A Symphony of Noise
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A Symphony of Noise

Inhalt / Kritik

A Symphony of Sound
„A Symphony of Noise“ // Deutschland-Start: 2. September 2021 (Kino)

Gegen Ende bringt es Matthew Herbert noch einmal auf den Punkt: Er hofft, dass er andere dazu animieren kann genauer zuzuhören. Zu dem Zeitpunkt hat er aber schon zahlreiche Male vorgeführt, was er damit meint. Der Dokumentarfilm A Symphony of Noise, welcher den britischen Musikproduzenten über mehrere Jahre begleitet, zeigt ihn bei den Aufnahmen von Geräuschen, die er irgendwie in sein Werk integrieren möchte. Die Auswahl ist groß und mindestens kurios. Die wenigsten Menschen dürften auf die Idee kommen, jemand anderen über Eier laufen zu lassen und das mit dem Mikrofon aufzunehmen. Auch das Fällen eines Baumes gehört nicht unbedingt zu den akustischen Bestandteilen, die einem auf Anhieb einfallen, wenn es darum geht, Musik zu machen. Von dem Schwein ganz zu schweigen, das gewöhnlich auf einer Farm zu Hause ist, nicht auf einem Album.

Aber gewöhnlich ist bei Herbert nur selten etwas. Das ist teilweise natürlich schon auch mit dem Wunsch nach einer gewissen Provokation verbunden. Er sei gern ein Unruhestifter, wie er zu Beginn von A Symphony of Noise mit einem Lächeln erklärt. Seiner Arbeitsweise liegt aber mehr zugrunde als nur das Bedürfnis, sich von anderen zu entscheiden. Wichtiger noch ist die Neugierde, die ihn antreibt. Eine Neugierde darauf, wie etwas klingen könnte – etwa das Frittieren einer Trompete. Neugierde aber auch, wie sich solche Geräusche verwenden und mit anderen teilen lassen. Seine Auftritte sind immer auch Events, bei denen Grenzen überschritten werden, das Publikum selbst zu einem Instrument werden kann.

Einblicke in eine Gedankenwelt

Der Dokumentarfilm, der unter anderem beim DOK.fest München 2021 zu sehen war, kombiniert solche experimentellen Aufnahmeszenen mit vielen Interviews. Herbert selbst gibt dabei den Zuschauern und Zuschauerinnen einen Einblick in seine Arbeit, vor allem aber in seine Denkweise. Wo andere biografische Dokumentationen gerne mal in ehrfürchtigen Lobpreisungen enden, da ist der Künstler an einem Austausch interessiert. Gerade bei den ungewöhnlichen Klangwelten, die er erschafft, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich geheimnisvoll geben könnte und das Gesamtkunstwerk für sich sprechen lässt. Stattdessen ist er in A Symphony of Noise sehr auskunftsfreudig, zerteilt seine Arbeit in kleine Stücke, ohne dabei die Faszination zu mindern, die diese auslösen.

Klar: Man sollte selbst auch eine gewisse Experimentierfreudigkeit und den Spaß am Staunen mitbringen, um dem Ganzen etwas abgewinnen zu können. Wer sich nicht auf diese Gedankenwelt und das Herumprobieren einlassen mag, für den ist das hier eine Ansammlung von Quatschaktionen ohne weiteren Wert. Doch wer diese Voraussetzung mitbringt, der findet bei A Symphony of Noise genügend Anlässe, sich selbst einmal inspirieren zu lassen. Dafür muss man nicht einmal die gezeigten Aktionen nachmachen oder sich in Unkosten stürzen. Es reicht manchmal schon, wie von Herbert gefordert, wieder etwas aufmerksamer zu sein und der Welt zuzuhören, die uns umgibt. Denn da sind zahlreiche akustische Schätze verborgen, teilweise direkt vor unseren Ohren. Man muss nur lernen, diese auch zu gebrauchen.



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„A Symphony of Noise“ begleitet den englischen Musikproduzenten Matthew Herbert bei seinen Aufnahmen, lässt ihn aber auch losgelöst von diesen oft zu Wort kommen. Das Ergebnis ist ein spannender Mix aus akustischen Experimenten und Einblicken in seine Arbeitsweise und Gedankenwelt, der auch über den Film hinaus dazu inspiriert genauer hinzuhören.
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