Als ihr Vater gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen beschließt, aus beruflichen Gründen nach Tokio zu ziehen, bricht für Aya eine Welt zusammen. Wie kann er ihr das antun? Und das auch noch so kurz vor ihrem 17. Geburtstag? Um wenigstens den noch in ihrer vertrauten Umgebung feiern zu können, entscheiden sie und ihr Kindheitsfreund Mamoru deshalb spontan davonzulaufen. Und es wird nicht bei diesen beiden bleiben, vier weitere schließen sich kurze Zeit später an. Sie wissen auch schon, wohin sie wollen, haben sie doch bei einem Campingausflug eine verlassene Fabrik entdeckt, die wie gemacht ist für dieses Vorhaben. Dort würde sie niemand suchen, davon sind die sechs überzeugt. So ganz funktioniert das mit dem Abschotten von der Außenwelt aber nicht. Denn da ist auch noch das thailändische Kind, welches sie dort antreffen und welches ebenfalls auf der Flucht ist …
Der (fast) übliche Kampf gegen die Erwachsenen
Ein wichtiger Aspekt des Erwachsenwerdens besteht bekanntlich darin, einen eigenen Platz in der Welt für sich zu finden. Das kann mal bedeuten, andere zu imitieren, bis man für sich das Passende entdeckt hat. Oder es läuft im Gegenteil darauf hinaus, sich bewusst von anderen abheben zu wollen. Vor allem die eigenen Eltern werden gerne als Kontrastpunkt genommen: Wenn die etwas gut finden oder vorschreiben wollen, macht man aus Prinzip das Gegenteil. Während eine kleine Rebellion zum Zwecke der Selbstfindung ganz normal ist, fällt eine richtige Kriegserklärung schon etwas aus dem Rahmen. Aber so ganz ernst sollte man Seven Days War da nicht nehmen, trotz des martialischen Titel ist der eigentliche Kampf nur ein Teilaspekt.
Eine große Überraschung ist das nicht, zumindest in Japan kannte man die Geschichte schon eine ganze Weile, bevor der Anime herauskam. Genauer erschien der gleichnamige Roman von Osamu Sôda bereits 1985, drei Jahre später folgte eine Live-Action-Adaption. Seven Days War hält sich jedoch nicht sklavisch an die Vorlage, sondern verlegt die Handlung in die Gegenwart. Das hat durchaus auch Auswirkungen auf den Inhalt, wenn beispielsweise das Internet später diverse Wendungen mit sich bringt. Überhaupt zeigt sich der Film sehr zeitgemäß, wenn die übliche Coming-of-Age-Entdeckungsreise mit zahlreichen aktuellen Themen einhergeht. Das der Immigration taucht beispielsweise früh durch die Entdeckung des thailändischen Kindes auf, welches sich in der Fabrik versteckt. Andere Punkte werden erst nach und nach deutlich.
Viel Stoff mit Lust an der Übertreibung
Die Vielfalt dieser Themen ist dabei schon beachtlich, reicht von persönlichen Aspekten wie unterdrückter Liebe und dem Druck von Erwartungshaltungen über politische Korruption bis zu ganz grundsätzlichen Fragen, wie Menschen miteinander umgehen sollten. Das ist natürlich ein bisschen viel für einen Film, der gerade mal anderthalb Stunden dauert. Während sich manche Aspekte in Seven Days War recht harmonisch einfügen, kommen andere recht unvermittelt und haben gar nicht den Raum für mehr Tiefe. Vor allem das Finale, bei dem irgendwie alles eskaliert und ganz besonders dramatisch wird, ist ziemlich dick und plakativ aufgetragen. Da muss man schon diesen Hang zur Theatralik mögen, dem des Öfteren in Animes nachgegangen wird.
Wobei Seven Days War natürlich schon vorher nicht unbedingt viel Wert auf Realismus gelegt hatte. Ein Teil des Humors besteht genau darin, dass das alles recht übertrieben ist. Wenn sich die jungen Menschen in der Fabrik verschanzen und bald von der Welt der Erwachsenen belagert wird, dann ist das schon unterhaltsam. Es ist auch schön umgesetzt: Das bis heute nie so wirklich bekannt gewordene Traditionsstudio Ajia-do Animation Works (Spirit of Wonder) arbeitet mit sehr angenehmen Designs und ist auch technisch auf einem guten Stand. Die realistisch gehaltenen Hintergrundbilder können sich ebenfalls sehen lassen. Die Ausdruckskraft der Filme etwa von Masaaki Yuasa hat die Adaption durch Yûta Murano zwar nicht. Aber wer einfach nur mal wieder einen schönen Anime sehen will, bei dem es weder Fantasy- noch Science-Fiction-Elemente gibt, der ist hier an einer guten Adresse.
OT: „Bokura no Nanoka-kan Sensou“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Yûta Murano
Drehbuch: Ichiro Okouchi
Vorlage: Osamu Sôda
Musik: Jun Ichikawa
Animation: Ajia-do Animation Works
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