Look Me Over: Liberace
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Look Me Over – Liberace

Inhalt / Kritik

„Look Me Over: Liberace“ // Deutschland-Start: 5. August 2021 (Kino) // 11. März 2022 (DVD)

Wahrscheinlich ist es in der Definition des Begriffes Showbusiness oder Showgeschäft von Grund auf implementiert, dass sich zwei Ebenen der Wahrnehmung immerzu vermischen. Auf der einen Seite versucht man eine Illusion, eine Welt oder eine Figur, für das Publikum zu erschaffen, an die man glauben kann und die man für die Dauer einer Show als Realität akzeptiert. Doch dann gibt es auch wieder eine andere Seite, die mit der Show an sich vielleicht wenig zu tun hat, weil sie keinen Platz darin hat, die aber dann zum Tragen kommt, wenn man auf einmal an der Illusion zu zweifeln beginnt. Dennoch sind beide Ebenen voneinander abhängig, denn das Gelingen jener ersten Ebene kann nur mit einer stabilen zweiten gelingen, wie man immer wieder sieht, wenn Schauspieler oder Künstler von ihrem Privatleben eingeholt werden und ihre Figur in der Showwelt langsam, aber sich beginnt zu bröckeln. Das Tragische ist oft auch, wie sehr man als Künstler mit jener Person verbunden ist, die man spielt, bis hin zur Selbstaufgabe oder einem Rollenkonflikt, wenn beispielsweise jemand wie Klausjürgen Wussow sich als Arzt ausgibt, weil er jahrelang mit seiner Rolle in der Schwarzwaldklinik verknüpft wurde.

Die Illusion erfüllt in vielerlei Hinsicht einen Zweck und kann eine Art Schutzschild für viele Künstler darstellen. Im Falle des US-amerikanischen Pianisten Władziu Valentino Liberace, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Liberace, kann man davon ausgehen, dass die glamourösen Shows, die Kostüme und die Juwelen, mit denen er sich und seine Begleitung behängte, eine solche Rüstung darstellten, die er über Jahre hinweg aufgebaut hatte und die an vielen Stellen in seinem Leben zu zerspringen drohte. Bereits 2013 machte sich Regisseur Steven Soderbergh mit seinem Spielfilm Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll daran, das Leben dieses Künstlers etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und zu zeigen, wie sehr Liberace selbst von dieser Illusion abhängig war. In seiner Dokumentation Look Me Over – Liberace erzählt Regisseur Jeremy J. P. Fekete von der Karriere des Pianisten und Showmans, der über Jahre hinweg seine Zuschauer übers Fernsehen und schließlich auf vielen Bühnen der USA, insbesondere in seiner Wahlheimat Las Vegas, unterhielt. Herausgekommen ist dabei das Porträt eines Mannes, der von vielen Kritikern belächelt wurde, der aber gleichzeitig durch sein Leben und seine Kunst aufzeigte, wie die Illusion, die man schafft, einen Menschen retten, aber ihm auch im Weg stehen kann.

„Schaut mich an.“

In seiner Dokumentation verfolgt Fekete das Leben und Schaffen Liberaces mithilfe zahlreicher Gesprächspartner, beispielsweise den Anwälten und Freunden des Pianisten, sowie einer Vielzahl von Archivaufnahmen von Auftritten oder Fernsehshows. Wer bereits den Spielfilm Soderberghs kennt, wird wissen, was die Welt dieses Menschen ausmachte, der wegen seiner prunkvollen Kostüme und Accessoires berühmt wurde, und welcher sich stets mit einer Entourage aus Menschen umgab, die ihn umgarnten und bewunderten. Dahinter steckte freilich die Wahrheit, dass Liberace homosexuell war, was er aber niemanden wissen lassen wollte, vor allem nicht die Öffentlichkeit und die gnadenlose Welt des Showgeschäfts. Mit der Zeit merkt man, wie sich ein Mensch in seiner Kunstfigur verloren hat, einem Schild der Opulenz und des Glamours, nicht nur seiner selbst willen, sondern auch wegen seines Publikums, das sich für die Dauer eine Abendveranstaltung auf einen Ausflug in die Welt Liberaces aufmachte, um diese dann mit einem seligen Grinsen im Gesicht wieder zu verlassen.

Der Liberace, den uns Fekete in seiner Dokumentation präsentiert, wird zu einer Metapher für den Glamour und zugleich die Verlogenheit des Showbusiness. Im Nachhinein wirkt „Schaut mich an.“ (Look me over), jener Satz, mit dem Liberace seine Auftritte begann, wie eine Herausforderung, durch diesen Panzer aus Glitzer und Diamanten durchzusehen und den wahren Mann zu erkennen, der mehr als einmal kurz davor stand, enttarnt zu werden. Freilich außen vor gelassen werden dabei die Talente des Mannes als Entertainer und als Künstler generell, wobei Feketes Film seinen Teil dazu beiträgt, dass dieser Aspekt des Lebens Liberaces nicht zu kurz kommt, im Gegensatz zu Soderberghs Film.

Credits

OT: „Look Me Over: Liberace“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Jeremy J. P. Fekete
Drehbuch: Jeremy J. P. Fekete
Musik: Carsten Rockers
Kamera: Rasmus Sievers

Bilder

Trailer

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"Look Me Over – Liberace" ist eine Dokumentation über die Macht der Illusion und die Verlogenheit des Showgeschäfts. Am Beispiel der Biografie des großen Entertainers erzählt Jeremy J. P. Fekete davon, wie sich ein Mann eine Kunstfigur zum Schutz zurechtlegte und sich letztlich in dieser Illusion ganz verlor.
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