Für Kathrin Brandmann (Bernadette Heerwagen) werden die schlimmsten Befürchtungen wahr, als die Leiche ihres 16-jährigen Sohnes Marlon im See gefunden wird. Da er zudem blaue Flecken aufweist, steht schnell der Verdacht im Raum, dass es sich um keinen natürlichen Tod handelt. Für Kommissarin Judith Mohn (Christina Hecke) und ihren Kollegen Freddy Breyer (Robin Sondermann) ist die Aufgabe gleich doppelt schwierig. Zum einen stammt Mohn ursprünglich selbst aus der Siedlung des Opfers, was für sie bedeutet, sich wieder mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen. Außerdem will niemand etwas gesehen haben, eine jugendliche Clique verspottet sie sogar beim Versuch, die Geschichte aufzuklären. Lediglich Lukas (Matti Schmidt-Schaller), der selbst oft Zielscheibe der Clique ist, scheint um den Toten zu trauern …
Viel Drama in der Provinz
Nur wenige Monate nach In Wahrheit: Jette ist tot folgte mit Still ruht der See bereits der nächste Fall rund um die Kommissarin Judith Mohn. Und irgendwie durfte einem das alles ziemlich bekannt vorkommen. Wie schon beim letzten Film wurde ein Teenager ermordet. Erneut ist die Polizistin irgendwie persönlich davon betroffen, das Private und das Berufliche überlappen sich dabei. Außerdem steht im Mittelpunkt mal wieder eine Familie, bei der einiges im Argen liegt. Zwar zeigt die Mutter des Toten zu Beginn gleich aufrichtige Verzweiflung, als sie die Leiche ihres Sohnes in den Armen hält. Dass da aber auch schon vorher etwas kaputt gegangen ist, das lässt sich kaum übersehen.
Still ruht der See, der 3. Teil der auf Arte und im ZDF ausgestrahlten Krimireihe In Wahrheit kombiniert auf diese Weise Familiendrama mit herkömmlichem Krimi. Überhaupt sind die Dramaanteile dieses Mal besonders stark ausgeprägt. Denn nicht nur der tote Marlon hatte mit seiner Familie zu kämpfen. Auch die Protagonistin verbindet eher unerfreuliche Erinnerungen mit ihrer Zeit in der Siedlung, vor allem mit ihrer Mutter, von der sie sich ziemlich entfremdet hat. Und als wäre das nicht schon genug, werden auch innerhalb der Jugendlichen einige Grausamkeiten ausgetauscht. Tatsächliche Freundschaften scheinen in der Siedlung rar gesät zu sein. Es gibt allenfalls ein „wir gegen sie“ Gefühl, das Ergebnis spärlicher Perspektiven.
Milieustudie als durchschnittlicher Krimi
Entsprechend trist gestalten sich die Ermittlungen in In Wahrheit: Still ruht der See. Dann und wann darf man sich hier zwar aufregen, über eitle Alphamännchen, die im Rudel über andere herfallen, oder einen Vater, der aus Angst vor der Verweichlichung seines Sohnes schon mal zuschlägt. Der Film ist jedoch stärker von Melancholie geprägt. Die Geschichte kreist sich oft um das Thema Identität, wenn hier viele auf der Suche sind oder darum kämpfen müssen, wer sie nun sind. Es geht um Selbstbehauptung innerhalb eines Umfelds, das dafür keinen Platz einräumt oder sie sogar aktiv bekämpft. Und um Unterdrückung, sei es im familiären oder sexuellen Bereich: Wenn du nicht so tust, wie ich will, dann zwing ich dich eben.
Zum Teil ist das als Milieustudie gelungen, zum Teil werden aber auch nur alte Klischees ausgegraben, die so beliebig wirken, dass man den Film im Anschluss gleich wieder vergisst. Und auch als Krimi ist das nicht unbedingt ein Muss. Regisseur und Co-Autor Miguel Alexandre (Arthur & Claire) gestaltet die Ermittlungen nach dem Zufallsprinzip. Anstatt Mohn auch mal kombinieren zu lassen und selbst auf Lösungen zu kommen, lässt die sich vorrangig treiben und findet eher zufällig heraus, was wirklich gespielt wurde. Da sich In Wahrheit: Still ruht der See zudem ein bisschen bei den vielen Themen verzettelt, bleibt ein Film, der zwar einige gelungene Szenen hat, dazu gut gemeinte Aussagen, insgesamt aber nicht über Durchschnitt hinauskommt.
OT: „In Wahrheit: Still ruht der See“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Miguel Alexandre
Drehbuch: Harald Göckeritz, Miguel Alexandre
Musik: Wolfram de Marco
Kamera: Miguel Alexandre
Besetzung: Christina Hecke, Rudolf Kowalski, Robin Sondermann, Jeanne Goursaud, Matti Schmidt-Schaller, Devrim Lingnau, Bernadette Heerwagen, Gerdy Zint, Rafael Gareisen, Karim Günes, Antonio Wannek
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