Tove
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Inhalt / Kritik

Tove
„Tove“ // Deutschland-Start: 24. März 2022 (Kino) // 1. Juli 2022 (DVD)

Als Tochter eines Bildhauers und einer Grafikerin ist das Leben von Tove Jansson (Alma Pöysti) schon früh von der Kunst geprägt. Sie selbst träumt davon, sich mit ihren Gemälden einen Namen zu machen. Doch irgendwie will das alles nicht so recht funktionieren: Obwohl sie eifrig weitermalt, ist kein Durchbruch in Sicht. Umso irritierter ist sie, dass ihre Geschichten rund um die Trollwesen Mumins, welche nur eine Nebenbeschäftigung sind, auf so große Resonanz stoßen. Und auch privat läuft ihr Leben nicht so wie gedacht. Erst hat sie eine Affäre mit dem verheirateten Politiker Atos Wirtanen (Shanti Roney), dann verfällt sie der Theaterregisseurin Vivica Bandler (Krista Kosonen) – zwei sehr unterschiedliche Menschen, die sich beide nicht völlig auf Tove einlassen wollen …

Unsterbliche Kinderhelden

Vor ziemlich genau zwanzig Jahren ist Tove Jansson gestorben. Doch die Mumins, die bekannteste Kreation der finnischen Autorin, sind ohne Zweifel unsterblich. Seit ihrem ersten Auftritt in dem Kinderbuch Mumins lange Reise im Jahr 1945 sind die an Nilpferde erinnernden Figuren in unzähligen Fassungen zu sehen gewesen. Neben den ursprünglichen Büchern arbeitete Jansson schon früh an Comic. Später kamen ein Theaterstück, mehrere Serien hinzu. Hierzulande bekannt sind beispielsweise eine die in Polen produzierte Stop-Motion-Puppenshow oder die Animeserie aus Japan, 2019 wurde eine am Computer produzierte Animationsserie ausgestrahlt. Sehr schön ist auch der Zeichentrickfilm Mumins an der Riviera, welcher sich an den Comics orientiert.

Doch während die unverwüstlichen Fantasywesen bis heute in Kinderzimmern auf der ganzen Welt ein Zuhause gefunden haben, dürfte Jansson den meisten höchstens namentlich etwas sagen. Dabei war das Leben der finnlandschwedischen Schriftstellerin sehr viel turbulenter, als es die Bücher vermuten lassen. Und teilweise ziemlich traurig. Eben diese Widersprüche arbeitet Zaida Bergroth in Tove heraus, der fünfte Film der finnischen Regisseurin. Sie konzentriert sich dabei auf einen relativ engen Zeitraum in den 1940ern und 1950ern. In diesen Zeitraum fallen nicht nur die Anfänge der Mumins. Auch sonst war diese Periode sehr prägend für die Finnin, die 2011 im Alter von 86 Jahren gestorben ist, war sie doch von einer Selbstsuche geprägt. Von der Unsicherheit, was sie eigentlich mit ihrem Leben anfangen soll.

Einblicke in ein turbulentes Leben

Dabei konzentriert sich das Drama, welches auf dem Filmfest München 2021 Deutschlandpremiere feierte, auf zwei große Baustellen in Janssons Leben. Da wäre zum einen ihre künstlerische Laufbahn, welche so gar nicht nach Plan verlaufen wollte. Ständig im Schatten ihres bekannten Vaters stehend, musste sie sich in den ersten Jahren zahlreiche unerwünschte Ratschläge und Vergleiche anhören, nur um dann doch nicht den erwünschten Erfolg zu erzielen. Die wachsende Popularität der Mumins gaben ihr zwar finanzielle Sicherheit, noch dazu strahlende Kinderaugen. Doch Tove macht daraus keine eindeutige Erfolgsgeschichte. Stattdessen ist der Protagonistin die Enttäuschung anzusehen, es nicht mit ihrer ernsten Kunst geschafft zu haben, welche sie als ihr eigentliches Ich ansah. Selbst als sie längst zu einer Berühmtheit geworden ist, bezeichnet sie sich selbst noch als gescheiterte Künstlerin.

