Nicht erst seit der filmischen Aufarbeitung durch Produktionen wie beispielsweise Bombshell – Das Ende des Schweigens wird klar, dass Frauen am Arbeitsplatz mit jahrzehntelanger Unterdrückung und Diskriminierung zu kämpfen hatten. Picture a Scientist – Frauen der Wissenschaft, eine Dokumentation über eben jene Sachverhalte, beleuchtet dies am Beispiel der MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) an amerikanischen Universitäten und ist damit ein weiterer Beitrag über eine Baustelle, die längst behoben sein sollte. Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Report von Forscherinnen des MIT (Massachusetts Institute of Technology), der seit 1999 bis heute die universitäre Landschaft in puncto Gleichberechtigung maßgeblich mitgeprägt hat. Eingeteilt in einerseits individuelle Berichte, andererseits in die historische Nachzeichnung, wie dieses Thema im Laufe der letzten zehn Jahre gesellschaftlich an Bedeutung gewann, fasst Ian Cheney und Sharon Shattucks Werk die letzten 50 Jahre Sozialpsychologie in der Hinsicht zusammen.
Die Zäsur vor 1999
Dass Frauen in technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen unterrepräsentiert sind, ist keine neue Erkenntnis. Während die Frauenquote an den amerikanischen Universitäten 1960 nur knapp 5% betrug, sieht es heutzutage schon anders aus – 2017 lag die Quote bei 29%, Tendenz steigend. Doch dies war kein leichter Weg, dies macht Picture a Scientist mehr als deutlich. In historische Kontexte gesetzt, wird so die Entwicklung der Frauenquote innerhalb der letzten 50 Jahre umrissen. Angefangen bei dem enormen Ungleichgewicht der Geschlechter Anfang der 60er Jahre, bis hin zur Zäsur in 1999 – das Jahr, in dem der MIT-Report für ein globales Umdenken sorgte – erhält man so einen präzisen Einblick in die universitäre Geschichte der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Dass dieser Report durch gerade einmal eine Handvoll Forscherinnen verfasst wurde, bis heute Geschichte schreibt und wahrscheinlich das Leben von Millionen Schülerinnen prägt, sorgt darüber hinaus für wunderbar emotionale Momente, die in tollen Bildern eingefangen werden.
Jahr für Jahr verstärkt sich so der Blick auf die Mädchen von Morgen. Weg von „herkömmlichen“ Frauenberufen (sollte es so etwas in unserer modernen Welt überhaupt noch geben), verwundert es in der Hinsicht nicht, dass mittlerweile mehr und mehr Ressourcen investiert werden, um Mädchen für Naturwissenschaften zu begeistern – und das mit Erfolg. Man denke da beispielsweise nur mal an die Karrieremesse „Women-MINT-Slam“ oder den deutschen Wissenskanal Mailab, auf dem die Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin des Vertrauens Mai Thi Nguyen-Kim wissenschaftliche Inhalte über chemische oder medizinische Zusammenhänge hochprofessionell behandelt und so die naturwissenschaftliche Faszination bei Millionen von Heranwachsenden weckt.
Die idealistische Welt von Morgen
Picture a Scientist ist damit einerseits als ein Apell, andererseits als ein Portrait über die sozialpsychologischen Errungenschaften innerhalb der letzten Jahre zu verstehen. Dass dies aber nicht nur einen wissenschaftlichen, sondern auch einen gesellschaftlichen Umbruch zur Folge hat, arbeitet Cheney und Shattucks Werk besonders gut heraus. Das dadurch erzeugte Bild über die Welt von Morgen, in der so etwas Primitives wie der Sexismus der Vergangenheit angehört und Forscher mit Forscherinnen gleichermaßen am Strang ziehen, sei es bei der Erforschung des Weltalls, der Bausteine des Lebens oder bei technischen Innovationen, gibt Mut, dass sich die Welt nach und nach zu einer besseren entwickelt.
OT: „Picture a Scientist“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Ian Cheney, Sharon Shattuck
Musik: Martin Crane
Kamera: Emily Topper, Ian Cheney, Duy Linh Tu, Michael J. Murray, Kelly West
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