Eigentlich führen Rosalind (Olga Kurylenko) und Will (Claes Bang) ein ziemlich gutes Leben. Beide feiern sie beruflich Erfolge, die Beziehung läuft harmonisch, Will zieht Rosalinds Zwillingstöchter aus einer früheren Beziehung auf, als wären sie seine eigenen. Bald steht zudem die Geburt ihres gemeinsamen Kindes an, worauf beide sich schon sehr freuen. Als diese jedoch mit Komplikationen verbunden ist, scheint das Glück der zwei zu zerbrechen. Erst verhält sich die junge Mutter eigenartig, besteht darauf, dass ihr ein Kind geraubt worden sein soll. Kurze Zeit später ist sie verschwunden, mit den drei Kindern. Nach einer hektischen und verzweifelten Suche findet Will sie zwar in einem abgelegenen Haus in der Normandie wieder, wo ihr Onkel früher gelebt hat. Aber er macht dabei eine furchtbare Entdeckung …
Eine Action-Heldin ganz zerbrechlich
In den letzten Jahren hat sich Olga Kurylenko eine beständige Karriere im Genreumfeld aufgebaut. Der Schwerpunkt der in der Ukraine geborenen Wahlfranzösin sind dabei Actionfilme, in denen sie als toughe Heldin ihre Kampffertigkeiten unter Beweis stellen darf. Die sind teilweise schon beeindruckend, die Filme sind es meistens nicht. Da kommt nur selten etwas über B-Movie-Niveau hinaus, siehe etwa The Courier – Tödlicher Auftrag und Sentinelle. Dennoch durfte man bei Bay of Silence – Am Ende des Schweigens neugierig sein. Nicht nur, dass sie an der Seite der Charakterschauspieler Claes Bang und Brian Cox auftritt, was auf eine größere inhaltliche Ambition schließen lässt als die meisten anderen ihrer Werke. Der Film ist zudem eine Abkehr von ihrer Paraderolle der nervenstarken, eiskalten Kämpferin.
Tatsächlich ist Rosalind das genaue Gegenteil davon. Nach der verfrühten, letztendlich aber erfolgreichen Geburt ihres Sohnes verwandelt sie sich in ein vor sich hin stammelndes Häuflein Elend, das schon mal die Tapete abkratzt, auf der Suche nach dem vermeintlich verschwundenen Zwilling. Das ist ein etwas unerwarteter Anblick, sowohl inhaltlich wie auch im Hinblick auf Kurylenko. Aber er überzeugt: Bay of Silence – Am Ende des Schweigens ist eine im Prinzip willkommene Gelegenheit für die Schauspielerin zu demonstrieren, dass sie mehr drauf hat als ein gefühlkaltes Abknallen anderer Leute. Ihre darstellerische Leistung gehört sogar zu den Stärken des Films, selbst wenn die Rolle nach dem Zusammenbruch nicht sonderlich viel Abwechslung erlaubt.
Das Spiel mit dem dunklen Geheimnis
Zumindest anfangs ist das vielversprechend, zumal der Film früh klarmacht, dass da noch etwas ganz anderes vorgefallen sein muss als der Sturz von Rosalind, welcher eine vorzeitige Geburt notwendig machte. Die Adaption eines Romans von Lisa St Aubin de Terán gefällt sich darin, dem Publikum Hinweise auf ein großes Geheimnis mitzugeben. Was hat es beispielsweise mit dem seltsamen Koffer auf sich, der aus Frankreich kam? Und kaum ist Will in dem Haus in der Normandie angekommen, entwickeln sich daraus einige weitere Fragen. Zumal Bay of Silence – Am Ende des Schweigens alles andere als subtil ist bei dem Versuch, düstere Vorkommnisse nahezulegen. Regisseurin Paula van der Oest macht allein schon durch die dunklen von Blautönen dominierten Farben klar: Vorsicht, das hier ist finster!
Das eigentliche Problem ist aber nicht, dass der Mysterythriller die Holzhammermethode bevorzugt, wenn es darum geht, Stimmung zu erzeugen. Zum Teil ist die nämlich durchaus annehmbar. Schwieriger ist es beim Inhalt. Bay of Silence – Am Ende des Schweigens ist so sehr damit beschäftigt, beim Drumherum aufzutrumpfen, dass der eigentliche Stoff dabei aus dem Blickwinkel gerät. So sorgt beispielsweise Wills idiotisches Verhalten als Reaktion auf die Ereignisse mindestens für Verwunderung. Nicht dass das der anderen deutlich besser wäre. Richtig ärgerlich ist aber, dass der Ausgangspunkt für die persönliche Katastrophe für die weitere Geschichte irgendwie völlig unwichtig ist, sodass man sich irgendwann bei dem Gedanken ertappt: Moment, und was war jetzt mit …?
Die Frage nach dem warum
Insgesamt wird dann bei Bay of Silence – Am Ende des Schweigens auch nie wirklich klar, was der Film erreichen und erzählen wollte. Vieles hier sollte sich vermutlich darum drehen, wie im Kopf der Figuren, speziell Will, alles in die Brüche geht. Es gelingt dem Film aber nie, daraus auch wirklich Spannung zu erzeugen. Stattdessen fehlt dem Thriller der Thrill, man wartet hier Ewigkeiten darauf, dass tatsächlich mal etwas Relevantes geschieht. Und auch der Schluss überzeugt nicht: Hier wartet man vergeblich auf den Knall oder die überraschende Auflösung. Das ist dann schon alles frustrierend, da bei dem Ensemble deutlich mehr möglich gewesen wäre und die Inhaltsbeschreibung sich eigentlich vielversprechend las. Aber das hilft nichts, wenn das Schweigen zwar durchbrochen wird, dabei aber nichts Interessantes gesagt wird.
OT: „The Bay of Silence“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Paula van der Oest
Drehbuch: Caroline Goodall
Vorlage: Lisa St Aubin de Terán
Musik: John Swihart
Kamera: Guido van Gennep
Besetzung: Claes Bang, Olga Kurylenko, Alice Krige, Assaad Bouab, Brian Cox
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)