Die andere Ambivalenz betrifft ihre Beziehungen zu Atos und Vivica, die sich durch den ganzen Film ziehen. Auch hier wurde die Sehnsucht von Jansson nicht belohnt. Gerade das ständige auf und ab bei ihrem Verhältnis mit der lebenshungrigen Vivica hinterlässt Spuren bei der jungen Frau. Dabei ist es gar nicht mal so sehr die Homosexualität, welche zu Problemen führt, wie man bei einer Geschichte zur Mitte des Jahrhunderts erwarten könnte. Zwar spielen sich die Treffen der beiden und auch anderer Frauen im Geheimen ab. Öffentliche Anfeindungen oder Derartiges gibt es in Tove aber nicht. Tatsächlich ist es erfrischend, wie zurückhaltend Bergroth da vorgeht. Sie zeigt zwar auf, dass Jansson ein Freigeist war und ihrer Zeit voraus. Doch daraus wird keine einseitige Heldenverehrung. Die Autorin bleibt eine zerrissene Frau, die sich ihrer emotionalen Abhängigkeit von Vivica bewusst ist, aber kaum dagegen ankommt.

Die Stars am Rande

Hauptdarstellerin Alma Pöysti gelingt es dabei sehr schön, die verschiedenen Facetten ihrer Figur herauszuarbeiten. Bei ihr wird Jansson zu einem Menschen, der im einen Moment still in der Ecke steht und nicht weiter weiß, nur um im nächsten wild durchs Zimmer zu tanzen. Eine Frau, die in mancher Hinsicht sehr genau wusste, was sie will und selbstbewusst auftrat, um dann aber doch mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Das macht Tove auch für ein Publikum interessant, das mit den Mumins nichts anfangen kann. Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie der Film die berühmten Kreaturen zwar immer wieder einbaut, sie dabei aber nie in den Vordergrund rückt. So wie diese auch bei der Schriftstellerin zwar einen erheblichen Stellenwert einnahmen, aber nie Mittelpunkt ihres Wesens waren. Ein bisschen schade ist es schon, dass die Entwicklung der Trolle dabei so kurz kommt. Vor allem die späteren, sehr ernsten Werke, finden keine Erwähnung. Als Porträt einer außergewöhnlichen Frau ist das Drama aber sehenswert und bietet einen interessanten Einblick in das Leben eines Menschen, der so vielen anderen Freude bereitet hat und dabei lang für das eigene Glück kämpfen musste.

Credits

OT: „Tove“
Land: Finnland, Schweden
Jahr: 2020
Regie: Zaida Bergroth
Drehbuch: Eeva Putro
Musik: Matti Bye
Kamera: Linda Wassberg
Besetzung: Alma Pöysti, Krista Kosonen, Shanti Roney, Joanna Haartti, Robert Enckell, Kajsa Ernst

Bilder

Trailer

Interview

Wer noch mehr über den Film oder Mumins-Erfinderin Tove Jansson erfahren möchte: Wir haben uns im Interview mit der Regisseurin Zaida Bergroth über die Arbeit an dem Biopic, ihre Protagonistin und natürlich die Mumins unterhalten.

Zaida Bergroth [Interview]

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Tove
Fazit
„Tove“ nimmt uns mit in die 1940er und 1950er und erzählt von der prägenden Zeit im Leben der Mumins Erfinderin Tove Jansson. Über die aus Büchern und Serien bekannten Trollwesen erfährt man relativ wenig. Dafür gewährt das Drama einen spannenden Einblick in das Leben einer widersprüchlichen Künstlerin, die gleichzeitig still und wild war, Vorkämpferin und Träumerin.
7
von 10