Während seine Altersgenossen sich nach der Schule treffen, ist für den autistischen Oliver (Azhy Robertson) schon alleine die Bewältigung des Alltages ein Problem, oder zumindest sehen dies seine Eltern Sarah (Gillian Jacobs) und Marty (John Gallagher Jr.) so, die ihn im Schutz der eigenen vier Wände und immer unterstützt durch einen Betreuer haben. Jedoch leidet der Junge in erster Linie unter der Einsamkeit, weshalb das Handy, welches er braucht um zu kommunizieren, ihm auch als Zeitvertreib dient. Eines Tages findet er im App-Store ein neues Programm namens „Misunderstood Monsters“, welches er sogleich installiert und startet, und welches die Geschichte eines Monsters namens Larry erzählt, das ebenso wie er alleine ist und verzweifelt nach einem Freund sucht. Oliver schenkt der App keine weitere Beachtung, doch als seine Mutter drei seiner Schulkameraden zum Übernachten bei ihnen zu Hause einlädt, kommt es zu einem gruseligen Zwischenfall. Als er ihnen die neue App zeigt, gehen die Lichter im Haus an und aus, und die Jungs meinen, von etwas beobachtet zu werden. Schließlich gehen die vier in die Küche, wo sie zum ersten Mal dem Monster begegnen, was sie nur durch die Kamera des Handys sehen können.
Als am nächsten Tag die völlig verstörten Jungen von ihren Müttern abgeholt werden, sehen diese die Schuld bei Oliver, was diesen noch mehr als vorher isoliert. Da ihm weder seine Mutter noch sein Vater Glauben schenken, gehen sie dem wahren Grund auf die Spur, wobei schließlich auch Sarah Bekanntschaft mit dem ungebetenen Gast in ihrem Haus macht. Die Geschichte, welche die App erzählt, offenbart dabei noch ein beunruhigendes Detail, denn nicht nur ist Larry hinter Oliver her, er wird auch jeden, der ihm im Weg steht, verfolgen und aus dem Weg schaffen.
Normal sein
Mit Come Play kommt nach einiger coronabedingter Verzögerung das Spielfilmdebüt von Drehbuchautor und Regisseur Jacob Chase zumindest im Heimkino auf den Markt. Den Ausgangspunkt bildet Chases Kurzfilm Larry, in dem der Wächter eines Parkplatzes durch ein Tablet Bekanntschaft mit dem gruseligen Monster macht, welches ihn fortan heimsucht. Der Kurzfilm, den man nach wie vor beispielsweise auf YouTube finden kann, funktioniert nach einer ähnlichen Prämisse wie David F. Sandbergs Vorlage zum Spielfilm Lights Out, da da Monster nur zu sehen ist, wenn man es durch die Kamera eines Handys oder Tablet sieht. Indem die Handlung nun ausgedehnt wurde, ist mit Come Play ein Horror-Thriller entstanden, der in seiner Behandlung von Themen wie Familie und Trauma deutliche Parallelen zu Jennifer Kents Der Babadook aufweist.
Während viele interessante Filmideen, gerade im Horrorgenre, sich bei bekannten Videoplattformen finden lassen, ist ihre Erweiterung in Form eines Spielfilms eher enttäuschend bis hin zu miserabel, was man anhand des bereits erwähnten Lights Out oder dem langweiligen Slender Man (2018) sehen kann. Sobald man in Come Play das erste Mal Larry erblickt hat als Zuschauer und verstanden hat, welche Bedrohung von diesem Wesen ausgeht, möchte man meinen, dass Chases Film ein ähnliches Schicksal widerfahren wird wie den genannten Beispielen. Jedoch erweitert der Regisseur nicht nur das Universum des Kurzfilms, sondern denkt auch die Symbolik des Monsters weiter, vor allem aber spielt er thematisch auf die mittlerweile sehr verbreitete Angst an, einer Norm nicht zu entsprechen. Mag man über die Darstellung des Themas Autismus auch streiten, so sind die teils unbequemen Szenen, in denen sich Olivers Eltern beispielsweise wünschen, doch normal zu sein, nicht nur schauspielerisch gelungen, sondern zeigen an, welche sinnvollen thematischen Aspekte Chases in Come Play berücksichtigen wollte.
Die Angst vor der Einsamkeit
Darüber hinaus denkt Chase die Idee der Einsamkeit weiter. Die Idee, nicht normal zu sein, ist eng gekoppelt an die Furcht alleine zu sein, was Oliver in die Welt der Gadgets, der Bildschirme des Handys und des Tablets flüchten lässt. Die Abhängigkeit von Technologie im Alltag betrifft auch seine Eltern, sodass sich der von John Gallagher Jr. gespielte Vater auf Kamera und Licht verlässt, wenn es um die Überwachung seines Arbeitsplatzes geht. Was für den einen aber nur eine Art nützlich-obligatorische Nebenerscheinung des Alltags ist, wird für den Jungen zu etwas sehr Essenziellem, was das Monster naturgemäß ausnutzt. In dem jungen Azhy Robertson hat Regisseur John Chase einen sehr talentierten Darsteller gefunden, der besonders die Angst vor Alleinsein und das Dilemma eines Menschen, der sich nicht anders verhalten kann, gut darstellen kann.
Auch wenn Come Play nicht ganz an die Vorbilder herankommt, auf welche die Handlung anspielt, so ist zu loben, dass Chase weniger auf jump scares setzt und mehr das Drama der Familie in der Vordergrund rückt. Die Idee seines Kurzfilms hat er nicht nur thematisch, sondern auch technisch weitergedacht, obwohl sich der Effekt nach einiger Zeit etwas abnutzt.
OT: „Come Play“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Jacob Chase
Drehbuch: Jacob Chase
Musik: Roque Baños
Kamera: Maxima Alexandre
Besetzung: Gillian Jacobs, John Gallagher Jr., Azhy Robertson, Winslow Fegley
Wie was es, seinen Kurzfilm zum Spielfilm auszubauen? Und welche Möglichkeiten bringt der Horrorfilm? Die und weitere Fragen haben wir Regisseur Jacob Chase in unserem Interview zu Come Play gestellt.
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