Fantastische Pilze – Die magische Welt zu unseren Füßen

Leben – Tod – Zersetzung. Der Kreislauf des Lebens, ein Mysterium an sich, wird zu jeder Zeit von noch mysteriöseren Gehilfen begleitet. Pilze, zu finden in jedem organischen Körper, als auch billionenfach in nur einem Quadratmeter Erdboden, sind neben den Bakterien maßgeblich an dem Zyklus von Verwesung und Wiedergeburt beteiligt. Und auch wenn ohne die Welt der Pilze gar nichts funktionieren würde, so hat man wahrscheinlich doch ganz unterschiedliche Assoziationen. Schimmel, Tod und Zerfall bilden dabei aber nur die eine Seite der Medaille ab. Dokumentarfilmer Louie Schwartzberg will mit diesen Assoziationen aufräumen und hält in seiner neusten Dokumentation die spannende Welt der „fantastischen Pilze“ in wunderschönen Bildern fest.

Biologieunterricht im Kino

Zurückversetzt auf der Schulbank, gleicht Schwartzbergs neuer Produktion schon fast einer Unterrichtsstunde Biologie. Hierbei lernt man eine ganze Menge über die Welt der Pilze hinzu und das in den unterschiedlichsten Kategorien. Angefangen von der generellen Besonderheit und dem wohl immer relevanter werdenden Thema der „Magic Mushrooms“ bis hin zu der medizinischen Bedeutung, erhält man vor dem Hintergrund eine Art Best Of dessen, wozu die Welt der Pilze so alles in der Lage ist. Doch nicht nur das. Da Schwartzberg darüber hinaus auch die kulturelle Bedeutung festhält und ganz konkret auf die Beziehung zwischen Mensch und Pilz eingeht, stellt sich seine Dokumentation als ein holistisches Werk heraus. Es werden hierbei nicht nur wissenschaftliche Fakten präsentiert, sondern auch  die generelle Begeisterung geweckt, wieder einmal „in die Pilze zu gehen“. Dies hinterlässt letztlich auch den Eindruck, nach den relativ kurz gehaltenen 80 Minuten bestens informiert zu sein.

Zeiten ändern sich

Untermauert mit sehr gelungenen Bilder, die sowohl prächtige Zeitraffer und Mikroskopaufnahmen als auch Computeranimationen und Archivaufnahmen umfassen, folgt darüber hinaus ein Exkurs in die Geschichte der letzten 70 Jahre. Präzise herausgearbeitet, stellt man hierbei schnell fest: Die Forschung zur Welt der Pilze stockt und der Umgang, zumindest von Seiten der Politik, hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte nur bedingt geändert. Ein Sprung in die Vergangenheit der 60er Jahre, als psilocybinhaltige Pilze als Partydrogen entdeckt wurden, erklärt in der Hinsicht, warum Pilze mit bewusstseinserweiternden Substanzen bis heute skandalisiert werden, haben sie doch pharmakologische  „Wunderkräfte“, die unbedingt noch weiter erforscht werden sollten.

Doch man hat den Eindruck, dass sich da schon etwas tut, denkt man nur einmal an den Pharmakologen Dr. Christian Rätsch zurück, der zu Zeiten von TV Total noch als DER Drogenexperte bezeichnet wurde und mit zur Aufklärung bestimmten Selbstexperimenten in aller Munde war. Dass sich das bis heute fortsetzt, zeigt sich auch recht anschaulich am Beispiel von YouTube. Hier finden sich mittlerweile tausende Video darüber, nicht selten mit Titeln wie beispielsweise „Das passiert, wenn du Magic Mushrooms nimmst!“. Fantastische Pilze versteht sich aufgrund dieses Umdenkens nicht nur als reine Dokumentation sondern auch als Appell, sich mit bewusstseinserweiternden Pilzen, die auch zur therapiebegleitenden Anwendung in der Medizin eingesetzt werden können, wissenschaftlich näher auseinander zu setzen. An Bildung und Aufklärung, die mit jahrzehntealtem Halbwissen aufräumt, kann es ja bekanntlich nie zu viel geben.