Witch We Intend to Cause Havoc
© Mindjazz Pictures

WITCH: We Intend To Cause Havoc

Inhalt / Kritik

Witch We Intend to Cause Havoc
„WITCH: We Intend To Cause Havoc“ // Deutschland-Start: 20. August 2021 (Video on Demand)

Die Musikszene der 1970er Jahre, mit Bands wie The Rolling Stones und Künstlern wie Joni Mitchell, Marvin Gaye und Curtis Mayfield, war nicht nur besonders vielfältig in ihren Ausdrucksformen, sondern auch ungemein experimentell, wie die Alben dieser Zeit beweisen, welche bis heute in den Herzen vieler Musikliebhaber einen besonderen Platz haben. Darüber hinaus hat die Musik dieser Zeit unsere heutige Kultur wie keine andere geprägt, was alleine schon daran zu sehen ist, wenn man bedenkt, wie viele Musiker und Bands Songs oder Teile dieser für ihre eigenen Zwecke samplen oder gleich neu interpretieren. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Arbeit der Künstler nach wie vor erhältlich ist, immer neu aufgelegt wird und dadurch nicht in Vergessenheit gerät, während die Musiker anderer Kulturen oder andere Songs in Vergessenheit geraten sind. Ein Beispiel dafür ist die Wiederentdeckung der Musik von Sixto Rodriguez, nicht zuletzt dank der Oscar-prämierten Dokumentation Searching for Sugar Man von Malik Bendjelloul, denn bis zu jenem Zeitpunkt galt seine Musik als vergessen und der Musiker wurde gar für tot gehalten. Gerade solche Momente vervollständigen das Gesamtbild einer Epoche, die für die heutige Kunst unermesslich reich an Einflüssen ist und in puncto Kreativität unvergleichlich ist.

In diesem Zusammenhang ist auch eine Dokumentation wie WITCH: We Intend To Cause Havoc zu sehen, für die der Musikblogger Gio Arlotta viele Jahre seines Lebens investierte. In dem besagten Blog mit dem Titel „Is You Clam In A Jam?“ widmete er sich insbesondere Untergrund-Musikern und ihrer Kunst, wobei ihn vor allem die Songs der sambische Band WITCH faszinierte. Im Jahre 2014, während einer Reise durch Afrika, gelang es ihm, Jangari Chanda, das einzige noch lebende Bandmitglied, zu treffen und endlich etwas mehr über die Gruppe zu erfahren, deren Mischung aus traditioneller afrikanischer Musik und Psychedelic Rock in den Augen Arlottas einzigartig war. Bestrebt Menschen aus aller Welt an seiner Faszination teilhaben zu lassen und darüber hinaus mehr über die Band sowie das Phänomen des Zambian Rock mehr zu erfahren, entstand die Dokumentation  WITCH: We Intend To Cause Havoc, eine Geschichte über die Band, welche eng mit der Historie Sambias verknüpft ist.

Zwei Seelen in der Brust

Neben einer gewissen thematischen Nähe verbindet Arlottas Dokumentation auch strukturell vieles mit einem Werk wie Searching for Sugar Men. Abgesehen einmal davon, dass Chanda sowie andere Musiker aus der Zeit, als WITCH auf dem Höhepunkt ihrer Popularität in Sambia standen, präsent waren und er sie nicht erst suchen musste, ist Arlottas Film im ersten Teil vor allem von der Wiederentdeckung der Musik und der Band durch Recherche und Interviews geprägt, während die zweite Hälfte sich der Wiederbelebung von WITCH widmet. Dadurch dass es größtenteils an Archivmaterial über die Band und ihre Auftritte fehlt, wird ihre Musik, besonders aber ihren Frontmann Jangari zu einer fast schon mythischen Gestalt, die, inspiriert von Personen wie Mick Jagger, einem Derwisch gleich über die Bühne fegte und das Publikum elektrisierte. Die Suche nach dieser Person wird begleitet von Jangari selbst, der Arlottas Team bei seinen Recherchen begleitet und scheinbar wieder einen Bezug findet zu jener Persönlichkeit, die er auf der Bühne war.

Neben der Musik findet auch immer wieder die Geschichte Sambias ihren Weg in den Film, ist diese doch unmittelbar verknüpft mit dem Schicksal der Band. In einem Land, welches gerade in den 1970er geprägt war von einer tiefen wirtschaftlichen Krise sowie Konflikten mit Nachbarländern, boten Bands wie WITCH nicht nur eine Form der Ablenkung und Unterhaltung, sondern eine Art Plattform für eine besondere Form der Rebellion, die noch nicht den Glauben verloren hatte, dass man die Zukunft auch anders gestalten könne. Auch die Biografien von Männern wie Jangari sind definiert von dieser Zeit, vor allem, wenn er beschreibt, dass in ihm ein Kampf tobt zwischen der Verpflichtung seiner Familie gegenüber und der Kirche, die es ihm verbieten will, weiter Musik zu machen, und jener Vision, die ihn als Künstler in den 1970er fast täglich auf die Bühne trieb und auch heute noch ein Teil von ihm ist. Regisseur Gio Arlotta begleitet Jangari bei diesem Entscheidungs- und Findungsprozess, der nicht nur viele Menschen an der Musik einer Band wie WITCH teilhaben lassen will, sondern auch an deren Vision und unbändiger Energie.

Credits

OT: „WITCH: We Intend To Cause Havoc“
Land: Italien, Tschechische Republik
Jahr: 2019
Regie: Gio Arlotta
Drehbuch: Gio Arlotta, Tim Spreng
Kamera: Tim Spreng

Bilder

Trailer

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„WITCH: We Intend To Cause Havoc“ ist eine inspirierende Musikdokumentation über die sambische Band WITCH, ihre Musik und ihre Vision als Kunstschaffende. Regisseur Gio Arlotta gelingt eine fesselnde Dokumentation über ein fast schon vergessenes Kapitel afrikanischer Musikgeschichte und gleichzeitig dessen Wiederbelebung.
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