Wie für viele seiner Landsleute ist auch im Leben des Vertreters Gil Renard (Robert De Niro) Sport längst nicht mehr nur ein Zeitvertreib, sondern eine Leidenschaft geworden. In seiner Kindheit spielte er noch selbst, wie er seinem Sohn immer wieder erzählt, doch war er gezwungen, seinen Traum als professioneller Sportler aufzugeben. Nun gilt seine Passion der Baseball-Mannschaft San Francisco Giants, insbesondere ihrem neuen Spieler Bobby Rayburn (Wesley Snipes), den sie für die beachtliche Ablösesumme von 40 Millionen Dollar von seiner alten Mannschaft abgeworben haben. Während die Presse sich vor allem auf dessen Privatleben und Rayburns Gehalt konzentriert, ist Gil Feuer und Flamme für Rayburn, der in seinen Augen nicht nur ein guter Spieler ist, sondern auch ein Athlet, der dem Sport verpflichtet ist und nicht sich selbst. Damit er mit seinem Sohn bei der Saison-Eröffnung dabei sein kann, kauft er nicht nur überteuerte Karten auf dem Schwarzmarkt, sondern riskiert auch, zu spät für ein Treffen mit einem potenziellen Käufer zu kommen. Doch als wäre dies nicht schon schlimm genug, scheint Rayburn nicht er selbst zu sein, wirkt unsicher und abgelenkt, was den aufmerksamen Augen Gils nicht entgeht.
Als Gil dann von einer Ex-Frau eine einstweilige Verfügung erhält und ihm zudem gekündigt wird, bricht für ihn eine Welt zusammen, während für Rayburn der Erfolg auf dem Spielfeld ausbleibt, was wiederum den Unmut der Fans und der Medien auslöst. Immer wieder versucht Gil mit dem Sportler in Kontakt zu treten, traut sich dann aber nicht, ihn anzusprechen, was ihn noch mehr frustriert. Schließlich meint er die Ursache für die Verunsicherung des Spielers gefunden zu haben, denn ein anderer Spieler trägt Rayburns Nummer, die für diesen eine besondere Bedeutung hat. Als Gil beschließt zu handeln und abermals abgewimmelt wird, löst dies in ihm eine tragische Kettenreaktion aus.
Die Regeln des Spiels
Die Karriere von Regisseur Tony Scott ist, zumindest in kommerzieller Hinsicht, immer ein Auf und Ab gewesen und stand künstlerisch immer im Schatten von der seines Bruder Ridley Scott. Erst im Nachhinein haben viele seiner Filme nicht nur einen gewissen Kultstatus erreicht, wie beispielsweise True Romance, sondern erfuhren auch eine Neubewertung seitens der Kritik, die mittlerweile durchaus anerkennt, dass Tony Scott ebenso einen unverwechselbaren Stil hatte wie sein Bruder. Ein Beispiel dafür mag auch The Fan von 1996 sein, der seinerzeit viele negative Kritiken erhielt und zudem ein kommerzieller Flop wurde. Auch wenn die Verfilmung des Romans von Peter Abrahams lange nicht jene Neubewertung erfahren hat wie True Romance, ist The Fan eine beachtliche Studie über Obsession und Wahn, getragen von einem sehr intensiv spielenden Robert De Niro.
Wie schon in Last Boy Scout ist der Sport bei Tony Scott als eine Metapher für das Dilemma einer Figur zu verstehen. In einer für ihn typischen Montage von Bildern wird der Kult um den Sport in den USA gezeigt, wenn Gil mit seinem Sohn ins Stadion geht, wo die Eröffnung der neuen Saison ein großes Publikum angezogen hat. Die vielen Farben, die Lichter und generell die Summe an unterschiedlichen Eindrücken ist visuell fast schon überwältigend und gibt sehr gelungen diese besondere Verbindung zwischen Publikum und dem Geschehen auf dem Platz wieder, einem Spektakel, was bei weitem nicht mehr nur ein Spiel ist, sondern besonders in den Augen eines Charakters wie Gil eine gewisse Nähe zu seinem eigenen Leben hat, oder wie er es gerne hätte. Mit großer Liebe zum Detail wird sich den Spielzügen, den Abläufen und den einzelnen Athleten gewidmet, einer klar erkennbaren Struktur, in der Fairness und Ehre herrschen, also Werte, wie sie Gil in seinem Leben schon lange vermisst.
Vom Fan zum Obsessiven
Gleichzeitig wird diese überstilisierte Sicht, welche durch die intensiven Farben sowie Zeitlupen verstärkt wird, in The Fan als die Sicht eines Obsessiven verkauft. Nicht nur Gil, sondern auch der von Wesley Snipes gespielte Rayburn übernehmen diese Perspektive auf das Spiel, geht es doch für beide um ein Leben oder eine Sichtweise auf dieses. Während der eine aber vor der letzten Konsequenz zurückschreckt, ist der andere schon verloren und hat beschlossen dieses Bild, welches nur für die Dauer eines Spiels anhält, auf das Leben zu übertragen, was freilich nicht möglich ist. Im Gegensatz zu dem etwas comicartigen Max Cady aus Kap der Angst ist Gil Renard kein Monster, sondern ein Abgehängter, der mit den Regeln des Spiels nicht mehr mithalten kann oder diese einfach nicht mehr kennt.
Auch wenn gewisse Aspekte der Inszenierung bei diesem Psychogramm eines verletzten Menschen stören, bleibt De Niros Darstellung dem Zuschauer im Gedächtnis, gerade weil sich der Schauspieler nicht auf die Fallstricke einer solchen Rolle einlässt und Gil als Verrückten oder gar als Monster spielt. Es ist eine intensive Darstellung, die den Zuschauer fesselt, nicht nur wegen der Spannung, sondern weil man will, dass dieser Mensch sich von seinem Wahn lossagen kann, auch wenn Gil schon lange verloren ist.
OT: „The Fan“
Land: USA
Jahr: 1996
Regie: Tony Scott
Drehbuch: Phoef Sutton
Vorlage: Peter Abrahams
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Dariusz Wolski
Besetzung: Robert De Niro, Wesley Snipes, John Leguizamo, Benicio Del Toro, Ellen Barkin
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