Unter einem falschen Namen reist der französische Auftragskiller Lucien Bellon (Jean-Louis Trintignant) nach Los Angeles. Dort soll er einen Mann namens Kovacs, den einflussreichen Anführer eines Verbrecherrings, ausfindig machen und umbringen. Der Auftrag verläuft ganz nach Plan, jedoch bemerkt Lucien bei der Rückkehr in sein Hotel, dass ihm jemand auflauert und ihn beschattet. Wenig später ist er im Parkhaus in eine Schießerei verwickelt und kann in letzter Sekunde entwischen, indem er eine Frau als Geisel nimmt und sich für einige Stunden in ihrem Apartment einquartiert. Während die Nachrichten voll sind vom Mord an Kovacs, bemerkt Lucien noch ein anderes Detail, denn die Beschreibung des Killers passt, obwohl man ihn ganz klar gesehen hat, nicht mit ihm überein, sodass ihm klar wird, dass hier jemand etwas vertuschen will. Sein Anruf bei seinem Kontakt in Paris kann ihm auch keine Antworten geben, doch zumindest die Aussicht auf eine Bleibe bei der Stripperin und Bardame Nancy (Ann-Margret).
Bei Nancy angekommen, ist für Lucien klar, dass er die Stadt so schnell es geht verlassen muss, wofür er aber einen gefälschten Pass braucht, sodass er den nächsten Flug nach Paris nehmen kann. Währenddessen verfolgt jedoch nicht nur die Polizei seine Spur, sondern auch der andere Auftragskiller (Roy Scheider), der schon nach kurzer Zeit eine brauchbare Spur hat. Lucien weiß, dass ihm nicht viel Zeit bleibt, doch als er die wahren Hintergründe des Mordes an Kovacs erfährt, wird ihm klar, dass auch Paris ihm nicht die gewohnte Sicherheit bieten kann. Um aber eine Chance zu haben, muss es ihm gelingen, seinen Kontrahenten zu überzeugen, ihm die Namen seiner Auftraggeber zu sagen.
Im fremdem Revier
Neben seinem wohl bekanntesten Film Der Swimmingpool (1969), mit Romy Schneider und Alain Delon, gilt der Franzose Jacques Deray als Spezialist für Thriller und Krimis, was er mit Werken wie Die Haut des Anderen (1966) oder Der Anwalt (1993) unter Beweis stellte. Während die meisten seiner Projekte in Europa spielten, wurde Brutale Schatten, der international auch unter dem Titel The Outside Man bekannt ist, ausschließlich in Los Angeles gedreht, eine Erfahrung, die für Deray zwar wegen der Sprachbarriere schwierig war, aber dennoch sehr bereichernd. Trotz des Settings einer amerikanischen Großstadt ist Brutale Schatten ein durch und durch europäischer Thriller, der durch seinen unterkühlten Charme sowie seine Schauspieler zu überzeugen weiß.
Besonders in der Originalfassung kommt der wohl interessanteste Aspekt der Geschichte zum Tragen, nämlich das ungewohnte Metier, in dem sich der von Jean-Louis Trintignant gespielte Killer befindet. Ursprünglich nur für wenige Stunden gedacht, sieht er sich nun gezwungen, dort zu bleiben, seine Angreifer ausfindig zu machen und um sein Überleben zu kämpfen, was nicht gerade einfach ist, spricht er Englisch doch nur bruchstückhaft. Trintignant spielt ein Gewohnheitstier, das nicht oder nur sehr zögernd von seiner Routine abweicht, was man an dem fast schon automatischen Ablauf des Mordes sieht, bei dem es ihn noch nicht einmal kümmert, dass die Bedienstete seines Opfers ihn sehen können. Letztlich ist er einer, der untergeht in der Masse und nach getaner Arbeit wieder verschwindet, aber in dieser ungewohnten Welt den Halt zu verlieren scheint, je länger er sich in ihr aufhält und je mehr er von den eigentlichen Vorgängen hinter den Kulissen mitbekommt.
Mächtige Gegner
In typischer Neo-Noir Manier wird die Stadt von Deray als eine Art zweiter Hauptdarsteller inszeniert. Führt der Weg des Killers am Anfang noch durch Luxushotels und die abgeschirmten Villenviertel der Reichen, sind es schon bald die schummrigen Bars und Stripklubs, welche scheinbar betonen, wie tief Bellon in einer Verschwörung unterzugehen droht, die sich bis weit in die hohen gesellschaftlichen Kreise der Stadt erstreckt. Die Welt um ihn herum erscheint konsequenterweise immer klaustrophobischer, dunkler und abgründiger, sodass selbst ein Mensch wie Bellon in ihr zu versinken droht. Das ist durchaus spannend inszeniert und gut fotografiert, auch wenn die Geschichte bei einer Laufzeit von über 100 Minuten sich etwas verzettelt in Aspekten, welche die eigentlich simple Handlung irgendwie komplexer erscheinen lassen sollen.
Mag es Deray auch an dem Budget der US-amerikanischen Genrevorbilder mangeln, so hat Brutale Schatten dennoch ein paar Schauwerte zu bieten, beispielsweise die zweite Schießerei zwischen den beiden Killern in einer Bauruine oder etwa die Verfolgungsjagd die sich der von Roy Scheider gespielte Auftragsmörder mit der Polizei leistet.
OT: „Un homme est mort“
Land: Frankreich, Italien
Jahr: 1972
Regie: Jacques Deray
Drehbuch: Jena-Claude Carrière, Jacques Deray, Ian McLellan Hunter
Musik: Michel Legrand
Kamera: Silvano Ippoliti, Terry K. Meade
Besetzung: Jean-Louis Trintignant, Ann-Margret, Roy Scheider, Michel Constantin, Angie Dickinson
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