Seinen Lebensunterhalt bestreitet Usnavi de la Vega Usnavi (Anthony Ramos) mit einer Bodega, einem kleinen Lebensmittelgeschäft. Und eigentlich ist er ganz glücklich damit, ebenso mit seinem Leben in den Washington Heights, einem Viertel im Norden Manhattans, in dem besonders viele Latinos leben. Insgeheim träumt er aber davon, das alles hinter sich zu lassen und in die Dominikanische Republik zu ziehen, das Land seiner Eltern. Allerdings würde das auch bedeuten, Vanessa (Melissa Barrera) nicht mehr wiedersehen zu können, die in einem Schönheitssalon arbeitet und für die er schon immer eine Schwäche hatte. Und dann wäre da auch noch Nina (Leslie Grace), eine Freundin aus Kindheitstagen. Sie hatte den Absprung längst geschafft und geht auf eine Eliteuniversität, auch dank zahlreicher Opfer ihres Vaters. Dabei weiß sie gar nicht, ob sie das so überhaupt alles will …
Die Welt ist bunt
In den letzten Jahren wurde dem Thema Diversität in Filmen viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es entstehen immer mehr Gegenentwürfe zum lange Zeit vorherrschenden weißen Mann, der sich selbst die besten Rollen vorbehielt, während der Rest allenfalls irgendwo am Rande mal auftauchte. Dass dies mehr als nur ein bisschen akademisches Pflichtbewusstsein ist, wurde immer mal wieder unter Beweis gestellt. Titel wie Black Panther und Crazy Rich wurden auch deshalb zu Hits, gerade in den USA, weil sich afroamerikanische oder asiatische Minderheiten endlich einmal auf der großen Leinwand repräsentiert gefühlt hatten. Endlich durften auch sie Protagonisten und Protagonistinnen stellen, die nicht auf die Großzügigkeit des weißen Mannes angewiesen waren und eigene Geschichten erzählen konnten.
Die Erwartungen an In the Heights waren daher durchaus groß, zumal hier wie bei Crazy Rich Jon M. Chu Regie führte. Außerdem war Hamilton, das ebenfalls aus der Feder von Lin-Manuel Miranda stammte, zu einem absoluten Phänomen geworden. Dieses Mal sollte vor allem der Latino-Community gedacht werden, die in dem Schmelztiegel der Washington Heights ein Zuhause haben. Umso enttäuschender waren die Einspielergebnisse, die weit unter der Erwartung lagen. Das mag daran gelegen haben, dass der Film parallel auf dem Streamingdienst HBO Max lief. Vielleicht hatte das Zielpublikum auch einfach keine Lust auf ein Musical, ein Genre, das alle paar Jahre mal einen großen Hit hervorbringt, aber oft auch als Flop endet. Siehe etwa Cats, das trotz prominentem Ensembles und bekannter Vorlage ein beispielloses Debakel wurde.
Lebensfreude mit Schattenseiten
Zumindest qualitativ kann man In the Heights aber keinen Vorwurf machen. Es gehört vielmehr sogar zu den besten Musicals der letzten Jahre. Das Genre der Lieder ist dabei natürlich Geschmackssache. Statt typische Bombast-Balladen zu schmettern, wie es bei Musicals keine Seltenheit ist, wurden hier klassische Lieder mit lateinamerikanischen Musikstilen und Hip-Hop verschmolzen. Die sind größtenteils eingängig, laden zuweilen auch zum Tanzen ein. Im Film selbst tun sie das sowieso, da werden schon mal mitten auf der Straße kleine Einlagen geboten, wenn es den Figuren danach ist. Und das ist oft der Fall, hier vergehen kaum ein paar Minuten, ohne dass wieder jemand ein Lied anstimmt und sich dem Rhythmus hingibt.
Das passt in diesem Kontext sogar gut, da In the Heights vorrangig auch die Lebensfreude dieses Viertels demonstrieren möchte. Das Musical erzählt von Träumern und Träumerinnen, von Sehnsüchten und Zusammenhalt. Gleichzeitig werden aber auch ein paar Schattenseiten nicht ausgespart. So finden sich Kommentare zu einer wachsenden Gentrifizierung. Gleichzeitig wandern immer mehr ab, um woanders ihr Glück zu suchen, wodurch die Gemeinschaft auseinanderzubrechen und ihren Charakter zu verlieren droht. Obwohl der Film, anders als die meisten Musicals, ein aktuelles Setting hat, schwingt da doch auch eine Nostalgie mit. Die Liebe zu einer Welt, die es bald schon vielleicht nicht mehr gibt.
Ansteckend gute Laune
Insgesamt sind die ernsten Themen und traurigen Momente aber in der Minderheit. Stattdessen ist In the Heights ein lebensfroher, irgendwie wuseliger Film. Das kann gerade zu Beginn ein wenig verwirrend sein, wenn in schneller Folge die verschiedensten Protagonisten und Protagonistinnen eingeführt werden. Anstatt eine fortlaufende Geschichte zu erzählen, kommt es hier mehr auf die allgemeine Atmosphäre an, soll ein Gefühl verbreitet werden. Zusammen mit dem Sommersetting wird daraus also schon ein Wohlfühlmusical, das eigentlich wie gemacht ist für die aktuelle Zeit, am besten noch ein Open Air Kino, bei dem man sich richtig von der guten Laune anstecken kann.
OT: „In the Heights“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Jon M. Chu
Drehbuch: Quiara Alegría Hudes
Musik: Lin-Manuel Miranda, Alex Lacamoire, Bill Sherman
Kamera: Alice Brooks
Besetzung: Anthony Ramos, Corey Hawkins, Leslie Grace, Melissa Barrera, Olga Merediz, Daphne Rubin-Vega, Gregory Diaz IV, Jimmy Smits
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)