Als der junge Vikar Linus (John Heffernan) 1938 mit seiner Frau Marianne (Jessica Brown Findlay) und Tochter Adelaide (Anya McKenna-Bruce) in das Anwesen Morley Rectory zieht, soll er eigentlich den Glauben der Gemeinde stärken und etwas Gutes tun. So richtig glücklich werden sie in dem Haus aber nicht. Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen dem streng gläubigen Linus und seiner Familie. Die eigenartigen Geschichten, welche Harry Reed (Sean Harris) über das Haus zu erzählen hat, tragen ebenfalls nicht unbedingt dazu bei, dass sich die drei sonderlich wohl fühlen. Doch was hat es mit diesem auf sich? Und mit wem führt Adelaide da andauernd Gespräche?
Der wahre Horror
Eigentlich sollte man meinen, dass sich Realismus und Übernatürliches gegenseitig ausschließen. Und doch finden sich immer wieder Horrorfilme, welche eben diese Verbindung suchen, indem sie basierend auf wahren Geschichten Kreaturen der Hölle heraufbeschwören. Das Ergebnis hat dann zwar vielleicht nicht so viel mit dem zu tun, was sich tatsächlich zugetragen hat. Der Verweis auf einen wahren Hintergrund kann aber durchaus effektiv sein. Amityville Horror und Conjuring – Die Heimsuchung etwa nutzten dies erfolgreich, um daraus ganze Franchises zu bauen, die viele Teile umfassten.
Dass The Banishing – Im Bann des Dämons ein solches Franchise begründen wird, ist eher unwahrscheinlich. Dabei basiert der Film auf einer echten Berühmtheit: Morley Rectory hieß in Wahrheit Borley Rectory und war früher als das am meisten von Geistern heimgesuchte Haus Englands bekannt. Und das will schon was heißen in einem Land, das wie kein anderes als Setting für die sogenannten Haunted House Horrorfilme hergehalten hat, in denen sich alles um Spukschlösser und andere heimgesuchte Anwesen dreht. Der Ruf geht auf den Parapsychologen Harry Price zurück, der in den späten 30ern die Pfarrei mietete und dort zahlreiche Experimente durchführte. Dass die Nebenfigur, die alles über das Haus weiß, den Vornamen Harry hat, kommt daher nicht von ungefähr.
Hauptsache Dämon
Auf diese Experimente geht der Film, der 2020 auf dem berühmten Genrefestival in Sitges Premiere feierte, aber nicht ein. Auch mit dem realen Reverend Lionel, der mit seiner Frau Marianne und Tochter Adelaide Anfang der 1930er dort einzog, hat das – vom offensichtlichen Namesdropping abgesehen – wenig zu tun. Das Problem von The Banishing – Im Bann des Dämons ist aber nicht, dass es irgendwie auf etwas Reales verweisen möchte, sich aber nicht ganz dazu durchringen kann. Das Problem ist vielmehr, dass da insgesamt ein schlüssiges Konzept fehlt, was man hier eigentlich erreichen wollte. Irgendwas mit Dämonen oder so dürfte am Anfang der Brainstorming-Runden des Drehbuchtrios David Beton, Ray Bogdanovich und Dean Lines auf dem Notizzettel gestanden haben. Zu dem kamen viele weitere Notizzettel. Aber keine Ahnung, was damit anzufangen ist.
Manchmal hat man das Gefühl, hier eine Runde Horror-Bingo zu spielen, bei der einfach irgendwelche bekannte Genreelemente hervorgezogen werden. Da gibt es mal ein bisschen dämonische Besessenheit, dann wieder unheimliche Puppen. Ein Spiegel darf auch nicht fehlen – ein immer wieder beliebtes Objekt, um alternative Welten zu zeigen oder wenigstens anzudeuten. Gleichzeitig wollte man mit The Banishing – Im Bann des Dämons auch die reale Welt einbinden, weshalb das Thema Nazis aufkommt. Das hat mit der Vorgeschichte, die wir im Prolog sehen dürfen, zwar nichts zu tun, soll aber wohl den Anschein von Relevanz noch weiter steigern. Denn so sieht es aus, als hätte der Film tatsächlich etwas zu sagen, anstatt in einem Bewusstseinsstrom einfach nur das nächstbeste – oder nächstschlechteste – zu plappern.
Schon vergessen
Während der Film so nach einem eigentlich recht geradlinigen und soliden Anfang ins konzeptionelle Chaos stürzt, wurde bei den Figuren praktisch nichts getan. Am ehesten fällt noch Harry Price auf. Das hat jedoch mehr mit der Darstellung von Sean Harris (The King) zu tun, mit seiner Lust am Spiel, weniger mit der textlichen Vorlage. Bei den anderen fällt das deutlich weniger eindrucksvoll aus, weshalb es einem irgendwann dann auch egal ist, was mit den Leuten in dem Haus geschieht. Dann und wann gibt es mal eine besser gelungene Aufnahme, welche zumindest andeutet, was in den Gemäuern möglich gewesen wäre. Am Ende gelingt es Regisseur Christopher Smith (Severance – Ein blutiger Betriebsausflug) aber nicht, aus den vielen Einzelbestandteilen etwas zusammenzuzimmern, was man sich unbedingt anschauen müsste. Da hat das Setting mehr versprochen, als am Ende dabei raussprang.
OT: „The Banishing“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Christopher Smith
Drehbuch: David Beton, Ray Bogdanovich, Dean Lines
Musik: Toydrum
Kamera: Sarah Cunningham
Besetzung: Jessica Brown Findlay, John Heffernan, John Lynch, Sean Harris, Anya McKenna-Bruce
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