Die Frau mit den 5 Elefanten
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Die Frau mit den 5 Elefanten

Inhalt / Kritik

Die Frau mit den 5 Elefanten
„Die Frau mit den 5 Elefanten“ // Deutschland-Start: 28. Januar 20210 (Kino) // 9. Juli 2021 (DVD)

Gemeinhin befassen wir uns mit Geschichten aus vielerlei Gründen, wobei ihre unterhaltende und ihre lehrende Funktion im Vordergrund stehen. Während sich die erste Funktion von selbst erklärt, ist die zweite durchaus erklärungsbedürftig, da sie auf mindestens zwei Ebenen zu verstehen ist. Zum Einen lehrt uns Literatur etwas über unsere Welt, beispielsweise Sachverhalte oder Personen mit anderen Augen zu sehen, oder etwas wie man mit Problemen umgeht, doch genau darüber lernt man ebenfalls etwas über sich selbst, was einen als Mensch weiterbringen kann. Das ist keinesfalls eine didaktische Deutung von Texten, literarischen wie faktualen, sondern lediglich eine Feststellung, die besonders diejenigen betrifft, welche sich von Berufs wegen her und aus Leidenschaft mit Texten befassen, also Autoren, Kritikern wie auch Übersetzern. So Literatur und Sprache die Schlüssel zu einer Kultur und damit einer Welt liefern, darf die Beschäftigung mit diesen wohl nicht ohne Folgen für einen selbst bleiben.

Innerhalb der russischen Literatur und Sprache trifft dies auf die Werke Fjodor Dotojewskijs in vollem Umfang zu. Abgesehen von ihrem Status im Kanon der Weltliteratur, befassen sie sich mit zentralen Themen der Gesellschaft und Politik der Heimat des Schriftstellers sowie mit der facettenreichen Geschichte dieser Nation. Zudem gelten seine fünf großen Romane – Verbrechen und Strafe, Der Idiot, Böse Geister und Die Brüder Karamasow – zu den essenziellen Werken der Moderne, thematisch wie stilistisch. Wegen ihres Umfangs und ihrer Bedeutung werden die fünf Romane auch die „fünf Elefanten“ genannt, was die Übersetzerin und Hochschullehrerin Swetlana Geier jedoch nicht abschreckte, sich an eine Neuübersetzung der Werke zu machen. Für seine Dokumentation Die Frau mit den 5 Elefanten, welche unter anderem auf dem Vienna International Film Festival sowie auf der DOK Leipzig 2009 lieft, begleitet Filmemacher Vadim Jendreyko die Übersetzerin bei ihrer Arbeit. Entstanden ist dabei das Porträt einer Frau, die aus der Sprache und der Literatur nicht nur Kraft schöpfte für ihr Leben, sondern zugleich einen Spiegel in dieser sah für unsere heutige Welt.

„Man übersetzt das nicht ungestraft.“

Im Fokus der Dokumentation steht freilich nicht alleine die Tätigkeit am Schreibtisch, denn darüber hinaus begleitet die Kamera Geier bei ihrer täglichen Routine, bei einer Reise in die Ukraine sowie bei Familientreffen. Die Gespräche mit der Frau, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre ukrainische Heimat verlassen musste und nach Deutschland kam, zeigen, wie sehr Sprache und Literatur in ihr Leben verwoben sind. Der Respekt und die Ehrfurcht, mit der Geier über die Sätze Dostojewskis spricht, ähnelt ihrer Anerkennung für die feine Webkunst einer Stofftischdecke, die sie von ihrer Mutter geerbt hat. Ausgehend von solchen Bildern ergibt sich die Struktur einer Dokumentation wie Die Frau mit den 5 Elefanten, welche diese Metapher der Verwobenheit von Biografie und Kunst, Vergangenheit und Gegenwart nicht nur nachvollziehen will, sondern zugleich dem Zuschauer näherbringt.

Darüber hinaus scheint der Filmemacher einen Satz Geiers zu vertreten, wenn sie beschreibt, dass jegliche geistige Tätigkeit einen Mensch besser machen kann oder nicht spurlos an einem vorübergeht. Trotz der familiären Krisen, welche die Kamera begleitet, steht über allem das Wort und die Sprache, mithilfe derer sich Geier nicht nur ausdrückt, sondern Gefühlen einen Weg ebnet. Als Lehrerin wie auch als Mensch zeigt sich der Wert dieser geistigen Tätigkeit, was Jendreykos Film eine gewisse kontemplative Note gibt.

Credits

OT: „Die Frau mit den 5 Elefanten“
Land: Deutschland, Schweiz
Jahr: 2009
Regie: Vadim Jendreyko
Drehbuch: Vadim Jendreyko
Musik: Daniel Almada, Martin Innaccone
Kamera: Niel Bolbrinker, Stéphane Kuthy

Bilder

Trailer

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„Die Frau mit den 5 Elefanten“ ist eine Dokumentation über die Verbindung von Kunst und Leben am Beispiel der großen Übersetzerin Swetlana Geier. Vadim Jendreyko zeigt anhand von Archivaufnahmen aus Geiers Leben, wie sie arbeitet, und durch lange Gespräche mit ihr, wie die Beschäftigung mit Sprache und Literatur ein ganzes Leben prägen kann.