In der kleinen Stadt, in welcher der junge Sheriff Ben Owens (Anthony Perkins) für Recht und Ordnung sorgt, gibt es normalerweise keine Gewalt, wenn man vielleicht einmal von der einen oder anderen Schlägerei im Saloon absieht. Von daher fällt das Eintreffen des Kopfgeldjägers Morgan Hickman (Henry Fonda) sogleich allen Bewohnern auf, vor allem, da er auf seinem Pferd die Leiche seines letzten Opfers mit sich bringt, für den er von Owens die Belohnung kassieren will. Der Sheriff wie auch der Bürgermeister der Stadt wollen den Neuankömmling so schnell es geht wieder loswerden, sodass sie ihm versprechen, das Geld gleich am nächsten Morgen bereitzuhalten. Allerdings gibt es in der Stadt schon neuen Ärger, denn Bogardus (Neville Brand), ein entfernter Verwandter des Toten, mit dem Hickman in die Stadt ritt, will Vergeltung für dessen Tod. Als sich Owens ihm in den Weg stellt und auf die Hilfe des wesentlich erfahreneren Hickman angewiesen ist, wird überdeutlich, dass der Sheriff noch sehr viel lernen muss, wenn er sein Amt erfüllen will. In dem Kopfgeldjäger, der selbst einmal Sheriff war, findet er einen Mentor, der ihm den sicheren Umgang mit der Waffe lehrt.
Schon wenige Tage später hat Owens die Möglichkeit, seine Auslegung des Gesetzes und seine neu erlernten Fähigkeiten auf die Probe zu stellen. Nach der Ermordung des beliebten Arztes Doc McCord (John McIntire) wollen die Stadtbewohner Vergeltung und die Schuldigen sind schnell ausgemacht, doch während sich um Bogardus schnell ein wütender Mob sammelt, will der Sheriff, dass man den Schuldigen einen fairen Prozess macht. Gegen seinen Willen wird auch Hickman in die Angelegenheit hineingezogen und muss dem Sheriff zur Seite stehen, wenn dieser sich gegen eine ganze Stadt auflehnen will.
Eine Auslegung des Gesetzes
In den 1950er Jahren war die Karriere von Hollywood-Regisseur Anthony Mann auf ihrem Höhepunkt, denn nicht nur gelangen ihm mit The Glenn Miller Story (1954), Winchester ‘73 (1950) und Meuterei am Schlangenfluss (1953) einige beachtliche Erfolge, sondern auch Kollaborationen mit Schauspielern wie James Stewart oder Henry Fonda. Auf der einen Seite mag man vor allem die Western Manns als typische Einträge für das Genre betrachten, doch bei genauem Hinsehen erweisen sie sich als genaue Beobachtungen der US-amerikanischen Gesellschaft, als Geschichten über Konformismus, Gewalt und Zivilcourage. Stern des Gesetzes bildet hierbei keine Ausnahme und gehört mit zu den interessantesten Arbeiten Manns, welche viele der Themen und ästhetischen Mittel seines Schaffens umfasst.
Innerhalb der Logik des Western ist der Sheriffstern – wegen seines Materials im Englischen auch „tin star“ genannt – ein Symbol für Recht und Ordnung, zu vergleichen mit den Abzeichen heutiger Gesetzeshüter in den USA. Es ist ein Symbol für Sicherheit und des Schutzes gegenüber der Gewalt und dem Chaos, welches einen außerhalb der Stadtmauern erwartet, wie es gleich in den ersten Minuten von Stern des Gesetzes deutlich wird, als die Bewohner sich Hilfe suchend an ihren Sheriff sowie andere Vertreter öffentlicher Ordnung wenden, als die einen Unruhestifter in ihrer Mitte vermuten. Derlei Mechanismen finden sich in der Geschichte mehr als einmal, wie auch in vielen anderen Beiträgen des Genres und stehen bei Mann sinnbildlich für eine bestimmte Dynamik, welche bestimmt, wer dazugehört und wer nicht – vorschnell und potenziell gefährlich.
Jedoch geht das Symbol des Sternes noch sehr viel weiter. In der Beziehung von Henry Fondas und Anthony Perkins’ Charakter wird die gegensätzliche Bedeutung des Abzeichens überdeutlich, denn während der eine die Autorität, welche der Stern mit sich bringt, ehren will und danach leben will, sieht der andere diesen wirklich nur als „tin star“, ein wertloses Stück Metall, hinter dem nichts steht, weil die Werte von Recht und Ordnung nicht gelebt werden. Der Konflikt zwischen diesen beiden Überzeugungen wird im Kontext der konformistischen 1950er immer wieder angedeutet, auch wenn das allzu versöhnliche Ende eine wenig zufriedenstellende Auflösung dieses Themas bietet.
„Wir wurden eben so erzogen.“
Nicht nur die Dynamik der beiden Hauptfiguren ist für Mann interessant, sondern auch die bereits angesprochenen Mechanismen der Stadtbewohner. Die klare Definition, wer dazugehört und wer nicht, resultiert in einer notfalls mit Gewalt forcierten Betonung von Konformismus und Gleichschaltung. Mit dem Tod des Arztes, einer Figur, welche sinnbildlich für das Leben und die Zukunft steht, kommen jene Triebe mehr als deutlich zum Vorschein, die vorher schon dafür gesorgt haben, dass Menschen mit anderer Hautfarbe oder anderen Überzeugungen ihren Platz außerhalb der Stadt finden mussten, sofern sie die „Gastfreundschaft“ vieler Bewohner überhaupt überlebt haben. „Wir wurden so erzogen“, ist die sarkastische Evaluierung des Kopfgeldjägers Hickman, der diese Dynamik bereits mehrfach am eigenen Leibe erfahren musste.
OT: „The Tin Star“
Land: USA
Jahr: 1957
Regie: Anthony Mann
Drehbuch: Joel Kane, Dudley Nichols, Barney Slater
Musik: Elmer Bernstein
Kamera: Loyal Griggs
Besetzung: Henry Fonda, Anthony Perkins, Betsy Palmer, Michel Ray, Neville Brand, John McIntire, Mary Webster, Lee Van Cleef, Peter Baldwin
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1958 | Bestes Original-Drehbuch | Joel Kane, Dudley Nichols, Barney Slater | Nominierung |
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)