Here Here

Inhalt / Kritik

Here Here
„Here, Here“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Erfahrungen von Verlust, Unsicherheit oder Hilflosigkeit können sich in vielfacher Weise ausdrücken, denn während einige Menschen diese sehr nach außen tragen, gibt es auch viele, welche ihre Emotionen für sich behalten. Wie bei vielen unangenehmen Erfahrungen ist das Sammelsurium der Unterdrückungsmechanismen, welche dabei zum Tragen kommen, sehr vielfältig und reicht von Schweigen bis hin zur Flucht. Unabhängig, wie man diese Gefühle nun äußert, verändert sich zudem die Wahrnehmung der Welt, Eindrücke werden klarer oder dumpfer, was einer der Ausgangspunkte für Here, Here ist, einem Kurzfilm der philippinischen Regisseurin Joanne Cesario. Die Hauptinspiration für die Geschichte war jedoch die eigene Biografie, wie die Filmemacherin beschreibt, insbesondere ihre Kindheit in einer kleinen Stadt, welche, wie viele andere Gemeinden in ihrer Heimat, von den Folgen von Minenbau betroffen war. Ihr Film, der aktuell im Programm des Filmfests Dresden läuft, erzählt von einer Familie, die an den unmittelbaren Konsequenzen des Ressourcenabbaus in ihrer Gemeinde leidet und ihren Weg findet, mit einer wachsenden Unsicherheit in ihrem Leben umzugehen.

In der kleinen Stadt Lobo in der philippinischen Provinz Batangas leben Koi (Kael Vilar) und seine Familie, seine Mutter Tonet (Carla Zacal) und sein Vater, der für eine Minengesellschaft arbeitet. Gerade hat er sein Studium abgeschlossen und wartet nun zu Hause mit seiner Mutter auf die Rückkehr des Vaters, die nach einem schweren Unglück mehr als fraglich ist. Ohne Neuigkeiten oder Sicherheiten vergehen die Tage für die beiden, ohne dass sie über das Thema sprechen, was beide bewegt. Mit der Zeit leidet Koi zudem an Hörproblemen und kann sein Umfeld bisweilen nur gedämpft verstehen.

Das Zeigen einer Wunde

Wie Regisseurin Joanne Cesario und ihre Produzentin Alyssa Suico erklären, vereint sie ihr Einsatz für soziale Belange, was sich in ihrer ersten Kollaboration Here, Here widerspiegelt. Jedoch wäre es falsch, den Kurzfilm als ein reines Drama zu begreifen, denn alleine der visuelle Ansatz qualifiziert Here, Here ebenso als Experimentalfilm, der wiederholt die Grenzen zwischen Realität und Traum überschreitet, wie Cesario es definiert. Gerade die Sequenzen, in denen Koi seine Umwelt nur gefiltert wahrnimmt, als Folge seines Hörleidens, zeigt sich dieser Ansatz, dass sich der junge Mann seiner Wirklichkeit entzieht und immer mehr in seine Innenwelt abdriftet. Ob dies ein Tagtraum ist oder eine Art Abwehrmechanismus für die schreckliche Wahrheit über seinen Vater, bleibt lange Zeit offen.

Nicht nur das Überschreiten oder Verschwimmen der Wahrnehmung ist wichtiger Aspekt von Here, Here, sondern auch das Zeigen von Wunden. Mit seiner Nachbarin, gespielt von Irish Yes Layas, bespricht Koi die Idee, Wunden am Körper zu zeigen, was natürlich zugleich im übertragenen Sinne gemeint ist. Das Land um die herum, geprägt von den Veränderungen, welche der Minenbau mit sich bringt, dient als eine weitere Ebene für diese kreative, tiefsinnige Idee, sind die Wunden doch teils mehr als offensichtlich und haben einen bleibenden Eindruck in der Welt der Figuren hinterlassen.

Credits

OT: „Here, Here“
Land: Philippinen
Jahr: 2019
Regie: Joanne Cesario
Drehbuch: Joanne Cesario
Musik: Owel Alvero
Kamera: Jippy Pascua
Besetzung: Kael Vilar, Irish Yes Layas, Carla Zarcal

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„Here, Here“ ist ein experimenteller Kurzfilm über die Wunden, die geografischen wie emotionalen, der Ausbeutung eines Landes. Joanne Cesario gelingt ein vielschichtiger Film, der seinem Zuschauer mitunter Rätsel aufgibt, dessen Kunstfertigkeit und Kreativität in der Herangehensweise an diese Themen zugleich beachtlich sind.
8
von 10