny Gang, wobei der es vor allem auf die Tochter des Polizisten, Kathie (Mary Murphy), abgesehen hat, die seinen Flirtversuchen bislang ausweichen konnte.

Als wäre eine Bikertruppe nicht schon genug, treffen kurz nach dem B. R. M. C. die Beetles ein, angeführt von Chino (Lee Marvin), mit dem Johnny eine Hassliebe verbindet. Es dauert auch nicht lange und die beiden sind in eine Schlägerei verwickelt, bei der vieles im Ort zu Bruch geht, was die Bewohner nur noch mehr gegen die Biker aufbringt. Inzwischen ist vielen der Bürger klar, dass sie auf Bleekers Hilfe nicht setzen können, sodass sie das Gesetz in die eigenen Hände nehmen. Doch Johnny reagiert nicht auf die Zeichen, dass sich das Blatt im Ort zu seinen Ungunsten wendet.

„Wogegen rebelliert ihr denn?“

Der Wilde ist nicht nur jener Film, welche den Ruhm von Schauspieler Marlon Brando begründete, sondern zugleich, zusammen mit Werken wie Nicholas Rays …denn sie wissen nicht, was sie tun, in erster Linie die Jugend in den Blick nahm. Die Veröffentlichung des Filmes blieb daher auch nicht ganz ohne Kontroversen, so war Der Wilde in Großbritannien bis 1968 verboten, erst recht wegen der rebellischen Halbstarken-Pose, welche die Biker einnehmen. Heutzutage wirkt der Film des in Ungarn geborenen László Benedek wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, doch zugleich wie eine Metapher für eine Generation, die nicht so recht weiß, wohin mit ihrem Leben, aber immer nach vorne strebt.

Es ist interessant, dass gerade der Biker als ein Symbol für Rebellentum und das Anti-Establishment wurde, nicht zuletzt gerade wegen Filmen wie Der Wilde. Der von Marlon Brando gespielte Johnny ist dabei eine Mischung zwischen jenem Halbstarken, der sich von nichts und niemandem etwas gefallen lässt und seine Abneigung gegenüber Polizisten stolz vor sicher trägt, doch auf der anderen Seite eine sehr sensible Seite an sich hat, welche die von Mary Murphy gespielte Kathie Bleeker zum Vorschein bringt, was sie für Johnny sehr gefährlich macht. Gerade diese Dynamik, welche sich im Zusammenspiel der beiden Schauspieler zeigt, gibt Der Wilde eine gewisse Spannung.

Jedoch wird Johnny noch durch eine andere Charaktereigenschaft bestimmt, welche im Kontext der Jugendfilme der 1950er durchaus neu war. Wie die Figuren, die James Dean ansonsten spielte, umgibt ihn eine gewisse Müdigkeit, welche sich ein Jahrzehnt später in Filmen wie Dennis Hoppers Easy Rider noch zeigen sollte. Entgegen der vielfach geäußerten Meinung, dass Johnnys Antwort auf die Frage, wogegen sie eigentlich rebellieren würde, ein Zeichen des Trotzes sind, wirken sie viel eher wie ein Zeichen der Resignation und Erschöpfung. In Marlon Brandos traurigen Augen zeigt sich dies durch eine Mischung von Trauer und Resignation, weiß er doch noch nicht einmal mehr, warum er gewisse Dinge, wie das Stehlen einer für ihn wertlosen Trophäe, überhaupt macht. Das Rebellentum ist zu einer Pose geworden.

Die machtlose Generation

Generell wirkt Benedeks Film wie eine Art Vorbereiter jener Jugendbewegungen und ihrem Konflikt mit der Elterngeneration. Während der Grad an Eskalation in dem kleinen Ort immer mehr zunimmt, steigert sich die Wut der Erwachsenen in gleichem Maße wie die Ausschreitungen der Biker, die von harmlosen Streichen bis hin zu Sachbeschädigung reichen. Das Drehbuch, geschrieben von John Paxton und Ben Maddow, zeigt, wie sich dieser Konflikt immer mehr entfacht und schließlich entlädt in einem Pandämonium, was letztlich beide Ordnungen aufheben muss.

In Kombination mit der bereits erwähnten Rebellenpose erscheinen beide Generationen gleichermaßen machtlos und impotent zu sein. Die Leere regiert in beiden Lagern, ein spirituelles Vakuum, welches ihnen nicht erlaubt zusammenzukommen und in der leeren Geste zu verharren.

Credits

OT: „The Wild One“
Land: USA
Jahr: 1953
Regie: László Benedek
Drehbuch: John Paxton, Ben Maddow
Musik: Leith Stevens
Kamera: Hal Mohr
Besetzung: Marlon Brando, Mary Murphy, Robert Keith, Lee Marvin

Bilder

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"Der Wilde" ist eine interessante Mischung aus Jugenddrama und Kriminalfilm. Neben der schauspielerischen Leistung Marlon Brandos zeichnet László Benedeks Film aus, wie er den Konflikt der Generationen inszeniert als ein hoffnungsloses Verheddern in letztlich leeren Gesten und Posen.
8
von 10