Als beim Notruf die Meldung eingeht, beim alten Polizeipräsidium sei eine Frauenleiche entdeckt worden, machen sich Charlotte Sänger (Andrea Sawatzki) und Fritz Dellwo (Jörg Schüttauf) sofort auf den Weg. Am Tatort angekommen, herrscht jedoch Verwirrung. So sehr die beiden auch suchen, die Leiche ist einfach nicht zu finden. Und auch von den beiden Polizisten, die bereits vor ihnen angekommen sein sollen, fehlt jede Spur. Dafür erhält Sänger kurze Zeit drauf einen mysteriösen Anruf: Sie solle Alexander Kern (Ludwig Blochberger) abholen. Der war vor einigen Jahren wegen Entführung von Ulrike Decker verurteilt worden, ist momentan aber wieder frei, während der Antrag auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens läuft. Für Dellwo, der damals selbst in die Ermittlungen involviert war, bedeutet dies, sich seiner Vergangenheit stellen zu müssen …
Ein Weg in dir Irre
Unter den vielen Teams, die im Laufe der letzten 50 Jahre beim Tatort unterwegs waren, gehört das um Sänger und Dellwo sicher zu den interessanteren. Die Figuren sind spannender, als man es von so manchen Kollegen und Kolleginnen gewohnt war. Und auch inhaltlich wurde versucht, sich nicht immer mit denselben Geschichten und Tricks zufriedenzugeben. Das Ergebnis schwankte dabei zuweilen aber schon. Während der erste Fall Oskar eine emotionale Tour de Force war, die besonders in den persönlichen Momenten überzeugte, versuchte sich der zweite Film Frauenmorde an der Darstellung eines Großstadtmolochs nach internationalem Vorbild – was irgendwie nicht so ganz funktionierte.
Einer der kontroversesten Fälle dürfte aber Leerstand sein, der siebte Fall des Teams und der insgesamt 609. Teil der ARD-Krimireihe. Von Anfang an vermittelt das Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmt. Schon das in die Länge gezogene Telefonat zu Beginn, bei dem ein Obdachloser und die Notrufzentrale aneinander vorbeireden, ist seltsam. Und wenn zehn Minuten später Sänger und Dellwo immer noch durch das alte Präsidium streifen, auf der Suche nach Leiche und den Kollegen, ist klar, dass der Film anders ist. Wo sich die meisten Teile darum drehen, den Täter oder die Täterin unter mehreren Möglichkeiten zu finden, da weiß man hier nicht mal, ob es überhaupt ein Verbrechen gab. Ob da wirklich eine Leiche ist, wie anfangs behauptet wurde.
Zwischen Jubel und Entsetzen
Mehrfach geht die Geschichte hin und her, bis sie doch mal eine tatsächliche Richtung einschlägt und beibehält. Zum Teil zumindest. Denn selbst als Tatort: Leerstand zu einer vermeintlich direkten Narrative übergeht, kommt es immer wieder zu Brüchen. Die können zeitlicher Natur sein: Der Film baut so viele Flashbacks ein, dass man irgendwann schon gar nicht mehr weiß, auf welcher Zeitebene man unterwegs ist. Und selbst wenn sich Regisseur und Drehbuchautor Niki Stein mal auf den aktuellen Strang konzentriert, wird man das Gefühl nicht los, dass das alles nicht so ganz funktioniert. Dass man irgendwie in einer Parallelwelt gelandet ist, bei der sich alle irgendwie komisch verhalten.
Das ist hier jedoch mal nicht Zeichen von Inkompetenz, sondern Teil des Konzepts. Ein Konzept, an dem sich die Geister schieden: Während die einen bejubelten, wie hier eine andere Form des Krimis erzählt wird, waren andere entsetzt, bezeichneten den Film gar als stümperhaft. Von clever bis bescheuert lauteten die Adjektive, die Tatort: Leerstand erhielt. Selbst bei der Spannung war man sich nicht einig, auch da war die volle Bandbreite vertreten. Allein deshalb schon kann man sich den Film mal anschauen. Man darf aber keinen Krimi im herkömmlichen Sinn erwarten. Hier wird nicht gerätselt, wer einen Mord begangen hat, sondern was der Film eigentlich sein soll. Als Erfahrung ist das nicht uninteressant. Aber es ist dann doch mehr Kuriosität als tatsächliche Unterhaltung, die einen bis zum ebenfalls strittigen Ende dabei bleiben lässt.
OT: „Tatort: Leerstand“
Land: Deutschland
Jahr: 2005
Regie: Niki Stein
Drehbuch: Niki Stein
Musik: Jacki Engelken, Ulrik Spies
Kamera: Arthur W. Ahrweiler
Besetzung: Andrea Sawatzki, Jörg Schüttauf, Christian Berkel, Ludwig Blochberger, Nina Petri, Peter Lerchbaumer, Oliver Bootz, Thomas Balou Martin
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