East of Elephant Rock Die Tragödie am Elephant Rock
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Die Tragödie am Elephant Rock

Inhalt / Kritik

East of Elephant Rock Die Tragödie am Elephant Rock
„Die Tragödie am Elephant Rock“ // Deutschland-Start: 25. Juni 2021 (DVD)

Im Jahr 1948 ist die Lage in vielen britischen Kolonien Südostasiens angespannt und geprägt von einem wachsenden Verlangen der Bevölkerung gegen die Kolonialherren aufzubegehren. In eine dieser Kolonien verschlägt es den britischen Diplomaten Nash (John Hurt), der sehr viel Sympathie für die unterdrückte Bevölkerung hat und nicht viel für die Herrschaftsansprüche der britischen Plantagenbesitzer übrig hat. Trotz seines Ansehens bei den Arbeitern kann er nur wenig gegen die Ausbeutung tun, außer minutiös Bericht darüber führen, was er sieht und hört, und schließlich jeden Abend auf ein Tonband spricht wie auch seiner indischen Geliebten anvertraut. Als es auf der Kautschukplantage Robert Proudfoots (Christopher Cazenove) wiederholt zu Ausschreitungen kommt, wird Nash als Vermittler zur Hilfe gerufen, muss jedoch schnell feststellen, dass beide Seiten verhärtet sind. Während die Arbeiter an ihren berechtigen Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen festhalten und weiter die Besitztümer der Proudfoots angreifen oder zerstören, sieht sich der Plantagenbesitzer im Recht und denkt gar nicht erst daran, auf die Forderungen von Leuten einzugehen, die in seinen Augen noch nicht einmal Menschen sind.

Trotz der verfahrenen Lage findet Nash in Eve Proudfoot (Judi Bowker), der jungen Ehefrau des Plantagenbesitzers, einen Grund zu bleiben. Die ist nämlich von ihrer Ehe gelangweilt, in der sie die meiste Zeit zuhause verbringen muss und sich wünscht, wieder in London zu sein. Nash und Eve beginnen eine Affäre, die schon bald kein Geheimnis mehr im Freundeskreis der Proudfoots ist. Als jedoch ein  Freund der Familie, der Nash wegen seiner Überzeugungen nicht leiden kann, sein Wissen um die Beziehung als Druckmittel einsetzen will, wird die Lage sowohl für Nash wie auch Eve unhaltbar und gefährlich.

Bröckelndes Empire

Der britische Regisseur Don Boyd hat sich mit seinem zweiten Film Die Tragödie am Elephant Rock einiges vorgenommen, denn nicht nur sollte es ein historisches Liebesdrama sein, sondern zugleich ein Porträt der letzten Jahre des Britischen Empire, bevor es letztendlich Geschichte wurde. Trotz eines begrenzten Budgets und eines namhaften Ensembles gelang es dem Film nicht, Publikum und Kritik zu überzeugen. Er kassierte Ende der 1970er Jahre offen Häme für den Film, der vielen zu altmodisch war und bei dem man die technische Umsetzung an vielen Stellen monierte. Auch wenn die Inszenierung durchaus altmodisch anmutet, lässt sich doch die Ambition des Projekts nicht verleugnen und an vielen Stellen gelingt Boyd eben dieses Bild eines Imperiums, das sich dank Engstirnigkeit und Arroganz selbst in eine Sackgasse getrieben hat.

Die Welt, in die der Zuschauer durch die Perspektive Nashs eingeführt wird, ist eine klar strukturierte Hierarchie, in der die Kolonialherren wie Tyrannen über ihre Arbeiter sowie deren Familien herrschen. Auch wenn die Zeichen der Zeit darauf hindeuten, dass mit diesem Bild bald Schluss sein dürfte, wie die ersten Minuten, welche ein Attentat auf einen Plantagenbesitzer zeigen, deutlich darstellen, denkt niemand ernsthaft daran, an dieser Situation etwas zu ändern. Die prächtigen Empfänge, die gepflegten Gärten sowie die Garderobe bilden in Boyds Inszenierung einen scharfen Kontrast zu der Welt der Armen, die bei den Empfängen, auf denen Nash erscheint, ausgeblendet werden. Der Einsatz des Weichzeichners, welche die Bilder von Kameramann Keith Goddard auszeichnet, betont dieses Bild einer prächtigen Welt, innerhalb derer sich aber bereits erste Verfallserscheinungen zeigen, deren Glanz nicht über die spirituelle Verkommenheit hinwegtäuschen kann.

Die wahren Wilden

Innerhalb des Ensembles beweist John Hurt abermals sein Talent für ambivalente Charaktere, die es dem Zuschauer nicht immer einfach machen, sie zu verstehen. Nash erscheint wegen seiner Ansichten als „der Gute“, doch mit der Zeit werden wir Zeuge des moralischen Abgrunds in seinem Denken, wenn er die Beziehung mit Eve beginnt. Kombiniert mit der moralischen Überlegenheit, die er durch seine Stellung und die bereits erwähnte Geisteshaltung ableitet, erscheint Nash wie ein janusköpfiges Wesen, der die Zerrissenheit des Empires anscheinend darstellen soll.

Nash wie auch die Plantagenbesitzer sind in Die Tragödie am Elephant Rock die wahren Wilden, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. In Boyds Film wird die Kolonialherrschaft nicht nur als moralisch verkommen, sondern immer mehr als eine Aneinanderreihung von symbolischen Anlässen beschrieben, die bei genauem Hinsehen hohl und ohne jegliche Überzeugung sind. Wenn ein Admiral unter „Rule Britannia“-Klängen einen Swimmingpool einweiht, sich seiner Uniform entledigt und wie ein nasser Sack in das Schwimmbecken fallen lässt, ist dies die ironische Quintessenz von Boyds Geschichte.

Credits

OT: „East of Elephant Rock“
Land: UK
Jahr: 1977
Regie: Don Boyd
Drehbuch: Don Boyd
Musik: Peter Skellern
Kamera: Keith Goddard
Besetzung: John Hurt, Jeremy Kemp, Judi Bowker, Christopher Cazenove, Anton Rodgers, Tariq Yunus

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"Die Tragödie am Elephant Rock" ist eine Mischung aus Liebes- und Kriminaldrama. Nicht nur John Hurt in der Hauptrolle, auch die Inszenierung des Britischen Empires als müder, altersschwacher Riese überzeugt in Don Boyds zweitem Film als Regisseur und macht diesen zu einer wahren Entdeckung für Cineasten.
8
von 10