Im Leben von Vera Kemp (Martina Gedeck) fehlt es an nichts: Sie ist glücklich verheiratet, hat einen Sohn, auch finanziell ist die Firmenerbin bestens versorgt, während sie sich mit der Herausgabe von Kunstbüchern einen persönlichen Traum gönnt. Doch all das droht in sich zusammenzufallen, als sie ausgerechnet an ihrem Geburtstag erfährt, dass ihr Mann Manfred (Tobias Moretti) eine Geliebte haben soll. Und das ist nur der Anfang einer ganzen Reihe von Rückschlägen, die sie zu verkraften hat. Nicht nur, dass ihr Privatleben vor einem Scherbenhaufen steht, muss sie nun auch um das Überleben ihrer Firma kämpfen, für die sie sich lange nicht übermäßig interessierte …
Das Leben ist Mist
Es gibt ja so Phasen im Leben, in denen scheint sich die ganze Welt gegen einen verschworen zu haben. Alles, was du tust, geht irgendwie schief. Und selbst wenn du ganz still hältst, prasselt es auf dich herein. Deine besten Jahre erzählt von einer solchen Phase, wenn die Protagonistin eine Prüfung nach der anderen zu überstehen hat. Und immer, wenn man gerade meint, sie hätte das jetzt in Griff bekommen, folgt der nächste Schlag. Ein Schlag, der von überall herkommen kann: Mal muss sie feststellen, dass sie sehr viel weniger über das Leben und die Menschen weiß, als sie immer dachte. Manchmal ist es auch „nur“ ein grausamer Schicksalsschlag, am falschen Ort zur falschen Zeit.
Während dieses Gefühl, dass alle auf einen einprügeln, recht universell verstanden werden dürfte, darf man hinter die konkreten Gängelungen der Vera Kemp schon das eine oder andere Fragezeichen setzen. Dass der eigene Ehemann fremd geht, das kann schon einmal vorkommen. Gleiches gilt für die Schicksalsschläge, mit denen sie fertig werden muss. In der Kombination ist das hingegen schon ein bisschen viel. Und wenn später dann noch der Aspekt des drohenden Firmenverlusts hinzukommt, einhergehend mit weiteren bitteren Erkenntnissen, sollte auch den Letzten klar werden: Mit einem Konzept wie Glaubwürdigkeit braucht man bei Deine besten Jahre gar nicht erst anzukommen. Das hat hier mehr von einer Seifenoper, die mit einem Verschwörungsthriller gekreuzt wurde.
Unheilvoll bis surreal
Tatsächlich lässt der Film von Anfang an keinen Zweifel daran, dass das hier alles ganz böse weitergehen wird. Regisseur Dominik Graf (Fabian oder Der Gang vor die Hunde) bastelt an einer Atmosphäre des Unbehagens, des Zweifelns oder gar Verzweifelns. Je mehr Zeit wir mit der Protagonistin verbringen, umso düsterer werden die Aussichten. Umso eigenartiger wird aber auch alles. Als wäre die an den Haaren herbeigezogene Geschichte nicht schon genug Anlass, dass man sich in eine Parallelwelt transportiert fühlt, gibt der Filmemacher seinem TV-Drama eine unwirkliche Stimmung, die manchmal sogar leicht in Surreale kippt. Hier gibt es keine Menschen, sondern umherirrende Geister. Die Leute, denen die unglückselig Verlorene begegnet, gleichen Dämonen und geflüsterten Schatten, bei denen man nie weiß, was real ist und was nicht.
Als Paranoiathriller hätte das durchaus spannend werden können. Stattdessen soll Deine besten Jahre aber ein Drama sein, das vom Zerfall der Protagonistin genauso wie von ihrer Emanzipation erzählt. Ersteres passt ganz gut, auch wegen der Besetzung: Martina Gedeck zeigte Jahre später in Die Wand, wie ein Mensch durch Isolation langsam in sich zusammenfällt. Zum Teil ist das auch hier so, da Vera abgesehen von Andreas Wolgast (Tim Bergmann) niemanden hat, der ihr beistehen würde. Und wenn man das Gefühl hat, dass alle gegen einen sind und man ganz alleine ist, darf man schon mal den Verstand verlieren. Nur ist der Film eben nicht sonderlich konsequent, was dieses Thema angeht. Stattdessen kommt ein eigenartiger Mischmasch aus Verlust und Selbstbehauptung heraus, der zwar atmosphärisch interessant ist, inhaltlich jedoch zu konfus bleibt und nicht wirklich etwas sagt. Hier wird vieles mal angegangen, dann aber wieder fallengelassen. Irgendwann ist das dann alles vorbei, ohne dass jedoch etwas Greifbares dabei herausgekommen wäre.
OT: „Deine besten Jahre“
Land: Deutschland
Jahr: 1999
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Markus Busch, Bernd Schwamm
Musik: Dieter Schleip
Kamera: Benedict Neuenfels
Besetzung: Martina Gedeck, Tobias Moretti, Carla Hagen, Tim Bergmann, Wolfgang Hinze, Mona Seefried, Frederic Welter
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