Als ein gewaltiger Versicherungsbetrug auffliegt, an dem er nicht ganz unbeteiligt war, macht sich Jimmy (Matt Dillon) lieber erst mal aus dem Staub und flüchtet nach Kambodscha. Dort will er sich nicht nur dem langen Arm des Gesetzes entziehen, sondern auch seinen Partner Marvin (James Caan) ausfindig machen, schuldet der ihm doch eine schöne Stange Geld. Von dem fehlt jedoch jede Spur. Stattdessen trifft er auf seiner Suche auf den Hotel- und Barbesitzer Emile (Gérard Depardieu), den nicht minder zwielichtigen Joseph Kaspar (Stellan Skarsgård), aber auch Sophie (Natascha McElhone), die bei einer wohltätigen Organisation arbeitet und die eine Möglichkeit für ein ganz anderes Leben bieten würde. Doch bevor er sich darauf wirklich einlassen kann, spannt er den einheimischen Fahrradrikschafahrer Sok (Kem Sereyvuth) für seine Dienste ein und geht bei seiner Suche ein großes Risiko ein …
Ein vergessenes Regiedebüt
Anfang der 2000er Jahre hatte Matt Dillon bereits in mehreren Dutzend Filmen mitgespielt, von den Rebellentagen in den Dramen Die Outsider – Rebellen ohne Grund und Rumble Fish bis zum Erotikthriller Wild Things, hatte sich vielfach als Charakterdarsteller etabliert. Aber wie das so ist bei Schauspielern, die in ihrer Karriere viel erreicht haben: Manchmal möchte man mehr sein. Und so gab der US-Amerikaner 2002 mit dem Thriller Citys of Ghosts sein Debüt als Regisseur, schrieb an dem Drehbuch mit und übernahm auch gleich die Hauptrolle. Am Ende interessierte sich jedoch kaum jemand dafür. In den USA wurde der Film nur in geringem Maße im Kino gezeigt, in vielen anderen Ländern erschien das Werk ohnehin nur auf DVD. So auch bei uns. Nach dem finanziellen Desaster war die Sache mit der Regiekarriere gleich wieder vergessen.
Der Film selbst ist dabei deutlich besser, als es das magere Ergebnis erwarten lassen würden. So nutzte der Schauspieler sein Renommee und die eigene Starpower, um doch ein prominentes Ensemble um sich zu scharen. Und zumindest dieses ist jedes Geld wert. Ob es nun Gérard Depardieu ist, der ein heruntergekommenes Hotel führt, bei dem ganz offensichtlich kleinere Diebstähle aufs Haus gehen, oder James Caan als gerissen-schmieriger Betrüger: Sie alle gehen in ihren Rollen auf. Dillon selbst lässt sich da schon ein bisschen mehr treiben, hat dafür aber die ambivalenteste Figur abbekommen. Ein Held ist er sicher nicht, so wie es in City of Ghosts allgemein wenige gibt, die auch nur irgendwie eine Vorbildfunktion haben könnten. Doch in dem rein kriminellen, moralisch verkommenen Umfeld ist er vielleicht zumindest das kleinere Übel.
Zu Gast in einem mystisch-dreckigen Ort
Überhaupt ist der eigentliche Star des Films keiner der genannten Hollywoodgrößen. Vielmehr verstehen es Dillon und sein Kameramann Jim Denault (Boys Don’t Cry), den Schauplatz Kambodscha schön in Szene zu setzen. Dabei widerstehen sie der Versuchung, das fernöstliche Land auf einen reinen Exotikfaktor reduzieren zu wollen und die Wildnis zu romantisieren. Vielmehr hat es immer etwas Unheimliches an sich, etwas Abgründiges. Interessant ist dabei, wie die verschiedenen Orte dabei gleichzeitig irgendwie mythisch und doch sehr real wirken. Vor allem die Bar ist großartig: Die Szenen dort gehören zu den Highlights von City of Ghosts.
Das ist jedoch in erster Linie der stimmigen Atmosphäre und dem Ensemble geschuldet. Tatsächlich spannend ist der als Thriller verkaufte Film eher nicht. Die Handlung kommt über weite Strecken nicht so richtig in Gang, die Geschichte an sich ist auch eher zu vernachlässigen. Zwar baut City of Ghosts später noch mal ein paar kleinere Wendungen ein. Außerdem hat Marvin eine offensichtliche Vorliebe für groß angelegte, nicht richtig schlüssige Täuschungsmanöver. Aber das reicht nicht aus, um die Aufmerksamkeit wirklich bis zum Ende durchgängig an sich zu reißen. Bei nicht wenigen wird die dezente Ereignislosigkeit sogar zur Langeweile führen.
Gangsterporträt mit Mängeln
Aber auch wenn City of Ghosts in der Summe sicher nicht der ganz große Wurf wurde und irgendwie frustrierend unvollkommen ist: Ein bisschen schade ist es schon, dass Dillon im Anschluss das mit der Regie doch wieder hat bleiben lassen. Mit einem besseren Drehbuch, das entweder eine stringentere Geschichte erzählt oder sich mehr noch auf die Figuren konzentriert, wäre vielleicht noch ein ganzes Stück mehr draus geworden. So aber bleibt das Gangsterporträt bei gehobenem Durchschnitt stecken. Ein Film, der eigentlich jede Menge mitbringt für einen packenden Abend und doch nicht genug bietet.
OT: „City of Ghosts“
Land: USA
Jahr: 2002
Regie: Matt Dillon
Drehbuch: Matt Dillon, Barry Gifford, Mike Jones
Musik: Tyler Bates
Kamera: Jim Denault
Besetzung: Matt Dillon, James Caan, Stellan Skarsgård, Natascha McElhone, Gérard Depardieu, Kem Sereyvuth
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)