Seit ihrer Kindheit lebt Hanna (Saoirse Ronan) mit ihrem Vater Erik (Eric Bana) in Finnland, versteckt in einer kleinen Holzhütte im Wald. Neben der Jagd besteht ihr Tag vor allem darin mit ihrem Vater zu trainieren, im Kampf mit der Waffe und ohne diese, sowie Sprachen und andere Dingen zu lernen, die ihr in der Welt irgendwann einmal nützlich sein werden. Denn seit sie denken kann, bläut ihr Erik ein, dass sie, sofern sie ihr Versteck aufgeben, gnadenlos gejagt werden und für diesen Fall Hanna bereit sein muss. Doch die will vor allem einmal überhaupt jene Welt kennenlernen, die sie bislang nur aus den Erzählungen ihres Vaters und den Büchern kennt. As ihr Erik anbietet, es liege an ihr, ob sie sich zu erkennen geben oder nicht, zögert sie zwar kurz, ergreift dann aber doch die Gelegenheit beim Schopfe. Am Morgen nach ihrer Entscheidung gibt ihr Vater noch ein paar Instruktionen und macht sich dann auf den Weg, während Hanna sich auf das unvermeidliche vorbereitet: die Begegnung mit Marissa Wiegler (Cate Blanchett), der Mörderin ihrer Mutter und mittlerweile CIA-Agentin, die es nun auf sie und ihren Vater abgesehen hat und nicht eher ruhen wird, bis sie beide tot sind.
„Die Hexe ist tot.“
Nach ihrer ersten Kollaboration für die Verfilmung von Ian McEwans Bestseller Abbitte war Wer ist Hanna? die zweite Zusammenarbeit von Darstellerin Saoirse Ronan und Regisseur Joe Wright, für den sich die Schauspielerin, nach der Absage von anderen Filmemachern, bei den Produzenten stark machte. Wright, der bislang gar nicht im Action- oder Thrillergenre gearbeitet hatte, brachte wohl die passende Mentalität zu dem Projekt, welches zwar in beiden Genres verankert ist, sich aber in vielerlei Hinsicht auch von diesen emanzipiert. So ist mit Wer ist Hanna? ein stilistisch wie erzählerisch umtriebiger Film entstanden, der nicht nur durch seine Darsteller zu überzeugen weiß, sondern speziell durch seine Energie und Wucht.
Wer sich auf Wer ist Hanna? einlässt, sollte eine gewisse Toleranz für Experimentelles mitbringen, denn Joe Wrights Film macht vieles anders als beispielsweise die Filme der Jason Bourne-Reihe. Von der ersten Minute an befindet man sich in jener Welt der Agenten und Verschwörungen, doch zugleich in der Logik eines Märchens. Immer wieder bedient das Drehbuch Seth Lochheads und David Farrs Elemente aus diesem Bereich, von offensichtlichen Verweisen wie einer Ausgabe von Grimms Märchen, die Hanna liest, oder der Etablierung von Cate Blanchetts Charakter als eine Art „böse Hexe“ oder gar „böser Wolf“, was ironisch unterstrichen wird durch ihren Fetisch für saubere Zähne. Mit Bezug auf die Wirklichkeit des Agententhrillers, der eben nach jenen Kategorien funktioniert, wie auch das Märchen, baut sich die Handlung auf. Das erscheint nicht immer ganz logisch und ist bisweilen etwas arg überladen, hat aber nichtsdestotrotz auch einen gewissen Reiz, insbesondere in Sachen Ästhetik, was man am Finale gut sehen kann.
Die Welt abseits des Waldes
Darüber hinaus verweisen die Elemente des Märchens in Zusammenspiel mit denen des Agententhrillers auf einen weiteren, zentralen Aspekt. Wer ist Hanna?, wie der deutsche Titel bereits andeutet, bezieht sich auf eine Initiationsreise der jungen Heldin, deren Natur ebenso von der Wahrnehmung von Gefahren angetrieben wird wie auch dem jugendlichen Drang sich selbst und die Welt um einen herum für sich selbst zu erschließen. In der Hauptrolle zeigt Saoirse Ronan ihre Wandlungsfähigkeit und stellt Hanna einerseits als neugierig und leidenschaftlich dar, während sie andererseits auch die kaltblütige Killerin sein kann, wenn es die Situation verlangt. Neben ihrem Schauspiel betont zudem Paul Tothills Schnitt sowie Alwin H. Küchlers Kameraarbeit diese zwei Seiten von Hannas Charakter, wobei darüber hinaus die tollen Actionsequenzen zu erwähnen sind, insbesondere Hannas Flucht aus dem Bunker oder Eriks Kampf in der U-Bahn.
Ein weiterer Aspekt, der für Wer ist Hanna? unerlässlich ist, aber in der Rezeption des Filmes nicht die Rolle spielt, die ihm gebührt, ist die Filmmusik der Band The Chemical Brothers. Während zum einen die verschiedenen Facetten des Streifens betont werden, treibt die elektronische Musik die Handlung maßgeblich voran, unterstreicht das Getriebene in Hannas Charakter, die in diese Welt hinausgeschleudert wurde und sich in dieser nun zurechtfinden muss.
OT: „Hanna“
Land: Deutschland, UK, USA
Jahr: 2011
Regie: Joe Wright
Drehbuch: Seth Lochhead, David Farr
Musik: The Chemical Brothers
Kamera: Alwin H. Küchler
Besetzung: Saoirse Ronan, Eric Bana, Tom Hollander, Olivia Williams, Jason Flemyng, Cate Blanchett
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)