Der Tod eines Haustiers kann, je nachdem wie stark und innig die Beziehung zu diesem war, fast genauso schmerzen wie der Verlust eines geliebten Menschen. So ist für Ted (Matthew C. Vaughan) der Tod seines Katers Patrick eine Tragödie in seinem Leben, die er meint, nicht überwinden zu können. Jedoch fasst Ted einen Plan, der ihm sein geliebtes Haustier wieder zurückbringen kann, denn nur wenn er neun Menschenleben auslöscht und diese im Namen Patricks opfert, kann es ihm gelingen, seinen Kater wieder ins Leben zurückzuholen. Ausgestattet mit einer Katzenmaske, einem Paar Handschuhe, gespickt mit rasiermesserscharfen Klauen, sowie einem übergroßen Umschnall-Dildo, der dem Geschlechtsteil eines Katers nachempfunden ist, geht er in den Straßen Melbournes auf Beutezug. Schon bald machen die Nachrichten über seine blutigen Taten die Runde in den Medien, die noch mehr die Angst vor dem unbekannten Killer schüren, der seine Opfer auf so brutale Weise umbringt, ihnen das Blut abzapft und sie meist enthauptet.
Parallel zu Teds Morden durchleidet Claire (Shian Denovan) eine ganz andere Krise. Nicht nur wurde ihre Katze, mit der sie einen eigenen YouTube-Kanal hatte, ermordet, sondern sie wurde von ihrem Killer auch noch vergewaltigt. Das Video der Tat wurde zwar ins Netz gestellt, doch die Suche nach dem Täter blieb ohne Erfolg, was die Angst der jungen Frau weiter schürt, deren Trauma immer weiter geht, als sie bemerkt, dass ihre Vergewaltigung eine schier nicht aufhörende Schar an Followern und Reaktions-Videos provoziert. In einer Therapiegruppe meint Claire endlich Zuhörer gefunden zu haben, die sie verstehen und ihr bei der Verarbeitung der schrecklichen Erfahrung helfen können. Auch Ted ist Teilnehmer der Sitzungen und hat schon bald ein Auge auf dieses neue Mitglied geworfen.
Rituale einer Katze
Bereits 2015 erblickte Cat Sick Blues, der zweite Langfilm des Australiers Dave Jackson, das Licht der Welt und wurde beispielsweise in Spanien und wenig später auch in Jacksons Heimat dem Kinopublikum gezeigt. Die Ursprünge des Projekts gehen allerdings noch weiter zurück, denn bereits der Kurzfilm Cat Sick Blues wusste beispielsweise auf dem Fantasia International Film Festival 2012 zu beeindrucken, auch wenn die Erweiterung der Geschichte auf Spielfilmlänge sich als schwierig erwies. Nach vielen Jahren der Arbeit und dank des unermüdlichen Einsatzes von Jackson und seinem Team kam dann doch das Projekt zustande, das sich in den Fußstapfen von Werken wie Williams Lustigs Maniac (1980) bewegt, doch neben blutigen Effekten auch eine Geschichte über Einsamkeit und Entfremdung erzählt.
Einen Film wie Cat Sick Blues dem Horrorgenre zuzuzählen mag in erster Linie einer gewissen Hilflosigkeit geschuldet sein. Ähnlich wie bei dem bereits erwähnten Maniac oder John McNaughtons Henry: Portrait of a Serial Killer (1986) geht es auch Jackson in erster Linie um eine Art Psychogramm einer Figur, oder vielmehr eines Zustandes, der immer schwankt zwischen Obsession und Trauma. Der Tod seiner Katze, kombiniert mit Teds Modus Operandi, erweckt eher den Eindruck, dass es sich hier um den Ausdruck einer Wut, eines Hasses und letztlich auch einer Einsamkeit handelt, die sich in ihrer Extremität äußert in jenen Verstümmelungen, die er seinen Opfern beibringt. Der Rausch, in dem sich Ted befindet, wird durch den Einsatz von Zeitlupeneffekten sowie der düsteren Filmmusik Matthew Reverts noch verstärkt, was die Morde zwanghaft erscheinen lässt. Jacksons Inszenierung betont den Eindruck, dass es sich in diesen Sequenzen um Einsichten in den verstörten Geist Teds handelt, der sich schon seit langer Zeit, wie auch der Protagonist in Maniac, vom eigentlichen Beweggrund seiner Taten emanzipiert hat, was diese umso verstörender macht.
Zeugen der Gewalt und des Traumas
Indem Dave Jacksons und Andrew Gallachers Drehbuch die Geschichte Claires miteinbeziehen, nehmen sie noch eine weitere Ebene in den Film mit auf, welche eng verknüpft ist zu der Faszination mit Tragödien und Trauma, wie sie besonders in der heutigen Internetkultur zu finden ist. In der vielleicht besten Szene von Cat Sick Blues sieht sich Claire die Reaktionen anderer YouTuber auf ihre Vergewaltigung an, was ihren Schock noch verstärkt und auf jenes Maß an Empathielosigkeit und Passivität verweist, welches natürlich auch jemandem wie Ted erlaubt, über einen so langen Zeitraum unentdeckt seine blutige Spur in der Stadt zu hinterlassen und seine Wohnung mit den grausamen Trophäen seiner Beutetouren zu zieren.
Auch wenn sich Jacksons Film bisweilen in seiner eigenen Surrealität etwas verliert, überwiegt der Eindruck einer Geschichte über Isolation, Entfremdung und Einsamkeit zu folgen. Die Katze wird nicht nur zur Tarnung der Identität des Killers, sondern sie wird zu dieser oder vielmehr dem Wunsch nach einer Transformation, an dessen Schluss ein Ende jener Isolation stehen könnte, die der Tod des Haustiers ausgelöst hat, von der sich Ted aber schon weit entfernt hat.
OT: „Cat Sick Blues“
Land: Australien
Jahr: 2015
Regie: Dave Jackson
Drehbuch: Dave Jackson, Andrew Gallacher
Musik: Matthew Revert
Kamera: Daniel Cowan
Besetzung: Matthew C. Vaughan, Meg Spencer, Jeni Bezuidenhout, Danae Swinburne, Rob Alec, Mahalia Brown, Shian Denovan
Wie kam er auf die Idee für Cat Sick Blues? Und wie geht er mit den Kontroversen um, die sein Film auslöst? Diese und weitere Fragen haben wir Regisseur Dave Jackson in unserem Interview zu seinem umstrittenen Horrorwerk gestellt.
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