Im beschaulichen Duffy im Bundesstaat Georgia träumen viele junge Menschen davon, einmal in die große Welt hinauszuziehen und vielleicht sogar berühmt zu werden. In gewisser Weise hat sich Jack Spade (Stephen Amell) diesen Traum bereits erfüllt, als er die Leitung von DWL, einer regionalen Wrestling-Liga, übernahm und nach wie vor jeden Abend im Ring steht. Zusammen mit seiner Mutter führt er das Unternehmen, mietet Hallen, verhandelt mit Werbepartnern und entwirft Geschichten für die einzelnen Athleten und entscheidet darüber, wer ein Guter („face“) und wer ein Bösewicht („heel“) im Ring ist. Jack geht dabei mit bestem Beispiel voran, denn als Ringcharakter hat er eine Fehde mit seinem eigenen Bruder Ace Spade (Alexander Ludwig), der im Gegenzug den Beifall der Fans und deren Bewunderung genießt. Jedoch kann Jack seine Familie mit den Einnahmen nicht ernähren, sodass der Wettbewerb um mehr Aufmerksamkeit, über die Grenzen von Duffy hinaus, für ihn sehr wichtig ist. Bislang jedoch reicht es für die Gemeindehalle und leerstehende Scheunen in der Stadt, weshalb Jack und seine Familie auf seinen Job als Vertreter für Rasenmäher angewiesen sind.
Während Jack immer darauf achtet, seinen Charakter im Ring und die Privatperson Jack Spade voneinander zu trennen, überträgt sich der Zwist mit seinem Bruder immer mehr auch auf das wahre Leben. Als Ace nämlich ein Angebot von „Wild Bill“ Hancock (Chris Bauer), einem ehemaligen Mitglied von DWL, der es zu einigem Ruhm im Wrestling-Geschäft gebracht hat, erhält, ihn aus Duffy herauszuholen, ist dieser Feuer und Flamme. Doch um im Geschäft zu bestehen, braucht es einiges an Ausdauer und Professionalität, und während sich der Streit der Brüder immer mehr entflammt, wird auch innerhalb der anderen Wrestler Unmut über die Entscheidungen unter Jacks Leitung laut.
Alte Geschichten
Im Volksmund hält sich nach wie vor der Vorbehalt über das Wrestling-Geschäft, es sei ja alles nur Show und Schauspielerei, was den Wrestlern immer wieder den Ruf von Sportlern verweigert. Gleich zu Anfang der von Starz produzierten Serie Heels wird mit diesem Vorurteil aufgeräumt, was mitnichten das einzige Mal sein wird, dass die von Michael Waldron kreierte Serie ihren Zuschauer mit der Realität des Wrestling-Geschäfts konfrontiert. Es ist das Aufräumen mit solchen Vorbehalten, was sich Heels vorgenommen hat, wobei zugleich eine sehr alte Geschichte erzählt wird, nämlich die eines Bruderkonfliktes sowie ein Familiendrama, sowohl im als auch abseits des Rings.
Wer mit der Welt des Wrestling jene hochstilisierten und geskripteten Veranstaltungen und Shows verbindet, welche man nach wie vor im PayTV zu sehen bekommt, wird in Heels schnell eines anderen belehrt. Die Geschichte setzt am Fundament oder vielmehr am Beginn einer Karriere an, die für viele der Athleten nicht weiter gehen wird als über die Provinz hinaus, was sehr viel mit Athletik, aber auch Geschäftssinn, Kreativität und einem gesunden Selbstbewusstsein. Vor allem aber geht es immer wieder um Erzählen von Geschichten, weshalb der von Stephen Amell gespielte Jack Spade weniger im Ring und mehr vom Laptop sitzt, seinem wohl wichtigsten Werkzeug, mit dem er über die Handlungen entscheidet, wie ein Kampf ausgeht und wie lange eine Fehde zwischen zwei Wrestlern dauert. Am Ende kann der Gewinn eines Titels stehen, eines Champion-Gürtels, dessen ideeller Wert sehr viel mehr wiegt als der monetäre.
Die Idee des Kampfes zwischen zwei Brüdern ist dabei das Fundament der Serie, wie auch des Ansatzes, den Jack verfolgt. Zu dem realistischen Ansatz der Serie gehört nicht zuletzt, dass diese Geschichten mehr als nur über Beifall oder Buhrufe entscheiden können, sondern über Bekanntheit eines Wrestlers, der damit mehr Möglichkeiten des Aufstiegs erhält. An erster Stelle steht das Geschäft und dann die Familie, was immer wieder die Wurzel der Konflikte in Heels darstellt.
Abseits des Rings
Generell spielt Heels mehrheitlich abseits des Ringes, wo sich andere Konflikte abspielen oder diese im Ring eine andere Dimension annehmen. In den Hauptrollen sind sowohl Stephen Amell wie auch Alexander Ludwig sehr überzeugend, wirken authentisch, gerade weil beide die Verbindung zwischen dem Athleten, dem Geschäftsmann und der Privatperson immer wieder zeigen und wie dies zu Rollenkonflikten führen kann. Während der eine mit seiner Stellung als Geschäftsführer und damit Entscheider über Sieg oder Niederlage bisweilen hadert, muss der andere noch in die Mechanismen des Geschäfts hineinwachsen, weshalb für ihn die Rolle des „heels“ einer Ohrfeige gleicht.
Der Bruderkonflikt bildet zwar das Fundament, aber zeigt bei weitem nicht die volle erzählerische Bandbreite der Serie. Während manche Handlungen die Routine des Familiendramas in Serienform abbilden und etwas in die Länge gezogen wirken, betonen andere die besondere Rolle des Wrestlings für eine Gemeinde wie Duffy. Immer wieder fängt die Kamera Larry Blanfords die Verbundenheit der Bewohner ein, für welche die Kämpfe im Ring eine willkommene Abwechslung zu dem Einerlei des Alltags abbilden, der mehr und mehr von jenen Konzernen definiert wird, mit denen die DWL konkurriert, doch deren Nähe sie auch sucht.
OT: „Heels“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Peter Segal, Jessica Lowrey
Drehbuch: Michael Waldron
Idee: Michael Waldron
Musik: Jeff Cardoni
Kamera: Larry Blanford
Besetzung: Stephen Amell, Alexander Ludwig, Kelli Berglund, Nigel Crocker, Roxton Garcia, Alison Luff, Mary McCormack, Chris Bauer
https://www.youtube.com/watch?v=DX6VOuApKrw
Wer mehr über die Hintergründe und Arbeit an Heels erfahren möchte: Wir haben uns mit Hauptdarsteller Alexander Ludwig und Produzent Mike O’Malley in unseren Interviews über die Serie unterhalten.
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