Rufmord
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Rufmord

Inhalt / Kritik

Rufmord
„Rufmord“ // Deutschland-Start: 9. November 2018 (Arte) // 28. Juni 2019 (DVD)

Luisa Jobst (Rosalie Thomass) liebt ihren Beruf als Grundschullehrerin in der bayerischen Provinz, ist mit ganzem Herzen dabei. Und auch bei den Schülern und Schülerinnen kommt sie mit ihrer offenen Art gut an. Doch zuletzt häufen sich die Probleme. So steht sie im Konflikt mit dem Bauunternehmer Georg Bär (Johann von Bülow) und dessen Frau Marianne (Ulrike C. Tscharre), weil sie deren Sohn Paul (Nico Marischka) keine Empfehlung fürs Gymnasium ausstellen will. Deutlich schlimmer noch: Irgendjemand hat ein Nacktbild von ihr online gestellt und tut auch sonst alles dafür, um ihren Ruf zu beschmutzen. Tatsächlich wird die junge, unkonventionelle Frau zunehmend untragbar in der Schule, auch die Beziehung zu ihrem Freund Finn (Shenja Lacher) leidet unter der Geschichte …

Die Abgründe des Internets

Dass das Internet eine Möglichkeit darstellt, die unterschiedlichsten Menschen zusammenzubringen und neue Gemeinschaften zu gründen, ist unbestritten. Dass es leicht zu einer Waffe missbraucht werden kann ebenso. Es muss nicht einmal der große Hackerangriff sein, der Tausende von Seiten oder Unternehmen lahmlegt. Vor allem im Kleinen, im Persönlichen ist es zu hässlichen Entwicklungen gekommen. Da bilden sich Gruppen, die sich gegenseitig in ihrem Hass bestätigen. Die Anonymität des Netzes erlaubt es, andere anzugreifen und bloßzustellen, das sogenannte Cybermobbing ist zu einem großen Problem geworden, gegen das Opfer meist machtlos sind. Denn im Internet herrscht quasi Narrenfreiheit. Hinzu kommt: Es vergisst nicht. Was einmal irgendwo online war, ist nie wieder wirklich weg.

Diese Erfahrung macht auch Luisa in Rufmord. Meistens wird das Thema des Cybermobbings eher mit Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht, als logische Fortsetzung des regulären Mobbings. Das Beispiel führt aber vor Augen, dass eigentlich niemand wirklich sicher ist vor derartigen Schmutzkampagnen. Einziger Unterschied ist, dass in dem Film der Angriff mit deutlich mehr Aufwand betrieben wird. Da gibt es eben nicht nur ein paar fiese Posts auf Facebook oder anderen sozialen Medien. Stattdessen wird richtig gehackt, die Lehrerin wird ausgerechnet auf der Seite der Schule bloßgestellt, weshalb aus dem rein privaten Problem schnell ein berufliches wird.

Zwischen Drama und Krimi

Daran schließt sich natürlich die Frage an: Wer sollte der ansonsten so beliebten Luisa das antun wollen? Und aus welchen Grund? Tatsächlich nehmen diese Fragen in dem Film einen ebenso großen Raum ein wie die Darstellung der Folgen. Rufmord, das 2018 auf dem Filmfest München Premiere feierte, wird dadurch zu einer unerwarteten Genremischung. Auf der einen Seite handelt es sich bei dem deutschen TV-Film um ein Drama, das Mechanismen und gesellschaftliche Fehlstellungen offenbart. So ist es doch erschreckend mitanzusehen, wie sehr Luisa im Stich gelassen wird, sowohl privat wie an der Schule. Bei der Polizei wird nur mit den Schultern gezuckt und ihr zu verstehen gegeben, sie hätte solche Bilder ja nicht machen müssen. Das Motto: selbst dran schuld!

Die Drehbuchautorinnen Claudia Kaufmann und Britta Stöckle kombinieren dieses Drama jedoch mit Krimielementen, wenn Luisa sich auf die Suche nach dem Täter oder die Täterin macht. Wie in einem „echten“ Whodunnit-Krimi werden in Rufmord zahlreiche Verdächtige präsentiert, von Familie Bär über den Ex-Freund bis zur Ex-Freundin ihres Freundes, die alle etwas damit zu tun haben könnten. Tatsächlich ist die Geschichte sogar in einen Genrerahmen eingebettet: Der Film beginnt damit, dass Luisa verschwunden ist. Während die Polizei nach ihr sucht und auch einen möglichen Mord nicht ausschließt, wird parallel die Geschichte rund ums das Cybermobbing erzählt, bis beide Stränge dann irgendwann zusammentreffen.

Reißerisch und unglaubwürdig

Die Idee als solche ist eigentlich ganz interessant. Bei der Umsetzung hapert es jedoch. Unangenehm ist dabei vor allem, wie reißerisch Rufmord mit der Zeit wird und das wichtige Thema damit unnötig missbraucht. Hinzu kommt, dass die Glaubwürdigkeit schon sehr zu wünschen übrig lässt. Vor allem zum Ende hin ist das so überzogen, dass man seinen eigenen Augen und Ohren nicht mehr glauben mag. Da hätte es weniger auch getan. Dafür ist der Film mit Rosalie Thomass (Jackpot) natürlich prima besetzt. Ihr gelingt die Mischung aus Stärke und Verletzlichkeit, wenn eine selbstbewusste, lebensfrohe Frau zunehmend zerbricht. Dafür kann man sich den Film schon anschauen, auch wenn es ihr nicht vollends gelingt, die Schwächen des Drehbuchs zu überspielen, die das Krimidrama unnötig nach unten ziehen.

Credits

OT: „Rufmord“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Viviane Andereggen
Drehbuch: Claudia Kaufmann, Britta Stöckle
Musik: Annette Focks
Kamera: Martin Langer
Besetzung: Rosalie Thomass, Johann von Bülow, Ulrike C. Tscharre, Shenja Lacher, Lilly Forgách, Verena Altenberger, Johanna Gastdorf, Nico Marischka

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Rufmord
fazit
In „Rufmord“ wird eine junge, engagierte Lehrerin zur Zielscheibe von Cybermobbing und dadurch zunehmend in die Isolation getrieben. Die Mischung aus Drama und Krimi ist interessant, wenn auch nicht wirklich überzeugend. Was spannend beginnt, wird zunehmend reißerisch und unglaubwürdig, zum Ende hin wird es regelrecht absurd.
5
von 10