Als in einem Indianer-Reservat ein Stammesratsmitglied ermordet wird, reisen die FBI-Agenten Ray Levoi (Val Kilmer) und Frank Coutelle (Sam Shepard) von Washington nach South Dakota, um die Sache zu untersuchen. Gerade auf Ray werden große Hoffnungen gesetzt, ist er doch selbst indigener Abstammung und könnte dadurch zum Bindeglied zu den Menschen vor Ort werden. Dabei tut er sich zunächst schwer mit der Aufgabe, hatte er sich bislang doch nie mit seinen eigenen Wurzeln auseinandergesetzt. Erst mit der Zeit gelingt es ihm, auch dank des lokalen Polizisten Walter Krähen-Hengst (Graham Greene), den Menschen und ihren Bräuchen näherzukommen und damit das Rätsel um den Mord aufzulösen …
Das schwierige Leben der indigenen Bevölkerung
Rassismus, Alkoholismus und Drogenabhängigkeit, fehlende berufliche Perspektiven – über das Schicksal der indigenen Bevölkerung Amerikas wurde oft gesprochen und dabei vor allem die finsteren Aspekte beleuchtet. Der Stoff ist dabei zwangsläufig für ein Sozialdrama prädestiniert, das sich mit der Geschichte der Völker und den Folgen der Unterwerfung durch den weißen Mann auseinandersetzt. Dann und wann werden diese Aspekte aber mit Genreelementen verbunden. Vor einigen Jahren sorgte beispielsweise der eisige Wind River über einen Mord in einem Indianer-Reservat für Begeisterungsstürme. Ein kleiner Geheimtipp ist zudem Wild Indian, der von einem unterdrückten indigenen Jungen erzählt, der selbst ein furchtbares Verbrechen begeht und dessen Folgen noch Jahre später nachwirken.
Ein bisschen in Vergessenheit geraten ist dabei Halbblut, welches bereits rund drei Jahrzehnte vorher ein solches Porträt mit einer Mördersuche verband. Im Gegensatz aber zu Wind River oder auch Der mit dem Wolf tanzt, bei dem Außenstehende eine für sie fremde Welt erkunden, geht es hier maßgeblich auch darum, dass ein Mann indigener Abstammung seine eigenen Wurzeln wiederfindet. Zunächst sieht man Ray nämlich kaum an, dass indianisches Blut durch ihn fließen soll. Er dient als Beispiel für all diejenigen, die sich so sehr angepasst haben, bis von ihrer Ursprünglichkeit nichts mehr übrig geblieben ist. Dass dies keine wirkliche Lösung ist, vielmehr Entfremdung und Verlust ein hoher Preis für Stabilität sind, daran lässt der Film keinen Zweifel.
Zwei konträre Welten
Ein bisschen schießt der Film bei diesem Thema übers Ziel hinaus. Wenn Ray später Visionen hat, die zum Symbol einer inneren Wahrheit und Stärke werden, dann wird da schon ein wenig grob mit Kontrasten gespielt. Auf der einen Seite das Spirituelle der ursprünglichen Bevölkerung, auf der anderen Seite das Strenge und Berechnende des weißen Mannes, sonderlich ausgewogen ist das nicht. Und auch bei der Figurenzeichnung machte man es sich bei Halbblut recht einfach. Für einen Film, der gerade davon handeln soll, wie zwei konträre Welten innerhalb eines Mannes zusammenfinden, fehlt es an den notwendigen Zwischentönen.
Aber auch wenn der Krimi zum Teil eher schlicht angelegt ist, sehenswert ist das hier schon. Regisseur Michael Apted (Das Gesetz der Macht, Nashville Lady) gelingt ein interessantes Porträt einer Gemeinschaft, die unter dem Druck von außen die eigene Identität zu bewahren versucht. Die sich immer fragen muss: wozu bin ich bereit, um mein Überleben zu sichern in einer Welt, die mich nicht braucht oder haben will? Damit einher geht bei Halbblut eine Anklage an ein korruptes System, lose basierend auf einem wahren Fall, welches keinerlei Skrupel zulässt. Ob Mensch oder Natur, alles wird zur eigenen Bereicherung unterworfen. Die Zeit der Kolonialisierung, sie hat nie wirklich aufgehört, auch wenn sie inzwischen einiges versteckter macht als vorher.
Insgesamt gut umgesetzt
Bei all der gesellschaftlichen Ausrichtung ist der Film trotz allem auch ein Krimi, bei dem man als Zuschauer und Zuschauerin rätseln darf, was genau da vorgefallen hat. Zumindest bei der Erstsichtung besteht ein Teil des Reizes in der Mörderjagd an sich, losgelöst von dem Szenario. Halbblut überzeugt aber auch bei der Umsetzung der Geschichte. Die Kamera von Roger Deakins (1917) betont mit den Aufnahmen der trockenen, brüchigen Gegend die Ursprünglichkeit und raue Schönheit der traditionell eingestellten Gemeinschaft. Schauspielerisch funktioniert das hier alles ebenfalls gut. Dass Val Kilmer selbst ein Befürworter der Rechte der indigenen Bevölkerung ist und sich für den Naturschutz einsetzt, dürfte dazu beitragen, dass man ihm den Wandel vom Regelverfechter zum Visionär abkauft.
OT: „Thunderheart“
Land: USA
Jahr: 1992
Regie: Michael Apted
Drehbuch: John Fusco
Musik: James Horner
Kamera: Roger Deakins
Besetzung: Val Kilmer, Sam Shepard, Graham Greene, Fred Ward, Fred Dalton Thompson, Sheila Tousey
https://www.youtube.com/watch?v=KABfvq9DfoM
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